Kapitel 8.

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Am nächsten Morgen wachte Natascha mit den schlimmsten Kopfschmerzen seit einer Ewigkeit auf. 
"Hi!", begrüßte Sofie sie.
"Morgen."
"Na wie geht's?", fragte Sofie und verkniff sich ein Lachen.
"Scheiße!", erst jetzt sah Natascha die leere Flasche auf der Küchentheke.
"Hab ich die ganz alleine getrunken?"
"Ja. Und das war eigentlich meine."
Natascha gab ein gequälten Seufzer von sich und griff nach eine Asperin-Tablette.

"Erinnerst du dich noch an irgendwas von gestern Abend?", fragte Sofie vorsichtig. Irgendwo hoffte sie dass Natascha sich an den Kuss erinnert. Andererseits war sie betrunken und es bedeutete wahrscheinlich nichts.
"Du bist weggegangen und ich hab was gegessen und Fernsehen geschaut. Irgendwann wollte ich schauen ob wir irgendwas zu knabbern haben und hab die Flasche gefunden. Mehr weiß ich nicht. Ich hab so einen Filmriss.", sagte Natascha und ließ sich wieder ins Kissen fallen. "Bitte sag mir dass ich nichts dummes getan hab."
"Nein, du hast schon geschlafen als ich gekommen bin.", log Sofie. "Ich geh dann mal einkaufen."

Sie zog sich ihre Schuhe an und verließ die Wohnung. Eigentlich brauchten sie nix, außer vielleicht eine neue Flasche Alkohol, aber Sofie wollte erstmal daraus. 

Auch wenn der Kuss nichts bedeutete, immerhin war Natascha sturz besoffen, hoffte Sofie irgendwie, dass sich Natascha noch daran erinnern. Sie wusste selber nicht wieso. Wenn sie sich daran erinnern würde, wäre es bestimmt seltsam zwischen den beiden und das wollte Sofie erst recht nicht.

Sie ging einen riesigen Umweg zum Supermarkt. Die frische Luft tat ihr gut. Sie konnte nach dem gestrigen, anstrengenden Arbeitstag und der wirklich seltsamen Nacht eine Pause von all dem Stress gut vertragen und einmal ihre Kopf frei krigen.
Wie oft sie eine solche Situation schon hatte. Vor Allem während der Zeit im Redroom war sie bei jeder Gelegenheit nach draußen. Der Innenhof war dazu ihre einzige Möglichkeit. Er sah sehr traurig aus, aber so sah es dort überall aus.
Oft erinnert sie sich an diesen einen Tag, genau eine Tag vor ihrer Flucht:

Wie so oft stand Sofie in dem grauen Innenhof. "Bist du schon wieder hier?", sagte Madam B. die gerade erst in den Innenhof kam. Schnell Drehte Jofie sich um und nickte. "Bereit?", fragte wieder Madan B. Natürlich wusste Sofie was sie meinte, die Abschlusszeremonie. Wieder nickte Sofie auch wenn sie nicht die Abschlusszeremonie dachte, sondern an ihre Plan, endlich da raus zukommen. "Du bist die Beste, Soffin. Die Zeremonie ist notwendig, damit du deine Platz in der Welt findest"  Natürlich wusste Sofie die einzige richtige Antwort. “Ich habe keinen Platz in der Welt” “Richtig!”

Faltsch! Das wusste Sofie jetzt. Noch bis vor kurzem hatte sie an diese Aussage geglaubt. 
Immerhin bestand ihr Lebensinhalt darin, ein wenig Geld zu verdienen (manchmal mehr, manchmal weniger), höchstens zwei Wochen an einem Ort zu bleiben und sich dann weiter weg, mit den möglichst wenigsten Reisekosten, einen neue Wohnung zu suchen. Jetzt war es zwar auch so, aber wenigstens war sie nicht alleine.

Endlich kam sie dann am Supermarkt an. Sie fühlte sich immer noch ein wenig unwohl. Überall hangen Kameras und sie konnte nicht wissen wer sich vor den Bildschirmen herumtreibt. Sie konnte nicht wissen ob der Redroom die Kameras anzapfte oder vielleicht sogar hier im Laden nur darauf warteten aus ihrem Versteck zu stürmen und sie mit zu nehmen.
Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte griff sie nach einer neuen Flasche Wodka und eine Tafel Schokolade und ging zur Kasse. Wie immer hielten alle sie für 16 weswegen sie ihren Ausweis rausholte. Sie hatte sich bei ihrer Einreise nach Amerika besorgt. Sie bezahlte und war schneller raus als sie reingekommen war.

Dieses Mal ging sie den kürzeren Weg. Es war warm draußen und sie wollte die Einkäufe in den Kühlschrank stellen…

Tag 82Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt