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Draco lächelte verlegen und versuchte wegzugucken; es fiel ihm allerdings schwer. Pansy boxte ihm freundschaftlich und dämlich grinsend immer auf den Arm. »Du stehst ernsthaft auf Harry!«

Der Slytherin kratzte sich am Hinterkopf. »Kann schon sein, ja.« Er hatte nicht gewusst, wie befreiend es war, es jemandem zu erzählen. Es fühlte sich gut an.

»Merlin, hätte mir jemand vor fünf Jahren gesagt, dass du dich in Harry verlieben würdest, hätte ich 'nen Besen gefressen.«, lachte Pansy dämlich.

Draco seufzte auf, aber lächelte. Er versuchte seinen Blick von Harry abzuwenden, aus Angst er könnte bemerken, dass Draco ihn anstarrt.
»Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich das als "verliebt" bezeichnen kann«, dachte Draco nach. Er legte seinen Kopf in den Nacken und schloss kurz seine Augen.

»Was fühlst du denn, wenn du an Harry denkst?«

Und da hörte es auch schon wieder auf - Draco blickte wieder rüber zu dem Jungen, der ein Lächeln auf dem Gesicht hatte. »Ich weiß nicht .. es fühlt sich gut an, wenn er bei mir ist. Ich hab das Gefühl, dass Harry mich versteht. Weil er mich nicht mehr verurteilt, sondern meine Fehler von früher vergessen hat. Er hat es geschafft mir zu verzeihen. Er ist unglaublich nett zu mir. Keine Ahnung, er schafft es irgendwie, dass ich mich so geborgen und sicher fühle bei ihm. Bei ihm brauche ich mich nicht verstellen.« Dracos Wangen waren mittlerweile wieder rötlich gefärbt. Er lächelte. »Er hat irgendwas an sich, was mich nicht mehr loslässt. Er gefällt mir wirklich sehr. Ich würde ihn so gern besser kennenlernen.«

Pansy lächelte sanftmütig. Er blickte rüber zu Harry. »Ist er nicht mit Ginny zusammen?«
»War«, korrigierte Draco, »Sie haben Schluss gemacht. Harry hat mir erzählt, dass den beiden irgendwas gefehlt hat; sie wissen nur nicht, was es ist.«

»Ist er hetero-?«

Draco seufzte auf. »Keine Ahnung. Ich habe mich nicht getraut ihn zu fragen.«, meinte Draco. Er starrte wieder auf den Steinweg.
»Wird schon, Draco. Mach dir keinen Kopf.« Sie tätschelte sanft seinen Rücken. Dankbar sah er sie an. »Danke, Pans.«

Er umarmte sie vorsichtig; Pansy war das nicht gewohnt, normalerweise war das nicht typisch für Draco. Draco umarmte nicht oft, es kam selten bei ihm vor, aber wenn er das tat, dann meinte er das aufrichtig und ehrlich.

___

Es war mitten in der Nacht, mitten in der Schlacht von Hogwarts. Die Bilder fühlten sich realistisch für Harry an. Er konnte sehen, wie Todesser Flüche auf die Schüler feuerten. Wie irre rannte Harry umher. Sein Herz raste und er spürte die Angst in seinen Nerven. Er konnte Fred und George sehen.
Etwas explodierte und Fred wurde getroffen. Der Zwilling fiel tot zu Boden.

»Nein! Fred! FRED!«



Harry schreckte panisch hoch. Er war wie schweißgebadet. Heiße Tränen flossen an seinen Wangen herunter. Sein Kopf pochte vor Schmerz. Mühsam wischte er sich die Tränen weg. Der Gryffindor musste aufpassen, dass er nicht zu laut wimmerte. Er versuchte nach seinem Zauberstab auf seinem Nachttisch zu greifen. Als er seinen Stab spüren konnte, atmete er zittrig aus. Er schwang leise seine Beine vom Bett. »Lumos.«, wisperte Harry unter Tränen.
Als es aufleuchtete, zog sich Harry seine Pantoffeln an, erhob sich vom Bett und griff nach seinem Tarnumhang, der ordentlich gefaltet auf der Kommode lag. Leise zog er sich den Umhang über und tapste langsam auf seinem Schlafsaal. Harry brauchte frische Luft. Eigentlich wollte er den Astronomieturm meiden, aber es ging nur schwer.

[...]

Als Harry beim Turm ankam, zog er sich vorsichtig den Umhang ab. Es war kühl, aber es war Harry gerade echt egal. Er spürte, wie er eine Gänsehaut bekam.

Stumm sah er zum Nachthimmel hoch. Er fing an nachzudenken. Über die Schlacht, über Voldemort, über seine Eltern und Freunde, über George. Harry hatte sich nach all der Zeit immer noch nicht damit abgefunden. Er fühlte sich grauenvoll, weil er sich verantwortlich fühlte. Er hatte das nie gewollt. Er hatte nie gewollt, dass geliebte Menschen wegen ihm sterben. Er konnte spüren, wie er neue Tränen verlor. Er kniff gequält die Augen zusammen und legte seinen Kopf in den Nacken.

»Harry!«

Sein Weinen stoppte abrupt und sein Herz setzte für wenige Sekunden aus. Erschrocken drehte er sich um und hielt seinen Zauberstab aus Reflex bereit. Als er sah, dass es bloß Draco war, lies er seinen Stab senken. Er rieb sich die Augen; er wollte nicht, dass Draco sah, dass er geweint hatte. Er wollte seine Verletzlichkeit und Trauer verbergen. Er atmete schwer aus. »Du bist's.«, murmelte er, als sein Herzschlag sich wieder verlangsamte.

Draco sah ihn verdattert an. »Bist du okay?« Harry antwortete nicht. Er hatte beschämt den Kopf gesenkt. Der Schwarzhaarige wollte seine Tränen verstecken.

Vorsichtig ging Draco auf den Jungen zu und legte ihm sachte eine Hand auf die Schulter. Zögerlich hob Harry seinen Kopf und sah Draco traurig an. Seine Augen waren noch feucht wegen den Tränen.

»Hey«, wisperte Draco ruhig. »Du musst mir nicht sagen, was mit dir ist.« Der Gryffindor nickte stumm und musste schlucken.
Zaghaft lehnte Harry sich mit seinem Kopf gegen die Brust des Jungen. Er verlor wieder einige Tränen.

Sie knieten vorsichtig und langsam zu Boden. Draco zog Harry vorsichtig zu sich, sodass der Junge auf seinem Schoß saß, wie ein kleiner Junge, der von seinem Vater getröstet wird. Die zwei waren sich so nahe, dass Harry den Atem von Draco spüren konnte. Er erzitterte buchstäblich an einer Gänsehaut. Es fühlte sich nicht schlecht an; es fühlte sich eigentlich gut an. Harry war es jetzt völlig egal geworden, dass er in der Anwesenheit von Draco weinte. Es interessierte ihn nicht, ob er sich wie ein fünfjähriger Junge verhielt. Harry war auch bloß ein Mensch. Er war auch verletzlich und hatte das Recht dazu, zu weinen. Zaghaft schnupperte Draco an Harrys Haaren. Sie rochen gut. Harry lehnte sich noch ein Stück mehr an Draco, sodass Draco sich gegen die Steinmauer lehnte. Sanft fuhr Draco durch die Haare des Jungen. Schnell holte Draco seinen Zauberstab hervor. »Lumos«, flüsterte er, damit es nicht ganz so dunkel war. Sein Stab leuchtete auf. Vorsichtig legte er ihn beiseite. Harry beruhigte sich nach einer kleinen Weile wieder. Er war froh über die Anwesenheit von Draco. Es tat so unfassbar gut.

»Danke.«, wisperte Harry schüchtern.

Dracos Körper erwärmte sich. Sein Herz beschleunigte sich und Harry konnte das spüren. Er lag auf der Brust des Größeren, weswegen er deutlich spüren konnte, wie schnell Dracos Herzschlag war. Es besänftigte Harry auf eine Art und Weise, die völlig neu und fremd und dennoch richtig zugleich war.

»Ich bin da für dich, Harry. Deswegen hast du alle Zeit der Welt.«, murmelte Draco ruhig.

Irgendwann hatten Harrys Tränen aufgehört.
Stattdessen musste Harry nun müde lächeln. Er spürte, wie ihm wärmer wurde. Harry fühlte, wie er zugedeckt wurde von einem Umhang; es war sein Tarnumhang. Draco musste ein bisschen lächeln, weil es irgendwie seltsam war, Harrys Körper zu spüren, ihn aber nicht zu sehen, sondern nur den Kopf. Der Slytherin hörte nicht auf, behutsam durch die Haare des Jungen zu gehen. Harry schloss ruhig langsam und müde seine Augen und atmete regelmäßig ein und aus. Es herrschte komplette Stille, und es war gut.

Harry bemerkte nicht mehr, wie er dabei in den Halbschlaf fiel. Harry verfiel in einen tiefen Schlaf, dieses Mal zum Glück ohne Albtraum.

Draco musste lächeln, als er kapierte, dass Harry wohl eingeschlafen war. Er griff wieder nach seinem Zauberstab. »Nox.« Der leuchtende Punkt verschwand. Er konnte fühlen, wie der Gryffindor regelmäßig ein- und ausatmete. Das Atmen von Harry beruhigte ihn so sehr, dass Draco das Bedürfnis bekam, auch zu schlafen. Sanft fuhr er ein letztes Mal durch die wirren schwarzen Haare und roch noch einmal an ihnen. Merlin, Harry roch so gut. Draco musste müde lächeln.

»Schlaf gut, Harry.«















Ich hasse es, dass die Kapitel so kurz manchmal sind.

Not as different as we thought || 𝐃𝐫𝐚𝐫𝐫𝐲Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt