4. Kapitel

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Wieder tauchte in mir dieses komische Gefühl auf.

Und ich hatte Schuldgefühle, dass ich Bryce einfach so stehen gelassen habe. Aber er war selbst Schuld. Er hatte mich einfach so geküsst. Ich versuchte mich gerade schmerzhaft von einem Jungen loszureißen und er - er machte es einfach zehn Mal schlimmer!

Aber er hat sich entschuldigt, er hat mir sogar ein neues Handy geschenkt!

Der Schulgong unterbrach schließlich meine Gedanken und ich stand von der Mädchen Toilette auf und ging aus dem Schulgebäude.

Zuhause angekommen, ließ ich mich erneut auf mein Bett fallen. Plötzlich fiel mir etwas ein. „Wie konnte ich das nur vergessen?!", schimpfte ich laut. Heute war der Freitag, und ich musste heute umbedingt meine Eltern anrufen.

Zuletzt hatte ich sie vor drei Monaten angerufen und jedes Mal war meine Ausrede, dass ich viel zu lernen hatte. In Wirklichkeit hatte ich nur keine Lust auf sie. Jedoch haben sie mir vor ein paar Tagen eine Nachricht geschickt, dass ich sie umbedingt heute anrufen sollte.

Und ich hatte es schon mit Ausreden versucht, jedoch bekam ich diese Antwort:

Abigail Baker! Du rufst uns am Freitag an!!!!! Wir müssen dir etwas wichtiges mitteilen, keine Widerrede!

Ich suchte nach meinem Handy, als mir etwas schreckliches einfiel. Ich seufzte laut. Ich hatte meinen Rucksack vergessen. BRYCE!!! Ich würde ihn umbringen.

Aber er war eigentlich gar nicht Schuld...

Trotzdem! Aber vielleicht konnte ich ja in der Stadt telefonieren.

Ich hielt Ausschau nach einer Telefonzelle, aber fand weit und breit keine. Die einzige die ich kannte, war die neben dem Supermarkt, aber die war seit drei Jahren schon, kaputt und niemand wollte sie reparieren.

Ich versuchte mich zu erinnern, wo es vielleicht ein Telefon gab. Das einzige Telefon was mir selbst noch einfiel, war der Handy-Laden. Ich wusste noch das ein Telefon an der Wand hing.

Aber Bryce...

Ich stand vor dem Laden und betete, dass er keine Schicht hatte. Vorsichtig machte ich die Tür auf und wer stand hinter dem Tresen? Klar, Bryce Jenkins, wer sonst.

Genervt sah ich ihn an. „Und, noch ein Handy geschrottet?", scherzte er und grinste. „Halt die Klappe", fuhr ich ihn an und sah mich nach dem Telefon um und entdeckt es an der Wand. „Ich hab's nur vergessen und du hättest ja meinen Rucksack mitnehmen können du Idiot!", wurf' ich ihm vor.

„Bitteschön", sagte er und reichte mir meinen Rucksack, den er hinter dem Tresen hervor geholt hatte. „Danke", zischte ich und eilte mit dem Rucksack davon.

Zuhause rief ich dann meine Mutter an.

„Hallo, Abigail", begrüßte sie mich „freundlich".

„Hallo, Mum", begrüßte ich sie ebenso kalt, als auch mein Dad dazu kam.

„Schätzchen, könntest du dir ausmalen, ab Montag wieder nach New Jersey zu kommen?", fragte mein Dad.

War das ihr Ernst? Nein, das konnte sie vergessen! Ich würde hier nicht weggehen!

„Nein, keineswegs, wieso?", antwortete ich gelassen, um sie zu verunsichern.

„Weil wir uns überlegt haben...wir denken das New York dich nicht richtig bildet und deswegen schicken wir dich nach deinem Abschluss auf ein College hier. Es wäre so viel besser. Wir wären ganz in der Nähe!"

„Mum, das ist das Problem. Ich bin jetzt Erwachsen und lebe in New York.Und nach meinem Abschluss gehe ich in ein College, in New York. Punkt", machte ich ihr klar.

„Okay...wenn du meinst. Aber dann komm nicht zu uns, wenn du kein Geld mehr hast oder keinen Job mehr hast. Du lebst ja jetzt in ‚New York'", sagte meine Mum und legte damit auf.

Das war nicht ihr Ernst.

Tolle Pädagogik.

Ich öffnete Instagram und postete ein Bild von meinen Entwürfen. Es war ein altes Bild und zeigte mich, wie ich auf einem Baum saß, auf einer riesigen Wiese, mit Blumen und lachte. Das Foto hatte Tyrell gemacht.

„Du hast mich fast runter geschubst!", lachte ich und schubste ihn ebenfalls sanft. Er umarmte mich von hinten und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Ich lächelte.

Dann standen wir beide auf. Er hielt mich an der Hand fest und wir balancierten auf dem Ast. Wir lachten zusammen und ich drehte mich zu ihm um. Seine braun-blonden Locken, wehten im leichten Wind und seine Augen funkelten blau-grün...

Er sprang vom Ast hinunter und landete locker auf der Wiese und lächelte mich von unten an. Plötzlich rutschte ich aus und fiel den Baum herunter. Ich bekam fast einen Herzinfarkt, aber Tyrell hatte mich aufgefangen.

Später lag er auf der Wiese und ich neben ihm, mit meinem Kopf auf seiner Brust. Ich spürte seinen Herzschlag. Vorsichtig sah ich zu ihm und er lächelte mich an. Sanft legte er seine Lippen auf meine.

Weinend legte ich mich an diesem Abend in mein Bett. Nur dank Bryce schaffte ich es nicht Tyrell zu vergessen. Immer wieder musste er mich an ihn erinnern. Er nannte mich Abilein. Genauso hatte Tyrell mich auch genannt. Wütend auf Bryce und Tyrell weinte ich in mein Kissen hinein.

„Abilein!", rief Bryce mir schon von der Ferne zu und winkte heftig.

Genervt stöhnte ich auf. Er rannte auf mich zu und stellte sich neben mich. „Und, wie geht's dir so?", fragte er. „Interessiert dich nicht", antwortete ich ihm. „Doch", lächelte er.

„Mir geht's scheiße, okay?! Reicht dir das?!", schrie ich ihn an und blieb stehen. Ich versuchte meine Tränen zurück zu halten. Aber bestimmt würde wieder dämlich grinsen oder lachen oder...

Aber Bryce' Lächeln verschwand zum ersten Mal.

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