Kapitel 21 - Lagerfeuer

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„Au, du tust mir weh und was zur Hölle soll das überhaupt?", fragte Miriam genervt, als Brien ihr die Hände hinter dem Rücken zusammenband. Er hatte einen Strick in Josies Rucksack gefunden und als Miriam mich erfolgreich, bedacht darauf, sie nicht zu berühren, gefesselt hatte, band er den Strick an einem großen starken Baum fest.

„Denkst du etwa, ich kann ruhig neben dir schlafen?", fragte Brien zurück.

„Aber ich würde dich niemals...", setzte Miriam an, doch im selben Moment realisierte sie, dass es nicht stimmte. Sie hatte ihn angreifen wollen und sie würde es wahrscheinlich wieder tun, wenn sich die Gelegenheit dazu ergab.

Wiederwillig rutschte sie an der harten Rinde des Baumes hinunter und setzte sich ins Laub auf den Erdboden. Sie bezweifelte, dass sie in dieser unbequemen Position und mit den Händen auf dem Rücken jemals einschlafen könnte, doch etwas anderes blieb ihr wohl kaum übrig. Interessiert betrachtete sie Brien, der das Holz inzwischen gestapelt hatte und mit irgendwelchen Steinen, die er aufeinander rieb versuchte, ein Feuer zu entfachen.

„So wie ich Josie kenne, hat sie an alles gedacht und du findest im Rucksack sicherlich auch ein Feuerzeug", grinste Miriam. Es war einfach ein zu komisches Bild, wie verzweifelt Brien mit den Steinen kämpfte. Als er sie hörte, sah er sie verwirrt an.

„Ein was?", fragte er etwas irritiert.

„Ein Feuerzeug", wiederholte Miriam grinsend. So etwas gab es in seiner Welt bestimmt nicht und er hatte wahrscheinlich nicht die leiseste Ahnung, was das war. „Da musst du nur an so einem kleinen Rädchen drehen und dann kommt das Feuer. Guck mal im Rucksack. Ich glaube, es müsste schwarz sein. Es ist relativ klein und so eine Art Kasten, oben glänzt es silbrig."

Immer noch ein wenig verwundert wühlte Brien nun im Rucksack. Miriam hätte ihm geholfen, doch sie war ja tragischerweise an den Baum gefesselt. Irgendwann hatte Brien wohl etwas gefunden, denn er hielt das Feuerzeug mit einem fragenden Gesichtsausdruck in Miriams Richtung. Sie nickte zustimmend und er erwiderte es mit einem zögerlichen Lächeln. Wahrscheinlich wusste er nicht so recht, ob er ihr vertrauen konnte oder nicht und wenn sie ehrlich war, konnte sie es ihm nicht einmal verübeln.

Brien hatte erstaunlich schnell begriffen, wie das Feuerzeug funktionierte und kurz darauf brannte das kleine Lagerfeuer und knisterte gemütlich vor sich hin.

„Das Ding ist echt der Hammer", grinste Brien, „Kann ich es vielleicht mir nach Lacuna nehmen, wenn ich zurück gehe? Also falls ich jemals zurück komme."

Der letzte Teil seines Satzes hatte irgendwie traurig geklungen. Es musste warnsinnig schwer für ihn sein, hier zu sein. Er kannte hier überhaupt niemanden und nichts und würde wahrscheinlich nie wieder in seine Heimat zurück kehren können. Was hatte er hier für eine Zukunft? Könnte er sich an das Leben hier gewöhnen und anpassen? Auf Miriam wirkte Brien mit seinen wilden schwarzen Locken und dem abenteuerlustigen Funkeln in den Augen eher wie jemand, der gerne durch Wälder und verwunschene Gegenden wanderte, als jemand, den man in einem Haus oder einer Wohnung einsperren konnte.

„Wie genau hast du eigentlich deine Zauberkräfte verloren?", fragte Miriam schließlich, nachdem sie sich eine Weile angeschwiegen hatten. Brien war erstaunlich offen und erzählte ihr die ganze Geschichte, wie er alles versucht hatte, um Laurel irgendwie zu finden und wie er schließlich die schwarze Magie angewandt hatte um seine Zauberkräfte abzulegen, damit er durch das Portal kam.

„Du liebst ihn wirklich oder?", sprach sie irgendwann aus, was beide dachten.

Brien hob seinen Blick. Er saß gegenüber von Miriam, auf der anderen Seite des Lagerfeuers. Da es bereits stockdunkel war, wurde sein Gesicht nur von den roten Flammen angeleuchtet und sie konnte den traurigen Ausdruck in seinen dunklen Augen sehen.

„Ich habe ihn geliebt, ja", antwortete er schließlich und blickte dann wieder starr ins Feuer.

Er schien mit seinen Gedanken plötzlich irgendwie abwesend zu sein, fast als wäre er in seinen Vorstellungen in eine fremde Welt gereist und ginge dort seinen Gedanken nach.

Miriam war froh, dass das Lagerfeuer ihnen Wärme und Sicherheit gab. Sie wollte gar nicht erst wissen, was für Tiere hier nachts ihr Unwesen trieben und sie war froh, sich in Sicherheit zu wissen. Sie warf einen Blick auf Brien. Er hatte sich inzwischen auf dem harten Waldboden zusammengerollt und schien eingeschlafen zu sein. Ein Lächeln huschte ihr über die Lippen. Irgendwie war sie gerade verdammt froh, nicht alleine sein zu müssen. Wenn Brien in ihrer Nähe war oder sie unterhielt, wurde sie nicht von den Stimmen in ihrem Kopf geplagt und es fühlte sich beinahe so an, als wäre sie wieder ein normaler Mensch.


Gute Nacht :)

Schattenflügel - Verwandlung bei VollmondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt