"Ich habe davon nur zufällig etwas gehört," erklärte Livia abends am Lagerfeuer, "er hat es mit einem seiner Generäle besprochen. Hier in den Bergen, in der Nähe eines kleinen Wasserfalls, der in einen See fließt, gibt es ein unterirdisches Gewölbe. Dort hat er einige Dutzend Soldaten stationiert, und dort werden auch immer die wichtigsten Gefangenen hingebracht."
Garmon lief hin und her, während er überlegt. "Ich glaube, ich kenne den Ort," sagte er dann langsam, "aber das kann eigentlich garnicht sein. Das liegt mitten im Hoheitsgebiet der Armanen, wir hätten doch etwas bemerken müssen...Das ist unmöglich."
"Nichts ist unmöglich," warf Al ein, "und ich finde, es macht schon Sinn. Denn eben in diesem Gebiet hättet ihr nie Soldaten von Lord Drayton erwartet. Also eigentlich der perfekte Stützpunkt."
"Aber wie sollen sie sich da versorgen? Wie kommen neue Soldaten, und wie können die alten unbemerkt wieder gehen? Das.Macht.Keinen.Sinn."
Al legte den Kopf in den Nacken, sah hinauf zum Himmel und dachte nach. Plötzlich fiel ihr etwas ein und sie schnippte mit den Fingern. "Die Zwerge."
"Was haben denn jetzt die Zwerge damit zu tun?", fragte Garmon irritiert.
"Das ganze Gebirge ist doch von Zwergentunneln durchzogen. Wenn Lord Draytons Männer einen Weg DURCH diese Tunnel bis zu der unterirdischen Festung oder was auch immer das ist, gefunden haben, können sie ohne Mühe nachschub dorthin bringen, ohne dass ihr auch nur das geringste ahnt."
"Natürlich," rief Garmon bestürzt, "und weil uns ja allen bekannt ist, dass die Berge durchlöchert sind, schöpfen auch die Erdelementare keinen Verdacht, denn die Tunnel sind ja schon seit jahren da. Aber...dann müssen sie auch von dem Gewölbe gewusst haben." Er murmelte nachdenklich etwas vor sich hin und schüttelte immer wieder den Kopf. "In letzter Zeit gab es...Gerüchte, dass es Verräter unter den Armanen gebe. Dass ein großer Teil eines Stammes sich von den anderen abspalten wolle. Wir haben den Gerüchten keinen Glauben geschenkt, aber so wie es im Moment aussieht...hätten wir wohl besser mal auf die Gerüchte gehört. Beziehungsweise hätten die anderen mal eher auf die Gerüchte hören sollen," sagte er bitter.
"Willst du uns damit sagen, dass wir wahrscheinlich keine hilfe von den dort ansässigen Armanen kriegen, weil diese möglicherweise Verräter sind," fragte Dark entsetzt, er hatte sich schon darauf gefreut, endlich mal derjenige, mit der Armee im Rücken zu sein.
"Nein, das können wir...nicht. leider nicht." Garmon rieb sich das müde Gesicht und seufzte. "Es gibt schon seit Jahren Streitigkeiten. Von unseren Vorfahren wurden strenge Regeln für unser Leben bestimmt, doch mittlerweile wollen viele nicht mehr. Es gibt nicht wenige, die einen Krieg gegen die Menschen in Betracht ziehen. Sie alle haben längst vergessen, dass wir nur Wächter sind. Sie haben längst vergessen, dass wir bewahren und nicht zerstören sollen. Sie..."
"Lasst uns schlafengehen," unterbrach Livia ihn," wir müssen morgen in aller Frühe weiter, und die meisten wären froh, wenn sie sich vorher nochmal ausschlafen könnten." Garmon nickte und setzte sich an einen Baum gelehnt hin.
"Ich halte Wache," sagte er und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen einen Baum. Die Nacht verlief ohne besondere Vorkomnisse, Dark wachte mehrmals auf, jedes Mal stand Garmon wie eine Statue da und beobachtete die Umgebung.
Noch vor der Morgendämmerung brachen sie auf, die Zwillinge gähnten immer wieder übermüdet, liefen aber unermüdlich hinter Garmon und Livia her, die die Führung übernommen hatten.
"Wir müssen ab jetzt aufpassen," sagte Garmon leise, als sie vor einem kleinen Bach standen. "Ab hier beginnt das Gebiet des Terra Stammes. Wir dringen hier unerlaubt ein, sie dürfen uns sofort töten, wenn man uns entdeckt, und man wird uns entdecken. Ich hoffe nur, dass wir es bis zur unterirdischen Festung schaffen. Wenn wir dort sind, können wir über die Zwergentunnel fliehen." Er hielt kurz inne. "Zumindest hoffe ich, dass wir es schaffen. Es könnte auch sein, dass wir vorher von einem Erdrutsch erschlagen werden. Oder einer von uns ausrutscht, und eine Lawine auslöst, die uns mitreißt. Oder..."
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Ein Königreich in Trümmern
Fantasy"Der letzte der Sardonier wird kommen, der sehen wird, was niemand sieht, der wissen wird, was niemand weiß, der können wird, was niemand kann." Dark lebt in Scarntis, der einstigen Hauptstadt des sardonischen Reichs...doch jetzt ist sie nicht mehr...