8. ᴛᴀɢ, ɴᴀᴄʜᴍɪᴛᴛᴀɢ - ᴘʀᴏʙᴇ ᴜɴᴅ ʙᴇsᴜᴄʜ

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Der Paso Doble ist mit Abstand der schwierigste Tanz bis jetzt und ich fühle mich, als würde ich wieder ganz am Anfang stehen. Nichts will so richtig klappen und ich rechne jeden Moment damit, dass Louis das Handtuch wirft und mich genervt stehen lässt.

Doch trotz der angespannten Situation, in der wir uns Dank letzter Nacht befinden, nimmt er mir keinen Fehler übel und holt mit mir gemeinsam tief Luft, wenn ich kurz davor bin, an die Decke zu gehen, weil ich diesmal nicht einmal den Grundschritt richtig beherrsche.

"Ich weiß, der Tanz ist sehr schwer zu zählen", sagt er gerade. "Aber mit ein bisschen Übung schaffen wir das schon."

"Ich finde es schrecklich, dass man diesen barbarischen Stierkämpfen auch noch einen eigenen Tanz widmet", erwidere ich, denn seit er mir erklärt hat, worum es bei dem Paso Doble geht, kann ich nicht aufhören an die armen Tiere zu denken.

"Natürlich ist es nicht gerade toll, aber wir sind in keiner Arena, ich bin kein echter Torero und du bist ja auch kein Stier."

"Repräsentieren soll es diese Dinge trotzdem."

"So kommen wir aber nicht voran", seufzt er und zupft an seinem Shirt, das schon etwas an seinem Körper klebt. "Du musst übrigens etwas mehr auf deine Körperspannung achten, das war beim Walzer schon ein Manko. Der Paso Doble ist dramatisch. Und du musst genauso dramatisch sein und vor allem stolz und ein wenig arrogant."

"Okay", nicke ich und stelle mich für einen weiteren Durchgang der bisher gelernten Schritte und Figuren hin, doch Louis schüttelt den Kopf.

"Ich glaube, wir sollten es gut sein lassen. Eleanor hat mir erzählt, dass sie und ein paar andere heute Abend geplant haben, dass wir uns alle zusammen setzen und uns etwas besser kennenlernen. Davor brauchen wir glaube ich beide eine Pause."

Sein Vorschlag ist mir nur recht und so schalten wir den Boléro stumm und verlassen den Trainingsraum.

Es ist als hätten wir nur durch die Probe einen Grund für ein Gespräch gehabt, denn wir schweigen uns an, bis sich unsere Wege trennen und wir ohne eine Verabschiedung in entgegengesetze Richtungen zu unseren Zimmern gehen.

Dort angekommen nehme ich mir, bewaffnet mit einigen Putzmitteln, erst einmal das Klo vor und genehmige mir dann eine kurze Dusche, bevor ich mich umziehe und aufs Bett lege, um etwas zu entspannen und eventuell kurz zu schlafen.

Doch ich komme kaum zur Ruhe, denn meine Gedanken drehen sich ausnahmslos und einzig alleine um Louis, und so stehe ich irgendwann auf und noch bevor ich richtig begreife, wohin mich meine Beine tragen, befinde ich mich vor seiner Tür und habe die Hand gehoben, um zu klopfen.

Zögernd lasse ich meine Knöchel aufs Holz niedersinken und kaue nervös auf meiner Lippe herum, als mich seine gedämpfte Stimme hereinbittet.

Plötzlich furchtbar nervös drücke ich die Klinke hinunter und betrete sein Zimmer, bevor ich sorgfältig wieder abschließe.

Louis liegt unter einer Bettdecke, die er sich wohl irgendwie organisiert haben muss, denn seine alte hat er nie zurückgeholt. In den Händen hält er ein Buch, das laut der Aufschrift allerlei Tänze, deren Aufbau und Übungen für Anfänger beinhaltet.

"Hi... ", bringe ich nur mühsam heraus und erhalte einen kurzen Blick, bevor er sich wieder seiner Lektüre widmet.

"Hey. Brauchst du etwas?"

"Eigentlich nicht", gestehe ich und schlucke. Jetzt, nachdem er mich gefragt hat, erkenne ich erst, wie bescheuert es gewesen ist, einfach so in sein Zimmer zu platzen, ohne zu wissen, was ich ihm sagen möchte.
"Woher hast du die Decke?", frage ich also, um meine Unsicherheit zu überspielen.

"Aus dem Bettkasten. Da gibt es Reserve."

Stumm nehme ich seine Antwort zur Kenntnis, die mir nicht wirklich weiteren Gesprächsstoff liefert, wenn ich ihn nicht zu einer Unterhaltung zwingen möchte.

"Ist alles okay?" Er lässt das Buch sinken und sieht mich aus seinen hübschen, blauen Augen aufmerksam an. "Du stehst da wie bestellt und nicht abgeholt."

"Hat es dir nicht gefallen?", platzt es, durch seine Worte ermutigt, aus mir hervor. "Gestern. Ich habe das Gefühl, du nimmst es mir übel, und das fände ich nicht fair, weil du angefangen hast."

Einen Moment lang starrt er mich einfach nur an, doch dann schlägt er die Decke zur Seite und winkt mich mit einer Handbewegung zu sich. "Komm her", bittet er und ich gehe der Forderung nach, ohne mich auch nur eine Sekunde zu weigern.

Mit pochendem Herz krabble ich zu ihm aufs Bett und lege mich direkt neben ihn. Noch ehe ich mich anders entscheiden kann, hat er meinen Hinterkopf umfasst und mich auf seine Brust gedrückt, wo ich mich widerstandslos niederlasse.

"Ich nehme dir gar nichts übel", stellt er mit gesenkter Stimme klar und zieht die Decke über mich.

"Dir ist bewusst, dass ich ein Mann bin, oder?"

"Harry, ich bin nicht blöd. Zwischen einem Penis und einer Vagina kann ich tatsächlich noch unterscheiden."

"Das meinte ich nicht. Ich meine, du fetischisierst mich nicht, nur weil ich Kleider trage oder sowas, oder? Hast du dir vorgestellt, dass ich eine Frau bin?"

Er atmet spürbar durch und klappt das Buch endgültig zu, um es auf das Nachtkästchen zu legen. "Nein, ich habe mir gar nichts vorgestellt. Du warst du und ich war ich und das hat gereicht." Vorsichtig streicht er mir durch die Haare und hält kurz inne, als wäre er sich nicht sicher, ob er es tun sollte, doch dann macht er weiter und ich schließe seufzend die Augen. "Aber ich... ich bin nicht schwul oder sowas."

"Okay", erwidere ich leise und weigere mich, die Lider zu öffnen und nach seiner Aussage einfach den Raum zu verlassen, auch wenn ich es im ersten Moment gerne tun würde.

Wieso ist er dann in der Nacht über mich hergefallen, wie ein ausgehungertes Tier? Wieso hat er nicht sofort aufgehört, als er mich nackt gesehen hat, wie ich es eigentlich vermutet habe? Wieso lässt er mich jetzt in seinem Bett liegen und liebkost meinen Kopf?

Hat er mich einfach nur gerne - rein freundschaftlich? Hat er ein schlechtes Gewissen wegen dem, was passiert ist, und denkt, er müsste mich trösten? Oder hat er einfach nur keinen Mut dazu, sich einzugestehen, dass er vielleicht doch nicht ganz hetero ist?

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Ich wünsche euch einen schönen Sonntag :)

Auf bald,
Maybe

[1031 Wörter]

Golden || larry stylinson fanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt