18. Kapitel

46 2 0
                                    

„Ich bin immer hierhergekommen, wenn es mir nicht gut ging oder ich nicht alleine sein wollte," wisperte Jungkook. Wir saßen nebeneinander in Jimins Wohnzimmer und schauten durch das Fenster zum Himmel auf. Jimin hatte sich in sein Zimmer verkrochen, vielleicht wollte er einmal etwas Zeit für sich selbst haben.

Übelnehmen konnte ich es ihm ehrlich gesagt nicht. Seit einer Woche hat es sich Jungkook hier gemütlich gemacht. Er wollte einfach nicht nach Hause, also hat er sich bei seinem Kumpel eingenistet und ich saß jeden Abend beziehungsweise jede Nacht hier mit ihm, um unsere Tradition weiterzuführen.

Es war Wochenende und Jimin hat mich eingeladen hier zu übernachten. Ich hatte hier ja schon einmal eine Nacht verbracht, also konnte ich ohne Zweifel zustimmen. Ich glaubte sogar ein Leuchten in Jungkooks Augen gesehen zu haben. Der Junge war unglaublich glücklich, als er endlich erkannte, dass ich ihn nicht abstoßen wollte.

Er wurde auch immer offener mir gegenüber. Begrüßte mich mit einer Umarmung oder baute mehr Augenkontakt auf. Immer öfter erwischte ich ihn, wenn er mich anschaute, mich einfach aus dem Blickwinkel beobachtete. Meist sah er dann so schnell wie möglich weg und wieder hinauf zu den Sternen. Insgeheim fand ich das gar nicht Mal so schlecht, immerhin nahm ich es als ein Kompliment, dass er mich statt dem Himmel betrachtete.

„Wie lange kennst du Jimin schon?" Ich fand es spannend mehr über ihn zu erfahren, er war insgesamt sehr interessant. „Das müssten jetzt bestimmt schon fünf Jahre sein. Er war damals mit seiner Familie auf einem Familientreffen und deswegen waren sie erst tief in der Nacht zurück. Er hatte sich mit mir unterhalten und irgendwann haben wir uns wiedergesehen und er hat mich mit zu sich genommen. Seitdem treffen wir uns relativ häufig."

Das musste schön gewesen sein. Schließlich traf man in tiefster Nacht in den verlassenen Gassen kaum jemanden und meist sind die, die man trifft betrunken oder zumindest gruselig. Das war eigentlich der Grund, warum ich Nachtspaziergänge zugleich liebte, aber auch verabscheute. Vielleicht war der Autofahrer, der mich beinahe getötet hatte, auch nicht ganz nüchtern.

Eine Tür knarzte leise und Jimin schlenderte mit schweren Schritten quer durch das Wohnzimmer bis zur Flurtür. Im Vorbeigehen schenkte er uns ein kleines Lächeln und nickte kurz. „Ich glaube wir sollten bald schlafen gehen, man kann an dem armen Jungen ablesen, dass es nach 4 Uhr ist."

Jungkook hatte Recht, die Uhr zeigte kurz vor halb fünf. Eine ziemlich späte Zeit, selbst für uns. Normalerweise verschwand ich meist gegen 2:30 Uhr, damit ich wenigstens etwas Schlaf abbekam. Aber wir hatten ja eh keine Schule und es wurde noch dazu immer später hell, also weniger gefährlich für den braunhaarigen Vampir neben mir.

Jungkook fummelte etwas an seinem Ärmel herum und erlaubte einen kurzen Blick auf den weißen Verband. Bevor er entlassen wurde, musste er noch zwei Wochen im Krankenhaus bleiben, damit die Heilung überwacht werden konnte. In seinem Gesicht war noch eine Narbe, nur an dem einen Arm wollte es noch nicht verheilen.

„Davor müssen wir noch einmal den Verband wechseln", sagte ich entschlossen und setzte mich übermotiviert in Bewegung. Im Bad musste ich einige Minuten herumkramen, da ich nicht wusste, wo Jimin das ganze Zeug verstaute, aber ich fand schließlich eine vielversprechende Schachtel mit Bandagen, Pflastern und Salben.

Jimin war bereits wieder zurück aus der Küche. Er hatte sich neben Jungkook gesetzt, auf dem Tisch stand eine Glaskaraffe mit Wasser, daneben drei Gläser. Unser Gastgeber reichte dem Verletzten gerade eine Schüssel Weintrauben, als ich das Zimmer betrat.

Ich hatte schon öfter bemerkt, wie Jimin ihm Obst servierte, anscheinend machte er das gerne. Aber Jungkook schien Obst und Gemüse sehr zu mögen. Insgesamt wirkte er wie eine Person, die sehr auf ihre Ernährung achtete. Also quasi das Gegenteil von mir. Ich gönnte mir immer Mal die ein oder andere Tiefkühlpizza, wenn ich keine Lust hatte mich extra zu bemühen.

„Wo willst du eigentlich schlafen Yoongi?" Jimin hatte Recht, er schlief selbst in seinem Bett, Jungkook auf der Couch, es bleib also kein Platz für mich übrig. Doch Jungkook hatte natürlich eine Lösung für jedes Problem. „Wir können einfach das Sofa ausziehen. Dann ist hier Platz für uns beide." Komischerweise grinste Jimin über das Gesagte, aber noch komischer war die Freude, die in mir brodelte.

„Ich lasse euch dann Mal alleine, denkt an das Rollo." Und damit hatte Jimin seinen letzten Schluck Wasser ausgetrunken und verschwand in seinem Schlafzimmer. Jungkook ruckelte etwas an dem Sofa herum und vergrößerte die Fläche um das doppelte. Es war nicht supergroß, reichte aber bestimmt für uns beide, auch wenn es vielleicht etwas kuschelig werden würde.

Ich bezog schnell ein Kissen und nahm dann Platz neben Jungkook. Fast sofort schloss er seine Arme um mich, zog mich etwas näher und legte die Decke über mich drüber. Ich spürte seinen leichten Atem in meinem Nacken. „Schlaf gut Yoongi." Alle Härchen stellten sich auf, als er die Worte in mein Ohr flüsterte. Ganz vorsichtig drehte ich mich zu ihm, um ihm in die Augen zu schauen.

„Du auch Kookie." Ich versicherte mir, dass morgen kein Licht in das Zimmer fallen würde, ehe ich meine Augen endgültig schloss. Das letzte was ich mitbekam war, wie Jungkook mich fest in seinen Armen hielt und langsam ruhiger atmete.

Night Love ~Yoonkook~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt