Kapitel 9: Unerwarteter Besuch

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Ich gab mich auf, es war nicht meine Art, aber ich hatte verloren, ich musste das Kämpfen aufgeben. Dafür war ich einfach nicht geschaffen. Mein Handy blinkte und ich hoffte es war Mate. Ich musste es ihm sagen. Ich konnte nicht länger Lügen. Ich öffnete die Nachricht und sah ein Bild von mir in Unterwäsche, in einem Badezimmer, eigentlich kein ungewöhnlicher Anblick, schließlich sah ich mich öfter so. Das was mich Beunruhigte war, dass es ein Foto war. Von dem Unbekannten. Beim genaueren betrachten, erkannte ich, dass das Bild schon älter sein musste. Dieses Detail beunruhigte mich nur noch mehr. ~Ich mach dich fertig~ lautete die Nachricht.

Ich erhob mich vom Boden und setzte mich aufs Sofa. Ich musste mich beruhigen, morgen war die Premiere und das ließ ich mir nicht nehmen. Von niemandem. Ich fühlte mich einsam. Außerdem hatte ich total vergessen, Mate für alles zu danken. Also beschoss ich ihm zu schreiben:

~Lieber Mate, danke für alles. Ich bin total am Ende, aber dass hast du sicherlich schon gemerkt, den Grund kann ich dir nicht nennen, dafür fehlt mir momentan die Kraft. Ich kann es einfach nicht, so sehr ich es auch wollte. Ich habe gekämpft, doch den Kampf habe ich verloren. Es tut mir so leid, aber die alte Roberta ist fort. Morgen ist die Premiere und danach werde ich gehen. Versuche nicht mich noch zu halten, es hätte keinen Sinn. Bussi Roberta~

Ich schickte die Nachricht ab und stellte das Handy aus. Ich legte mich hin und schlief irgendwann ein.

Es war nicht ganz Mitternacht, als ich von dem Klingeln meiner Haustür aus dem Schlaf gerissen wurde.

Ich rappelte mich auf. Auf dem Sofa einschlafen war echt nicht die beste Idee. Ich stützte mich ab und zischte vor Schmerz kurz auf. Meine kaputte Hand hatte ich schon fast vergessen. Zurück zum Grund, weshalb ich überhaupt wach war. Ein Blick auf die Uhr verriet mir ca. 00:20. Es klingelte erneut, schnell Griff ich nach dem nächstbesten Gegenstand, um mich verteidigen zu können. Langsam lief ich zur Tür und öffnete diese. Niemand da, oder? Auf der Treppe erkannte ich eine mir bekannt vorkommende Person. „Mate?" fragte ich leise und der Mann reagierte, ich entspannte mich. Mein Kollege kam zur Tür. „Was bitte machst du um diese Uhrzeit hier?" ich sah ihn fragend an. Erst nachdem er eingetreten war und ich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, fiel mir die Sporttasche auf. „Meine Wohnung steht unter Wasser, kann ich ein paar Tage bei dir bleiben? Gab wohl einen Wasserrohrbruch in der Wohnung über mir und jetzt ich meine Wohnung komplett überschwemmt und nicht mehr bewohnbar" Ich nickte einfach nur. Er nahm mich freudig in den Arm und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Du bist ein Schatz Roberta, ich bin dir was schuldig" rief er noch, bevor er ins Gästezimmer verschwand. „Du bist mir gar nichts Mate" sagte ich. Die Uhrzeit war mir im Moment egal, ich hatte heute sowieso viel zu viel geschlafen. Er kam zu mir zurück. Es gab mir ein Gefühl von Sicherheit ihn bei mir zu haben. Wir unterhielten uns und später gingen wir beide zu Bett. Ich lag noch eine gefühlte Ewigkeit schlaflos im Bett und wälzte mich hin und her.

Am nächsten Morgen klingelte mein Wecker um neun. Es roch nach Kaffee und meine Sinne schärften sich. Urplötzlich war ich hellwach und dann dämmerte es mir. Mate war ja hier und vermutlich kam er mit der Kaffeemaschine genauso gut klar wie jeder andere Mensch auch. Ich schlenderte also in meinem Schlafanzug in die Küche und da stand er auch schon mit einem Grinsen im Gesicht. „Eigentlich wollte ich es dir ans Bett bringen eure Majestät" begann er, als er mich erblickte. „Spinner" erwiderte ich daraufhin hin nur. Wir setzten uns an den kleinen Küchentisch und frühstückten gemeinsam. Während wir dies taten, quatschten wir etwas. Als wir aber auf den gestrigen Tag kamen war ich still. Doch Mate begann zu reden: „Meine herzallerliebste Kollegin, ich freue mich, dass du mir die Ehre erweist die Premiere heute Abend mit mir zu spielen. Es ist mir, wie du in deiner Nachricht schon richtig vermutet hast nicht entgangen, dass du momentan etwas unkonzentriert und ich zitiere: 'am Ende' bist. Der Grund ist mir zwar nicht egal, aber ich denke, du wirst es erzählen, wenn du so weit bist. Nur erkenne ich dich nicht wieder, ich vermisse die alte Roberta, die Robby die du als verschwunden bezeichnest, ich vermisse eine meiner engsten Freunde und es bricht mir das Herz, dir nicht helfen zu können. Nur tu mir den Gefallen und lass das, wovor du dich so fürchtest, nicht dein Leben bestimmen. Ich weiß nicht, ob es besser ist, wenn es anders ist, aber so viel weiß ich, wenn du so weitermachst, frisst es dich auf. Ich sage das auch nicht um dich hier zu halten, sondern einfach, weil ich einer meiner engsten Freunde beistehen möchte, weil ich sie vermisse. Ich vermisse unsere kleinen Diskussionen, unsere kleinen Streiche und auch deine selbstbewusste Art, dich gegen 3 Männer zu behaupten. Ich vermisse deine, ab und zu auch mal bissigen, Kommentare und deine unverwechselbaren Blicke, die mich, wenn sie könnten schon das ein oder andere mal getötet hätten. Ich vermisse dein italienisches Temperament." Ich hörte ihm zu und musste weinen, so gerührt war ich. Er nahm stumm meine Hand und sah mich mit seinem Hundeblick an. Mein Blick viel auf mein Handy. Dann schüttelte ich unmerklich den Kopf. So liebevoll er es auch gesagt hatte, so sehr er mich auch gerührt hatte mit seinen Worten, die er mit diesem leicht ungarischen Akzent an mich gerichtet hatte, umso mehr hatte ich das Gefühl ihn nicht auch noch in alles mit reinzuziehen. „Roberta..." begann er, doch ich unterbrach ihn: „Mate, es ist zu kompliziert, ich kann das alles nicht mehr. Es tut mir leid" Noch eine Show und ich würde aufhören zu kämpfen, noch eine Show und der Unbekannte hatte gewonnen, ich hätte nicht die Kraft alleine weiter zu machen. Damit hatte Mate zumindest recht, es hatte mich kaputt gemacht, innerhalb von ein paar Wochen.

Dann klingelte das Telefon und auch die letzte Farbe wich mir aus dem Gesicht. Mate nahm den Hörer ab, ehe ich dies verhindern konnte.

Panisch verfolgte ich seine Mimik, Mates blick wurde immer finsterer mit jeder Sekunde. Das hieß nichts Gutes. Irgendwann legte er einfach auf. Tonlos nahm er mich in den Arm. „Es wird alles gut, er wird dir nichts antun, dass verspreche ich dir" flüsterte er sanft gegen meine Haare. Es tat gut, zu wissen, dass ich nicht mehr die Einzige war, die davon wusste. Ein Hauch von Erleichterung machte sich in mir breit, allerdings machte ich mir danach sofort Vorwürfe. Jetzt war doch einer meiner Kollegen mit im Spiel, dass würde nicht gut enden. Niemals. Ich konnte nun nicht einmal mehr weglaufen, zu groß war die Angst, dass Mate was passierte. Ich nickte, auch wenn ich es noch nicht glauben konnte. „Ich glaube ich bleibe, zumindest so lange, bis du deine Wohnung wieder bewohnen kannst" flüsterte ich und sah ihm dann kurz in die Augen. „Es wäre aber sehr lieb, wenn du niemandem etwas sagst, versprochen? Mach einfach so weiter wie vorher auch." „Roberta, ich weiß nicht, ob ich das kann, du musst zur Polizei" Mein Blick verfinsterte sich. „Mein lieber Kollege, bitte verstehe doch, ich kann nicht zur Polizei, akzeptiere das." „Ich verstehe dich nicht, aber wenn du darauf bestehst" murmelte er und löste seine Umarmung. Wir mussten los zum Theater. 

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