3. Das Praktikum

2K 45 0
                                    

Ich betrat die Klasse und sah Cheryl schon an unserem Tisch sitzen. Insgesamt nahmen 17 Schüler an dem Kurs für Psychologie teil.
Ich tat meiner Mutter einen Gefallen, indem ich dieses Fach wählte. Leider liegt es mir so gar nicht. An meinem Platz angekommen setzte ich mich neben Cheryl und holte meine Unterlagen hervor. Der Lehrer Mr. Owens betrat die Klasse und begrüßte uns freundlich.
„Guten Morgen liebe Schüler, sind alle erholt aus dem langen Wochenende gekommen?" vereinzelt vernahm ich einige Ja's oder einfach nur Gemurmel. Ich sagte nichts. „So, da sie alle gut erholt sind, können wir mit dem Unterricht beginnen. Das Thema Psychologische Krankheiten, hatten wir ja letzte Stunde beenden. Wir beginnen nun mit einem sehr wichtigen und spannenden Thema für dieses Jahr.

Die Entwicklung und Persönlichkeit des Menschen." Das klingt nach viel lesen, och nee!
„Zu diesem Thema gibt es eine ganz besondere Prüfungsleistung! Sie werden ein dreiwöchiges Praktikum absolvieren. Es ist mir egal wo, das Hauptmerkmal sollen sie auf eure Mitmenschen richten. Sie können von mir aus im Kindergarten, im Blumenladen, im Krankenhaus oder sogar in einer Psychiatrie
arbeiten. Sie werden sich bei Arbeit auf einen ausgewählten Menschen konzentrieren und ihn studieren. Das heißt, sie dokumentieren die Persönlichkeit mit Eigenschaften, vielleicht nach Absprache mit ihrer ausgewählten Person auch den Verlauf seiner/ihrer Entwicklung im Leben. Sie können auch Interviews führen. Wie ist mir egal, Hauptsache nach den 3 Wochen geben sie mit ihre Berichte ab." Wow, dass klingt wirklich interessant! Wo könnte ich denn arbeiten? Vielleicht bei uns in der Bäckerei..
Oder ne, dass ist einfach zu langweilig.
Wenn ich darüber nachdachte, hatte ich in meinem bisherigen Leben echt noch nichts erlebt. Ich war eine ungeküsste Jungfrau. Omg war das peinlich und das mit fast 18 Jahren! Ich erinnere mich an das eine mal in der Junior High, Cheryl und ich waren auf meiner ersten Party und meine beste Freundin wollte es sich nicht nehmen lassen mich zu „integrieren". Sie schminkte mich viel zu stark und zog mir viel zu kurze Sachen an. Auf der Party musste ich dann natürlich auch noch Flaschendrehen mitspielen. Dort bekam ich meinen ersten Kuss, wenn man das so nennen kann. (Ich zählte ihn nicht mit) Der Junge hieß Ryan und war eigentlich sehr gutaussehend.

Gut, wir waren 13 und da ist man nicht so wählerisch. Er hatte dunkelblonde Kinnlange Haare,  giftgrüne Augen und leichte Sommersprossen auf der Nase. Leider war er einfach nur aufdringlich. Er drückte seine Lippen nicht auf meine, sondern schob mir direkt seine Zunge in den Mund. Seine Zunge schmeckte nach Cola und leicht nach Flips. Ich fand das einfach so ekelerregend, dass ich ihn direkt von schubste und ins Bad lief, um mir den Mund auszuwaschen. Die anderen aus dem Kreis hörte ich noch immer lachen. Ryan selber schien viel zu perplex um zu reagieren. „Nie wieder!" wiederholte ich gefühlt den ganzen Weg nachhause und Cheryl fand das einfach nur zum totlachen. „Erde an Ellyy, halloooo." holte mich die Stimme meiner besten Freundin wieder aus der Vergangenheit. „Was hast du gesagt? Sorry ich dachte grade an Ryan meinen ersten irgendwiekuss." sagte ich noch leicht in Gedanken versunken. „Wer ist denn Ryan? Oh warte, ich glaube ich weiß wer. Ist der nicht im Jugendknast wegen Diebstahl oderso?" prustete sie kichernd einfach drauf los. „Das ist doch nicht lustig, wenn er jetzt im Gefängnis ist?" manchmal fragte ich mich echt, was bei Cheryl nicht ganz stimmt. „Ja doch, weil er voll brav war und das nur wegen so einer Bitch gemacht hat, um ihr was zu beweisen." Sagte sie und schüttelte den Kopf vor sich hin. „Naja wie auch immer, was wolltest du fragen?" Sie schaute mich mit ihren großen Pupillen an und ich konnte ihren Blick nicht deuten. „Ehmm.. Achja! Ich wollte wissen, wo du das Praktikum machen willst? Vielleicht finden wir zusammen irgendwo eine Stelle?" Eigentlich war die Idee wirklich nicht so schlecht, aber eigentlich wollte ich mich mal etwas trauen und unabhängiger sein. Etwas ohne sie tun. Cheryl wird nicht immer überall dabei sein und ich wollte endlich etwas erleben. Ob sie das kränkt, wenn ich das Praktikum alleine machen möchte? „Cherry, würde es dir etwas ausmachen, wenn ich das Praktikum woanders als du mache? Ich will endlich versuchen aus mir heraus zu kommen und etwas erleben!" sie schaute mich erstaunt an und schien zu überleben. Ein liebevolles Lächeln trat auf ihr Gesicht und sie lehnte ihren Kopf auf meine Schulter. „Ach Maus, natürlich kannst du das Praktikum auch ohne mich machen. Ich hätte es ja echt cool gefunden, wenn wir das zusammen gemacht hätten, aber ich verstehe dich! Ich freue mich für dich, dass du aus dich herauskommen möchtest. Du weißt doch, dass ich immer für dich da bin und du immer auf mich zählen kannst oder?"

