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~Zeitsprung~

Es ist ein Monat vergangen. Ich wurde aus der Schule geschmissen und stehe mit einem Hauptschulabschluss da. Super. Zum Glück muss ich nicht in einen Jugendknast oder so. Sena hat keine Anzeige erstattet. Mein Vater hat das alles geregelt. Ich weiß wirklich nicht, wie, aber ich will es auch nicht wissen.
Mit etwas Geld geht alles.
Außerdem geht es Sena gut. Mein Messer ist nicht so tief eingedrungen. Außerdem war es nur ihre Schulter. Es war wirklich sehr unüberlegt, dass ich einfach das Messer in ihre Schulter gerammt habe, aber ich musste mich währen.

Ich fange dem nächst an einem Berufskolleg an, mein Realschulabschluss nachzuholen und mache dann mein Fachabi. Super. So habe ich mir mein Leben nicht vorgestellt, aber naja.
So sollte es wohl kommen und ich muss es akzeptieren. Arda hat mir nicht geschrieben, ich habe ihm auch nicht geschrieben. 
Ich habe ihn auch nicht mehr gesehen. Ich bin ehrlich, irgendwo hat es mich schon getroffen, dass er mich dort einfach liegen lassen hat. Okay, scheiß mal darauf. Er hat meine Nummer. Wieso hat er mich nicht angeschrieben und mich gefragt, wie es mir geht?
Erst küsst er mich, dann lässt er mich einfach im Stich?

Arda nutzt dich nur aus...
Sena hat recht. Vielleicht ist er wirklich wie sein Vater.

Meine Mutter hat uns beigebracht, dass Vorurteile schnell zum Irrtum führen.
Vielleicht weiß er gar nicht, was passiert ist. Vielleicht hat ihm Sena was ganz anderes erzählt.
Oder ich erwarte einfach zu viel von ihm. Er kommt mir immer einen Schritt entgegen. Wann bin ich ihm denn entgegen gekommen?
Ich erwarte es immer von ihm. Verdammt, wegen ihm bin ich noch am Leben. 
Er ist mir oft genug entgegen gekommen und ich habe ihn immer abgewiesen. Ich meinte, er soll sich von mir fernhalten. Ja, kein Wunder.
Vielleicht hat er einfach keine Lust, einem Mädchen hinterher zu rennen. Wieso sollte er denn auch?
Ich meine-, mein Handy klingelt, was mich aus meinen Gedanken reißt.
Arda. Arda? Mein Herz setzt Kurz aus, weswegen ich die Luft anhalte.
Wieso ruft er mich an. Es ist 23:11 Uhr.

Oh mein Gott. Was passiert mit mir?
Ich räuspere mich. ,,Hallo", sage ich, um meine Stimme zu testen.
,,Hey, hallo?", kommt es wieder von mir.
Was mach ich eigentlich? Ist doch egal, es ist nur Arda.
Ich nehme ab und höre ihn schnauben.
,,Ja?", ertönt meine Stimme. Ich schlucke ängstlich. Nicht, dass etwas passiert ist. Etwas Panik steigt in mir. ,,Komm zum Park hinter eurem Haus", sagt er rau. Mein Herz springt mir gleich aus der Brust. Das verpasst mir eine Gänsehaut. Ich habe einen Monat seine Stimme nicht gehört.
Seine wunderschöne tiefe Stimme, die so angenehm ist und der ich einfach immer zuhören könnte.
,,Wieso?", frage ich.
,,Komm, ich warte." ,,Arda-", ich unterbreche mich selbst, als ich merke, dass er schon aufgelegt hat.

Wie soll ich jetzt bitte raus? Was soll ich meinen Eltern sagen? Ich lasse mich auf mein Bett fallen, vergrabe mein Gesicht in meinen händen und kreische leise auf. Er hat mich angerufen und ich werde ihn wahrscheinlich gleich sehen.
Oh man, was passiert bloß mit mir?

Ich stehe auf, ziehe mir meine graue Jogginghose an, mache mich etwas frisch und laufe runter. ,,Anne?", rufe ich nach meiner Mutter. ,,Ja?", ertönt ihre Stimme. Sie ist im Badezimmer.
,,Dauerts noch lange bei dir?"
,,Ja, ich bin am Kacken." Ich verdrehe schmunzelnd die Augen. ,,Meryem braucht mich. Kann ich bei ihr schlafen?", frage ich.
,,Wieso braucht sie dich um-", sie unterbricht sich selbst und eine kurze stille kehrt ein.
,,Um 23:22 Uhr?", fügt sie hinzu. ,,Isaak", sage ich. Ich fühle mich so schlecht, wenn ich sie anlüge. Oh man. ,,Okay, pass auf dich auf. Komm morgen nicht so spät!", ruft sie.

Ich nehme mir mein Handy und laufe zum Park.
Mein Puls ist viel zu hoch, was mir auch meine Apple Watch bestätigt. Ich atme unregelmäßig und greife nach meiner Kette.

Ich sehe ihn! Oh mein Gott. Ich habe ihn so lange nicht mehr gesehen. Klar, es war nur ein Monat, aber es fühlt sich wie ein Jahr an.
Ich laufe unsicher auf ihn zu und bleibe vor ihm stehen. Er blickt mir in die Augen, was ich ebenfalls mache. Plötzlich zieht er mich in seine Arme und drückt mich fest an sich. Oh mein Gott.
Ich erwidere die Umarmung nicht, stattdessen inhaliere ich seinen atemberaubenden Duft.
Er riecht immer so gut.
Er legt seine große Hand auf meinen Hinterkopf und drückt diesen an seine Brust. 
,,Wieso hast du das getan?"
Wieso hat er nicht nach mir gefragt? Wieso hat er mich nicht vorher gefragt? Fällt es ihm erst jetzt ein? Ich weiß nicht, wieso, aber die Tatsache, dass er mich dort liegen lassen hat und sich um Sena gekümmert hat, verletzt mich. Es tut irgendwie weh.
Ich schließe kurz meine Augen, um den Moment zu genießen, doch er löst sich von mir, greift nach meinen Schultern und sieht monoton in meine Augen.
,,Wieso?"
Ich blicke in seine wunderschönen eisblauen Augen. Seine Augen sind ehrlich voll schön, wow. Da es mir unangenehm wird, sehe ich nach rechts und weiche seinem Blick aus.
,,Schau mir in die Augen und antworte mir!", kommt es laut von ihm, was mich aufzucken lässt.
Sein Griff um meinen Schultern wird fester, was Panik in mir auslöst. Er soll mich nicht anbrüllen!
Nicht, dass er mich vergewaltigt oder mir weh tut. Sein Vater hat meine Mutter bestimmt auch so angeschrien.
,,Ilayda", mahnt er mich. Ich blicke wieder in seine Augen.
,,Ich musste mich währen", bringe ich nur monoton über meine Lippen. Er löst sich von mir und fährt sich gestresst durch die Haare. Weiß er eigentlich, dass ich, weil er mich geküsst hat, Schläge kassiert habe?
Diese Schlange hat ihm bestimmt alles anders erzählt.

,,Ilayda, wolltest du nicht studieren? Was willst du mit einem Hauptschulabschluss machen, huh?"
Fragen über Fragen.
,,Ich werde auf ein Berufskolleg gehen", teile ich ihm mit.
,,Und dann?"
,,Dann mache ich mein Fachabitur."
Diese ganzen Fragen kann er sich sparen, denn das geht ihn eigentlich nichts an.
,,Ich habe auch mit der Schule abgebrochen." Was? Er war dabei, sein Abitur zu machen.
,,Wieso?", kommt es von mir.

,,Es hat keinen Sinn, wenn du nicht da bist."
Oh. Mein inneres erwärmt sich. Ich versuche mein schmunzeln zu unterdrücken.
,,Du warst mitten im Abi."
,,Ich weiß. Das brauche ich nicht. Ein Fachabi würde mir vollkommen ausreichen."
Kommt er auf mein Berufskolleg?
Oh mein Gott. ,,Nein", sage ich. ,,Was?"
,,Arda, mach dein Abi und studiere das, was du willst." Er kommt mir näher und sieht zu mir runter.

,,Ich will aber dich studieren."
Ich glaube, mein Herz springt mir gleich aus der Brust. Wieso sagt er sowas? Wieso lässt das in mir so ein Gefühl ausbreiten? Arda, was machst du mit mir? Ich wünschte, ich würde es verstehen. Nein, würde ich nicht. Er lügt bestimmt wieder. In mir steigt wieder die Wut, als mir einfällt, wie er mich dort liegen lassen hat.
,,Deswegen hast du nicht nach mir gefragt?", platzt es aus mir.
Er sieht mich fragend an.
,,Während ich auf dem Boden lag, hast du mich im Stich gelassen."
Eigentlich wollte ich das garnicht ansprechen, doch er lässt es nicht anders zu.
,,Ilayda-",,Scheiss drauf, Arda", zische ich nur und will gehen, doch er zieht mich natürlich zurück.
,,Es tut mir leid."
Wie bitte?
,,Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich hatte keinen klaren Kopf. Alles kam aufeinmal."
Wenn eine Person sich entschuldigt und es wirklich bereut, dann sollte man dieser vergeben. So hat es mir meine Mutter gelehrt.
Ob Arda es aber wirklich so meint? Ob er es wirklich bereut?
Ich mein, ich muss ihn auch verstehen. Als das Mit Sena passiert ist, war die Stimmung zwischen uns angespannt, weil ich ihm seine Kette in die Hand gedrückt habe und ihn nochmal abgewiesen habe. Oh man, Ich weiß nicht.

Er greift nach seiner Jackentasche und zieht diese wunderschöne Kette heraus.
,,Mach sie bitte nicht ab", sagt er und dreht mich um, um mir die Kette dran zu machen.
Ich fühle mich wieder so gelähmt. Wie versteinert einfach..

Alles wird gut Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt