• 𝐊𝐀𝐏𝐈𝐓𝐄𝐋 8 •

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Molly

Wir sitzen auf dem Promenadenrand und haben unsere Füße gemütlich im noch immer warmen Sand gebettet. Mittlerweile ist der Nachmittag fast vorbei, sodass in wenigen Minuten bereits meine Abendschicht beginnt.

Kat sitzt neben mir. Die leichte Nachmittagssonne lässt ihre Haut goldener wirken und ihr Haar nimmt einen leichten Glanz an. Irgendetwas hat diese junge Frau an sich, das mich glauben lässt, in jedem Winkel eine neue Facette von ihr betrachten zu können, wobei ich, ohne es zu wollen, jede einzelne bewundere. Es ist einfach verrückt!

„Ich hatte mir das irgendwie leichter vorgestellt", gibt Kat plötzlich zu, während sie mit ihren Füßen Kreise in den Sand zeichnet, ehe sie diese dann wieder verwischt.

„Ich auch. Hast du denn noch gar keine Idee bekommen?"
Kat schüttelt den Kopf, wobei ihre Locken ein wenig durch die Luft fliegen.

„Vielleicht fällt uns morgen etwas ein", murmle ich und stütze die Ellenbogen auf den Knien ab. Ich fürchte, es wird nichts bringen, noch länger hier am Strand zu sitzen. Jedes unserer Gespräche heute kam mir oberflächlich vor, aber ich wüsste auch nicht, wie ich das ändern sollte.

„Tut mir leid, dass ich deine Zeit verschwende."
Fast ein wenig überrascht sehe ich Kat an. Um ehrlich zu sein, hätte ich nicht einmal damit gerechnet, dass ihr überhaupt bewusst wäre, wie viel sie von meiner Freizeit beansprucht. Normalerweise hätte ich jetzt zuhause gesessen und für mein Studium gelernt, doch diese Aktivität hat sich schon vor Kats Ankunft in Kiehsau erledigt.

„Ich hätte eh nichts Besseres zu tun!", antworte ich daher schnell. Ich versuche alle Gedanken an mein Jurastudium aus meinem Kopf zu verbannen – ein zweckloser Versuch! Mir hätte klar sein müssen, dass man etwas so Anspruchsvolles nicht einfach als Fernstudium lernen kann, während man einen eigenen Laden schmeißt. Es war einfach eine Entweder-oder-Sache und insgeheim war mir schon immer klar, dass ich mich letztendlich für die Bar entscheiden würde – ganz egal, welche Träume außerhalb von Kiehsau in Erfüllung gehen könnten.

„Dann ist ja gut", meint Kat leise, auch wenn ich aus ihrer Stimme heraushöre, dass nichts gut ist. Trotz allem liegt ein heiteres Lächeln auf ihren Lippen, als sie zu mir blickt. In dieser Hinsicht erinnert mich Kat manchmal an ein kleines Kind. Ihre Emotionen scheinen in Sekundenschnelle wechseln zu können, so als hätte sie vergessen, worüber sie in der vorigen Sekunde traurig war.

„Fiona meinte, dass sie dich zum Junggesellinnen Abschied eingeladen hat", wechsle ich das Thema, in dem Versuch, Kat abzulenken.

Es scheint tatsächlich zu funktionieren, denn im nächsten Augenblick wird ihr Lächeln eine Spur echter.

„Ja, damit hätte ich wirklich nicht gerechnet!"
„Sie ist halt einfach ein liebes Mädel", schmunzelnd betrachte ich Kat, die wie zu sich selbst nickt, „dann wirst du wohl noch ein paar Tage auf meiner Couch schlafen müssen."

„Wenn es dich stört, kann ich-."
„Nein", ich mache eine wegwerfende Handbewegung, „ich werde es überleben und Glitzer ebenfalls – er wird es zumindest müssen!"

Mein Mitbewohner ist zwar mürrisch, aber nicht wirklich ein Dickkopf, der es schafft, seine Meinung durchzusetzen.

Ein Blick auf meine Armbanduhr lässt mich innehalten.

„Ist was?", will Kat sofort wissen. Mit gehobenem Kinn versucht sie die Position des Zeigers zu erspähen.
„Nichts – ich muss nur wieder in die Bar", erkläre ich entschuldigen.

„Das ist doch verständlich!
Gleichzeitig stehen wir auf, wobei ich mir den Sand von der Hose klopfe. Gerade jetzt, wo die Saison fast begonnen hat, kommen abends immer mehr Gäste in die Bar, um dort zu Abend zu essen.

Auch als wir jetzt wieder eintreten, sitzen schon einige Personen an den Tischen, deren Eintritt wir, so vertieft wie wir eben in unser Gespräch waren, gar nicht bemerkt haben. Im Hinblick auf die folgende Arbeit kommt mir die Menge mit einem Schlag größer vor.

„Molly!", erklingt Fionas leicht panische Stimme. Gleichzeitig ruckt ihre blonde Haarpracht hinter dem Tresen hervor.

„Was ist los?", frage ich ein wenig besorgt und schiebe mich zwischen den Tischen hindurch. Die meisten Gäste heben ihre Blicke gar nicht erst von der Speisekarte, um mir nachzublicken. Nur vereinzelte Augenpaare sehen von Fiona zu mir.

Auf der Stirn meiner Kellnerin ist eine deutliche Sorgenfalte zu erkennen, die dort seit Beginn der Hochzeitsvorbereitungen immer öfter zu sehen ist. Auch jetzt vermute ich bereits, dass ihr Problem wieder einmal mit der Trauung zu tun hat.

Fiona will mir schon antworten, sieht dann jedoch auf ihr Handy und beginnt eilig etwas zu tippen.

„Hochzeit?", rate ich, während sie weiter irgendetwas schreibt.
„Was sonst", erwidert sie bitter. So sehr Fiona sich auch auf ihre Trauung freut, genauso sehr kostet ihr die Vorbereitung auch den letzten Nerv.

Schließlich steckt sie ihr Handy weg und sieht mich entschuldigend an. Noch bevor sie zu sprechen beginnt, erahne ich ihre Worte im Stimmen bereits.

„Molly, ich muss-."
„Los", vervollständige ich seufzend ihren Satz, „ich komme schon irgendwie klar!"

„Sicher?", in Anbetracht der Gäste scheint sie mir die aufgetischte Lüge nicht wirklich abzunehmen.
„Ja, im Notfall mache ich es wie Aschenputtel und hole die Möwen rein."

„Es waren Tauben, Molly!"
„Und du durftest gehen. Verspiel das nicht", entgegne ich gespielt ernst.

Fiona lacht auf, doch mir entgeht nicht, wie unangenehm ihr das Ganze ist. Ihre folgende Frage bekräftigt diese Wahrnehmung meinerseits nur noch mehr: „Wer soll den dann kellnern, wenn du in der Küche bist?"

„Ich mach's!", sofort huscht mein Blick zu Kat, die grinsend am Tresen steht und zwischen uns hin und her strahlt.

„Das wäre doch perfekt!", Fiona klatscht erleichtert in die Hände.
„Wäre es!", bestätige auch ich. Jede Aushilfe ist besser, als den Laden allein zu schmeißen!

Kat sieht mich fast schon aufgeregt an, als sie fragt: „Darf ich wirklich?"

Auch Fiona schaut mit großen Augen zu mir, sodass mich die beiden Frauen an zwei kleine Welpen erinnern, die unbedingt Gassi geführt werden wollen. In Gedanken kann ich darüber nur den Kopf schütteln.

„Dieser Job ist ohnehin ein Wanderpokal", ist meine einzige gemurmelte Antwort, während ich augenrollend in der Küche verschwinde.

𓅿

Wer Teil 1 kennt, weiß, warum der Job ein Wanderpokal ist...😂

In dem Kapitel ist zwar nicht so viel passiert, aber in den folgenden passiert dafür umso mehr...🌝

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