Sie kuschelte sich etwas in meine Halsbeuge und ich fing an zu lachen, weil ihr Atem mich kitzelte. Das liebe ich so an Cheryl! Egal wie betrunken, high oder schlecht gelaunt sie ist. Sie ist immer für mich da und findet immer die richtigen Worte. „Danke Cherryberry! Ich hab dich so lieb!" ich gab ihr ein Küsschen auf den Kopf und hörte unserem Lehrer wieder zu, der nochmal etwas aus der letzten Stunde besprochen hat.
„Ihr habt jetzt den Rest der Stunde Zeit zum recherchieren, wo ihr eure Praktikas absolvieren könntet!" Cheryl war glaub ich an meiner Schulter eingeschlafen, da sie sich nicht rührte. Ich versuchte sie etwas zu rütteln ohne, dass Mr. Owens etwas mitbekam. Ohne Erfolg. „Ms. Jones, ermüdet sie mein Unterricht dermaßen, dass sie lieber schlafen, als ihm zu folgen?" Er schaute wütend auf meine Schulter und ich kniff Cheryl in die Seite, um sie zu wecken. „Auua, verdammt wieso kneifst du mich Ella?" Sie schaute mich erbost an und ich zeigte unauffällig mit meinem Kinn in Richtung Mr. Owens. Sie verstand und richtete sich hektisch auf. „Mr. Owens!" Cheryl versuchte ihn mit ihrem besten Augenaufschlag zu beschwichtigen. „Es tut mir unfassbar leid, ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, da ich mich um meinen kranken Hund kümmern musste." Sie lächelte scheinheilig und Mr. Owens schien zu überlegen, ob er ihr Glauben schenken sollte.

„Nun gut Ms. Jones, wo gedenken Sie denn ihr Praktikum zu absolvieren? Haben sie schon eine Vorstellung?" Er schaute sie abwartend an und Cherry schien zu überlegen. „Öhm, so spontan fällt mir jetzt direkt nur unser Jugendzentrum ein. Kann man da überhaupt sowas machen?" Sie schaute unseren Lehrer fragend an. Mr. Owens schien die Idee sehr zu gefallen. Er schaute überrascht und lächelte sogar. „Sehr gut, wirklich eine ausgezeichnete Idee Ms. Jones! Sollten sie eine positive Rückmeldung erhalten, geben sie mir umgehend Bescheid. Dann kann ich sie schonmal in meine Liste eintragen."

Zur Antwort lächelte Cheryl einfach und schien die Idee eigentlich nur so daher gesagt zu haben. „Willst du das echt machen?" Eigentlich klang die Idee ja wirklich gut.
„Keine Ahnung, hab das eben einfach auf die Schnelle gesagt. Habe eigentlich keine Lust mit den ganzen pubertierenden kleinen Jungs rumzuhängen und einen auf Aufpasser zu spielen." Ja da hatte sie schon recht. Ob ich mir sowas zutrauen würde? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. „Ja stimmt, ich hab echt keine Ahnung was ich machen soll!" gestand ich ihr flüsternd, weil grade andere Schüler mit Mr. Owens im Gespräch waren.

Wie findet ihr die Geschichte bisher?
Ich bin schon so aufgeregt, wenn es erst richtig los geht.

Eure Linda 🖤

Snake - Das PraktikumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt