Kapitel 12

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Von weitem konnte ich eine glückliche Harper erkennen, die sich prächtig mit der mir unbekannten Dame unterhielt. Um nicht alleine Umherzuirren versuchte ich mich in das Gespräch einzuklinken, vergebens. Denn noch bevor ich an deren Stehtisch ankam, schweifte mein Blick durch den Ballsaal und blieb an einem aufdringlichen, gaffenden Ekelpaket hängen.

  ..Ernsthaft??? Muss er mich die ganze Zeit anstarren???.. 

Er beantspruchte meine gesamte Aufmerksamkeit, weswegen ich mich ohne zu überlegen geradeaus fortbewegte, bis ich auf meinen hohen Absätzen ins Schwanken gerieht. Mit einem lauten Scheppern flog mein vollbeladener Teller auf dem Boden und zersprang sofort in unzählig viele Einzelteile.

Während die zerbrochenen Stücke meines Tellers ein schönes Mosaik auf dem Boden erstellten, beförderte ich mein Essen auf eine wunderschöne, teure, weiße Seidenbluse. Völlig unter Schock blickte ich in das ebenfalls nicht erfreute Gesicht des Verungestaltenen.

Die ältere Dame hatte die komplette Ladung abbekommen. Ich spürte, wie mir die dunkle Röte ins Gesicht schoss und ich hilflos und unruhig zu Harper blickte.
„Ich-ch es tut mir so unfassbar Leid. Ich werde ihnen die Bluse selbstverständlich ersetzen. Ich bin ein bisschen durch den Wind heute, ..ehm..das ist natürlich keine Entschuldigung. Entschuldigung. Ich-“, mit jedem weiteren Wort redete ich mich weiter in Rage bis mich die Frau unterbrach.

Erst jetzt viel mir auf, dass alle Augenpaare der Gäste auf uns lagen und gespannt das Szenario verfolgten.

„Bitte, reden sie einfach nicht weiter!“ Bei ihrem Worten hob sie demonstrativ ihren Arm, um einen Sicherheitsabstand zwischen uns zu waren. Mit dem Versuch ihren Atem zu kontrollieren, scheiterte sie kläglich.

In was habe ich mich nun wieder manövriert? Das wird ja fast schon zu einem dauerhaften Witz, dass ich in alle möglichen Personen reinlaufe. ..Großartig.. 

Doch als ich dachte, schlimmer geht es nicht mehr, wurde ich mal wieder eines besseren Belehrt. Schlimmer geht immer, denn mit ihren folgenden Worten erwachte ich durch den seelischen Schmerz aus meiner kleinen,heilen Welt.
„Es schickt sich nicht von einer Dame so herum zu stottern. Hat ihnen das ihre Mutter nicht beigebracht?“
Es fühlte sich an, als würde man frisch verheilte Wunden immer wieder und wieder aufreißen und zusätzlich noch Salz in die jetzt wieder frische Wunde streuen.

Meine Tränenkanäle füllten sich mal wieder mit ausreichend wässriger Salzlösung, doch ich wollte unter keinen Umständen vor all den Menschen und IHR heulen. Mittlerweile realisierte auch Harper, der ich meine aktuelle und neue Familienkonstellation grob geschildert habe, mein Problem mit ihrer Aussage und versuchte auf die entzürnte Dame einzureden.

Aufgewühlt entschuldigte ich mich noch ein weiteres Mal bei IHR und verließ schnellen Schrittes den Saal. Dabei ärgerte ich mich zu tiefst und schüttelte unbewusst mit dem Kopf, in der Hoffnung, dass die Situation nur ein Albtraum und nicht die Realität war. Ich gelangte durch mehrere Nebengänge in ein riesiges, verlassenes, offenes Büro und sackte vorerst zu Boden. Mein Herz schmerzte so unfassbar doll, sodass ich mich gefühlt habe, als würde es ausgewrungen und weggeworfen werden. Ich röchelte nach Luft, doch nur eine minimale Luftzufuhr erreichte meine zu geschnürrte Kehle. Einmal mehr, wurde mir bewusst gemacht, dass meine geliebte Mutter nicht mehr an meiner Seite steht. Den Gedanken verdrängend begab ich mich auf die Suche nach meinem normalen Herzschlag.

Ich rappelte mich langsam auf und trat in den dunklen Flur hinaus. Nirgens fand ich eine Ausschilderung oder dergleichen an den Wänden des Ganges, der mir einen Hinweis auf meinen aktuellen Standort im Gebäude hinweist. Irgendwann erkannte ich die Stimme des notgeilen Mannes vom Ball in der Ferne. Noch bevor er mich entdecken konnte, griff ich hektisch nach der Türklinke zu meiner rechten und verschwand in dem Raum neben mir.

Erleichtert lehnte ich mich an die Türinnenseite mit geschlossenen Augen an und konnte mir ein Seufzen nicht unterdrücken. Von einem auf den anderen Moment fühlte ich mich total unwohl und beobachtet. Ein Räuspern erfasst meine Ohren, woraufhin ich erschrocken meine Augen öffnete. Mein Puls beschleunigte von 0 auf 100, als ich die vielen Männer im Raum erblickte.

Sie saßen verteilt um einen edlen gläsernen Tisch, dabei entgingen mir die zahlreichen Designeranzüge der Herren nicht. Im Allgemeinen war dieser große, schumrige Raum sehr prunkvoll mit edlen Mamorfußboden, einen großen Kronleuchter und vielen weiteren teuren Details ausgestattet. Alles hatte etwas bedrohliches und schrie förmlich nach Macht und Geld. Ich war ziemlich sprachlos, denn  so einen besonderen Raum hätte ich niemals in einer belanglosen Company erwartet. Diese Sitzung, in der ich anscheinend gerade unmöglicherweise hereingeplatzt war, erinnerte mich an früher.

Mein Vater organisierte öfters solche Treffen in einem Anwesen am anderen Ende der Stadt. Ich erfuhr nur durch Zufall davon, da ich ein Gespräch von unserer Putzfrau und meiner Nanny belauscht hatte.                           

Mir war sofort bewusst, dass diese vielen Augenpaare, die mich gerade alle ausgiebig musterten, schon sehr vielen Menschen böses angetan hatten. Bedacht darauf, möglichst keine falsche Bewegung zu machen, musterte auch ich die ungefär zehn Anzugträger. Bis mein Blick auf eine mir bekannte Person viel. Dem Unbekannten am Flughafen.

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