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,,Halt das mal, bitte", sage zu ich Issam, der meine ganzen Klamotten in der Hand hält.
,,Alter, dein Ernst? Sowas habe ich bei Zeynep, Edita und Aleyna nicht mal gemacht!"
,,Wer sind bitte Zeynep, Edita und Aleyna?",frage ich, während ich mir eine Jeans suche. ,,Wo soll ich bloß anfangen?", kommt es von ihm. Er wischt sich seine imaginäre Träne weg und schnieft.
,,Fang an. Ich hab Zeit."
,,Zeynep. Sie war meine erste große Liebe...
Ich hab sie in der 5. Klasse kennengelernt. Wir waren richtig gut miteinander. Irgendwann hat sie mich aber verlassen, weil sie einen besseren gefunden hat, obwohl es überhaupt keinen besseren als mich gibt-"
,,Oh wow, die ist doch voll cool oder?" Ich halte ihm eine Jeans vor die Augen.
,,Hörst du mir überhaupt zu?!"
,,Natürlich. Erzähl weiter", sage ich und widme mich den weiteren Klamotten.
,,Edita. Ich hab sie im Urlaub kennengelernt. Hach, das war eine schöne Zeit. Sie kam aus Russland. Wir waren gemeinsam am Strand und haben uns gesonnt, bis dann ihre Mutter gekommen ist und sie gehen musste. Sie war so wunderschön. Du musstest mal ihre Augen Augen sehen. So wunderschön. Die Waren einfach blau. So richtig eisblau. Es waren zwar nur zwei Stunden, die wir gemeinsam verbracht haben, aber die gehen mir einfach nicht aus dem Kopf. Das waren die schönsten Stunden."
Eisblau...
,,Ja, vielleicht triffst du sie ja wieder", antworte ich-, oh mein Gott, das sieht unglaublich schön aus! Ich schnappe mir dieses Oberteil und schmeiße es auf Issams Arm.
,,Ich hoffe, das wäre sehr schön, wieder in ihre Augen zu blicken", seufzt er.
,,Und die letzte?", kommt es etwas desinteressiert von mir.
,,Aleyna. Die hab ich in der shishabaar kennengelernt. Ich war mir Isaak und die war dort und hat uns unsere getränke serviert. Sie hatte lange, blonde Haare. Ehrlich gesagt, war sie nicht mal so hübsch, ich wollte sie nur, weil sie so eine geile Figur hatte. Also habe ich sie in eine Ecke gerufen und dort-" ,,Geh bitte nicht ins Detail", unterbreche ich ihn.
,,Dort haben wir nicht so kinderfreundliche Sachen getrieben", grinst er dreckig. Oh man.
,,Super, hört sich gut an", sage ich und schmeiße das nächste Oberteil auf seinen Arm.

,,Alles gute, Cousine!", zwinkert Issam und reicht mir eine Box, die ich lächelnd annehme.
,,Issam, ich hab doch gesagt, du sollst dein Geschenk auf den Tisch da hinten legen!", kommt es tadelnd von meiner Mutter. ,,Oh, stimmt. Gib."
Nun nimmt er mir wieder mein Geschenk aus der Hand...

Ich wische mir meine Tränen weg, doch es fließen wieder neue. Leider hören die Tränen nicht auf, zu fließen. Es hört einfach nicht auf.
,,Ilayda", höre ich seine wunderschöne stimme.
Er setzt sich neben mich auf die Couch und nimmt mich in seine Arme.
,,Beruhige dich", sagt er sanft und fährt über meinen Rücken auf und ab.
Wie? Issam ist in meinen Armen gestorben.
Er ist wegen mir gestorben. Es ist wegen mir.
Hätte ich Acar sein Geld bezahlt, dann wäre er noch bei mir.

Nicht weinen...

Ich fange an, zu schluchzen. Ich kann mich nicht zusammen reißen.
Ich kann nicht stark bleiben. Mein Herz schmerzt. Ich will ihn bei mir haben, ich will wieder seine Stimme hören, ich will mit ihm am Alex chillen und essen. Er kann auch wieder mein Essen klauen, Hauptsache er ist da.
,,Issam", schluchze ich und vergrabe mein Gesicht in Ardas Pulli, den ich schon voll geheult habe.
,,Ilayda-" ,,Es ist wegen mir!", schluchze ich erneut.
,,Es ist nicht wegen dir, Ilayda", kommt es leicht verwirrt von Arda.
,,Doch!", schreie ich und löse mich von ihm.
Ich stehe auf und greife nach dem ersten Gegenstand, den ich sehe, um ihn dann zu zerschmettern.
,,Es ist Wegen mir!", schreie ich mir die Seele aus dem Leib und schmeisse weitere Gegenstände auf den Boden.
Arda steht auf und hält meine Handgelenke fest, damit ich nichts weiteres auf den Boden schmeiße.
,,Was hast du gemacht? Wieso sollte es deine Schuld sein?"
Was habe ich bloß gemacht?
Ich schüttele schluchzend den Kopf und reiße mich aus seinem Griff.
Ich laufe in mein Schlafzimmer und lege mich unter die Decke. Es ist so schwer, verdammt. Es tut im Herzen weh. Ist tut einfach unbeschreiblich weh. Es fühlt sich so an, als würde jemand die ganze Zeit ein Messer in mein Herz stechen. Die ganze Zeit. Rein, raus, rein, raus...

,,Ich hab Hunger, man!", kommt es nun von Issam.
,,Ich auch", stimme ich meinem Cousin zu.
,,Du hast immer Hunger."
,,Sagst du?", kommt es mit zusammen gezogen Augenbrauen von mir.
,,Ja?!", antwortet Issam mir und sieht mich provokant an.

,,Und dann?", frage ich Issam, der voll in seinem Film ist. ,,Dann hab ich ihm eine links und dann rechts gegeben. Der ist dann weg gerannt und immer, wenn der mich sieht, wechselt er die Straßen seite."
,,Der Spast. Er hat kurz vergessen, wer du bist."
,,Ist so, alter", kommentiert er stolz und beißt in seinen Burger, weswegen ich schmunzeln muss.

Isaak sieht zu Meryem. So verliebt.
,,Du bist so süß", haucht er.
,,Oh man, Isaak!", quietscht sie.
,,Oh man, Ilayda!", äfft Issam ihr nach und wedelt mit seinen Händen. Meryems Blick ändert sich. ,,Was verstehst du schon von Liebe!" Sie verschränkt ihre Arme.
Issam wischt seine imaginäre Träne weg.
,,Hast du gehört, was sie gesagt hat?!", schnieft er und sieht mich dabei an.
,,Ja, gar nicht nett", tröste ich ihn...

Alles wird gut Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt