Unerwarteter Besuch

293 17 3
                                    

Am nächsten Morgen wurde die inhaftierte Kopfgeldjägerin geweckt, weil sie eine unfassbare starke Präsenz spürte. Irritiert hob sie den Kopf. Vor der Barriere entdeckte sie dann den dunkelhäutigen Jedi, den ihr Obi-Wan einmal als Mace Windu vorgestellt hatte. Er ließ seine Hand sinken, als er sah, dass sie wach war. "Guten Morgen," begrüßte er sie mit einem ernsten Unterton in seiner Stimme. Kelly fuhr sich durch das kurze Gestrüpp auf ihrem Kopf. "Hi. Was gibt's denn so früh am Morgen?" Er deaktivierte die Laserbarriere und setzte sich neben ihr auf das Bett. Dann hielt er ihr seine Faust hin. "Ich vermute, du hast gehört, dass wir Obi-Wan verloren haben." Kelly überlegte einen Augenblick lang, ob sie ihm erzählen sollte, dass er ihr sein Geheimnis verraten hatte, entschied sich dann aber dagegen. So nickte sie einfach nur, damit er endlich weitersprach. "Er gab mir dies vor seiner letzten Mission. Es gehört angeblich dir." Damit öffnete er seine Hand und zeigte ihr den indigofarbenen Kyberkristall, den sie in diesem irreführenden Nebel gefunden hatte. "Ja... Der gehört mir. Was wollt Ihr jetzt von mir?" "Ich möchte wissen, wie du in den Besitz eines Machtkristalls gekommen bist. Sie sind sehr selten." Seine Stimme sank um ein paar Nuancen nach unten und gewann so an Ernsthaftigkeit. Einen Moment dachte sie wirklich darüber nach, ihn anzulügen und ihm einfach irgendetwas zu erzählen, aber tief in sich spürte sie, dass er es wissen würde. Also sagte sie die Wahrheit. "Ich habe ihn nicht gefunden," begann sie leise. "Dieses Ding kam zu mir. Obi-Wan hat bestimmt von diesem seltsamen Planeten erzählt. Wir waren ja verschollen für einige Zeit. Ich wurde von den Anderen getrennt, keine Ahnung was bei denen so passiert ist, aber ich wurde vor eine Wahl gestellt. Ich sollte mich zwischen zwei völlig unterschiedlichen Realitäten entscheiden, habe aber am Ende keine davon genommen... Auf meiner Flucht bin ich wieder durch diesen Nebel gekommen und da erschien mir dieser Kristall. Ich wusste nicht einmal, was das ist, bis Obi-Wan es mir erklärt hat." Während sie gesprochen hatte, war Mace immer ruhiger geworden. Er betrachtete sie nachdenklich und warf immer wieder mal einen Blick auf den Kristall. Schließlich stand er auf. "Obi-Wan hat sich gewünscht, dass der Rat austestet, ob du in der Lage bist, die Macht zu nutzen. Er wollte auch einen Midichlorianertest bei dir durchführen," sagte er. "Ich werde dich nicht dazu zwingen und stelle es dir frei, mit mir zu kommen. Aber wenn du dich dazu entscheidest, mit mir zu gehen, muss ich dir sagen, dass nicht jeder mit deinem neuen Weg einverstanden sein wird. Du wirst Ablehnung begegnen. Natürlich kannst du dann immer noch gehen, aber in diesem Fall darf niemand von diesem Abschnitt erfahren." Etwas überfordert starrte Kelly ihn an. Sie rang einen Moment lang mit ihren Worten, bis sie ihr Selbstbewusstsein zurückerlangte. "Was passiert mit mir, wenn er Unrecht hat? Ich... Ich kann nicht ganz glauben, dass ich die gleichen Fähigkeiten in mir habe, wie er." "Wenn dies passieren sollte, werden wir uns dafür einsetzen, dass du einen fairen Prozess bekommst. Es kam uns zu Ohren, du saßt nicht gerade gerechtfertigt hier. Also, kommst du mit?"

Natürlich kam sie mit. Alles war besser, als in dieser dämlichen Zelle zu sitzen und den Irren zuzuhören. So stand sie auf und ging zu Windu, der ihr, zu ihrer Überraschung, Handschellen anlegte und ihre Hände hinter ihrem Rücken fesselte. "Werden wir jetzt kinky?", fragte sie ihn grinsend, aber er rollte nur mit den Augen. "Es freut mich, dass du deine scharfe Zunge zurück hast, aber nein. Offiziell verlegen wir eine Gefangene zur Interrogation." Die beiden verließen gemeinsam die graue Zelle. Mithilfe eines schnellen Gleiters gelangten sie in die oberen Ebenen, an denen Kelly sich dann von Strider verabschiedete. Irgendwie hatte sie ihn doch  ganz lieb gewonnen. Als sie das Gefängnis verließen, atmete sie erleichtert die semi-frische Luft Coruscants ein. Es war nicht ganz Freiheit aber nahe genug. Gemeinsam betraten sie einen Gleiter, der sie innerhalb von ein paar Minuten zum Jedi-Tempel brachte. Kelly war lange nicht mehr hier gewesen, aber die Statuen und Türme boten ihr immer noch ein eindrucksvolles Bild. Windu merkte dies natürlich. Er gluckste amüsiert, während er sie durch die verwirrenden Gänge bugsierte. "Komm, wir werden erwartet." "Erwartet? Von wem?" Doch eine Antwort bekam sie nicht. Stattdessen spürte sie die kritischen Blicke der anderen Jedi, denen sie auf ihrem Weg begegneten. Ihre Gefängniskluft half der Situation natürlich auch nicht sonderlich. Apropos... "Bekomme ich eigentlich mal meine Rüstung zurück? Die war teuer und ich hänge daran." "Ich werde sehen, was sich machen lässt." Besser als nichts... Schließlich kamen die Beiden vor einer Tür zum Stehen, doch anstatt sie zu öffnen, bekam sie ihre erste Herausforderung. "Wer sitzt hinter der Tür?", fragte Windu leise. "Ich kann es spüren. Versuch es!" "Wie soll ich das denn machen? Ich kann sowas nicht." "Dann bist du hier gleich falsch. Los! Schließe deine Augen. Du hast diesen Kristall nicht umsonst bekommen. Die Macht ist überall, sie fließt um dich herum, um diese Tür, durch diesen ganzen Raum und alles was lebt." er nahm ihre Hand und legte diese auf den kühlen Durastahl. Zögerlich schloss sie ihre Augen. Die Erinnerungen an ihre Meditationen kamen sofort hoch und erweckten dieses fast schon vertraute Gefühl tief in ihrem Inneren. Zeitgleich spürte sie die raue Hand des Jedi-Meisters, die sich um ihre Eigene schloss. Er half ihr, ihren Weg durch den Stahl zu finden, bis sie zwei Lebensformen auf der anderen Seite erreichte. Eine von ihnen war klein, die andere eher groß. Sie fühlten sich völlig unterschiedlich an, als hätten sie verschiedene Farben. Die kleine Lebensform schien golden zu sein. Ruhige Ströme in verschiedenen Nuancen waberten um sie herum und hüllten sie ein. Bei der großen Gestalt ging es deutlich flirrender zu. Grüne, blaue und gelbliche Töne vereinten sich zu einem kräftigen Fluss, der sich kontinuierlich bewegte und veränderte. "Ich weiß nicht, wer das ist, aber es ist bunt. Es sind zwei. Denke ich," murmelte Kelly leise. Sie war viel zu fasziniert von der aktuellen Situation. Als Windu sie losließ, hielt dieses Bild in ihrem Kopf noch einen Moment lang an, bis sie die Konzentration verlor. "Hrm, nicht schlecht. Besser als nichts." Er öffnete die Tür und schon sie hinein. "Ah, da seid Ihr ja. Ich hatte schon befürchtet, ich sehe keinen von Euch wieder." Die fröhliche Stimme gehörte dem Jedi, den sie als größere Gestalt identifiziert hatte. Er war ein Nautolaner mit großen, dunklen Augen und dem breitesten Lächeln, das sie je bei einem Jedi gesehen hatte. Überrascht starrte sie ihn an, bis Windu sie noch weiter nach vorne schob. "Ich glaube, da hat jemand noch nie Glee Anselm besucht, kann das sein?" Er grinste weiter und gluckste amüsiert. Sofort schoss ihr das Blut in ihren Kopf. Ihre Wangen färbten sich rot. "Ja, sorry. Ich reise zwar viel, aber das ist doch... neu. Gefällt mir aber. Darf ich?" Sie hielt ihm ihre Hand hin, weil sie unbedingt wissen wollte, wie sich seine Haut anfühlt. Der Jedi nickte und reichte ihr die Seine. Instinktiv wollte sie seine Gestalt kopieren, doch das wurde abrupt gestoppt. Kelly hatte ihr Halsband vergessen. Der Stromschlag war so stark, dass es sie fast von den Füßen riss. Ihre Knie gaben unter ihr nach, sie schrie auf und krallte sich instinktiv in das kalte Metall. Als der Schock endlich aufhörte, spürte sie nur sehr stumpf die Sorge, die plötzlich den Raum erfüllte. "Fuck," keuchte sie leise und mühte sich auf die Beine. "Ich habe dieses Scheißding vergessen." Sie versuchte zu grinsen, aber der Schmerz war dafür noch zu präsent. Der Nautolaner legte vorsichtig eine Hand auf ihre Schulter. "Was war das?" "Dieses Halsband schockt mich, wenn ich mich versuche zu verwandeln. Ich habe das total vergessen..." Sie seufzte leise. "Ich weiß auch nicht, wie ich es loswerden kann." Windu begutachtete einen Moment lang ihren Hals, schien aber auch keine Lösung zu finden. Da huschte erneut ein Grinsen über die Lippen des Nautolaners. "Wenn nichts mehr geht, hilft nur noch Gewalt." Mit diesen Worten zündete er sein Lichtschwert und zerstörte das Folterinstrument in einem Zug, bevor auch nur einer der anderen Drei protestieren konnte. "Danke..." Kelly war sehr erleichtert. Es fühlte sich so an, als fielen tausend Steine von ihrem Herzen. "Können dann wir zum Thema kommen?" Die Tür war bereits wieder verschlossen, als die drei Jedi sich auf ihre Plätze setzten. Den dritten hatte sie als Yoda identifiziert. Mit ihm hatte sie immerhin schon einmal gesprochen. Der Nautolander stellte sich ihr als Kit Fisto vor. Nachdem sie sich auch hingesetzt hatte, nahm er ihr ein wenig Blut ab und träufelte es in ein kleines Gerät. Seine großen Augen beobachteten die kleinen Lichter, bis er den Kopf hob und die anderen Jedi ansah. "9200, nicht schlecht." Windu gab ein nachdenkliches Geräusch von sich. "Okay, ist das gut? Oder nicht gut? Ich kann mit dieser Zahl nichts anfangen..." "Jedes Lebewesen in der Galaxis hat Midichlorianer in seinem Blut," sagte Fisto und setzte sich wieder auf den runden Sessel. "Im Durchschnitt liegt dieser Wert in etwa bei 1000 bis 2000. Um ein Jedi zu werden braucht man mindestens einen Wert von 7000. Da liegst du offensichtlich weit drüber." "Okay, cool. Was passiert dann jetzt mit mir?" Kelly wusste nicht so ganz, wie sie mit dieser Information umgehen sollte. Klar, Windu hatte ihr gesagt, dass dies hier ein neuer Weg sein sollte, aber was genau passieren sollte, wusste sie nicht. "Obi-Wan hat darum gebeten, dass du eine Ausbildung bekommst. Natürlich bist du eigentlich viel zu alt, um anzufangen, aber du hast Potential. Wir befinden uns im Krieg, verschenktes Potential können wir derzeit nicht gebrauchen," stellte Fisto klar. "Außer uns dreien wissen kaum weitere Jedi von dir und unseren Absichten mit dir. Du wirst kein vollständiges Mitglied unseres Ordens werden, sei dir dessen bitte bewusst, aber du wirst eine Art Ausbildung bekommen, damit du an unserer Seite kämpfen und das Licht verteidigen kannst." Diese Worte überraschten Kelly doch sehr. "Obwohl ich Skywalker angegriffen habe?" "Wir befinden uns im Krieg." Windu sah sie streng an. "Du bist außerdem nicht die einzige, der das schon passiert ist. Aber in Zukunft vermeidest du das bitte, insofern du annimmst, natürlich." "Bevor ich mich entscheide habe ich noch ein paar Fragen. Wo werde ich dann leben? Kann ich in meiner Thunder bleiben? Und was passiert mit Celsa? Ich kann sie nicht alleine lassen." Sie betrachtete die drei Jedi vor ihr nacheinander. Sie waren sehr unterschiedlich, nicht nur im Aussehen sondern auch charakterlich. Sie warfen sich kurz ein paar bedeutungsschwere Blicke zu, bevor Fisto zu ihr sprach: "Wer ist Celsa?" "Mein Narglatch, meine beste Freundin. Skywalker wollte sie töten lassen, aber einer der Klone hat sie gerettet. Ich weiß nicht genau, wo sie ist, aber ich vermisse sie." "Ich kümmere mich darum, versprochen." Er lächelte sie erneut an, stand auf und verließ den Raum. "Wenn du möchtest, kannst du in deinem Schiff schlafen, aber dir steht ein Zimmer zur Verfügung." Auch Windu erhob sich jetzt. "Ich werde gehen. Wir sprechen uns morgen." Er verbeugte sich, drehte sich um und ging. Kelly blieb bei Yoda zurück. Sie spürte, dass er sie eingehend beobachtete. "Dass er noch lebt, weißt du, nicht wahr?", fragte er leise. Seine Stimme wirkte irgendwie beruhigend. "Ja... Er war kurz in meiner Zelle. Ich habe ihm eine reingehauen... Dann hat er mir gesagt, wer er ist und was los ist. Ich weiß, dass ich es niemandem sagen darf." "Gut. Auch diese Mission ein Ende haben wird. Bis dahin, seid geduldig und die Zeit zum Lernen nutzt." Der kleine Großmeister lächelte sie ermutigend an. 

Kurze Zeit später bekam Kelly endlich ihre Rüstung zurück. Sie war größtenteils unbeschädigt, dafür aber noch voller abgeschnittener Haare. Sobald sie in ihrem Schiff sein würde, bekäme sie eine ordentliche Reinigung. Auf dem Landeplatz des Tempels erwartete sie dann noch eine Überraschung. Celsa wurde von Kit Fisto an der Leine zu ihr gebracht. Der blaue Narglatch rannte sie fast um und Kelly teilte seine Freude sehr. Überglücklich schloss sie ihre beste Freundin in ihre Arme, bevor sie mit ihr in die Thunder zurückkehrte und zum ersten Mal seit Wochen zufrieden und mit einem Gefühl der Sicherheit einschlief.

How to become a JediWo Geschichten leben. Entdecke jetzt