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Unter Schock stehend blinzele ich die Tränen aus meinen Augen fort, um wieder eine klare Sicht zu haben. Leider ist es kein böser Traum, sondern Realität. Ich bin dermaßen blöd. Ich bin in meinem blinden Schmerz dem Feind geradewegs in die Arme gelaufen. Toll gemacht, Zemira! Wirklich ganz großartig! Das hat mir gerade noch gefehlt.

"Was willst du?", frage ich Prinz Ash und zwinge mich dazu, mir meine aufkeimende Angst nicht anmerken zu lassen.

"Dasselbe könnte ich dich auch fragen", erwidert dieser ungerührt. Dann präsentiert er mir sein unheimliches Grinsen, und ich erschaudere unangenehm. "Aber es freut mich, dass du doch noch vorbeischaust. Langweilt dich dein Prinzlein?" Ich schlucke und kann nur den Kopf schütteln, denn die Angst erschwert jede meiner Reaktionen.

Doch Ash zuckt nur mit den Schultern und meint: "Auch gut." Es folgt eine kleine Pause, in welcher in ihn nervös und mit tränennassen Wangen anstarre und er mich mit seinem typischen, herablassenden Blick mustert.

"Wenn du mir schon einmal in die Falle gegangen bist", fährt er schließlich fort. "Hast du sicherlich Verständnis dafür, dass ich die Gelegenheit beim Schopf packen muss." Es folgt eine erneute Pause, in welcher ich mich gar nicht erst fragen möchte, was genau er damit meint.

"Du hättest dir wenigstens etwas Schöneres anziehen können", meint er schließlich abfällig und lässt mich kurz los, um die Tür in seinem Rücken zu öffnen. Im Anschluss umfasst er grob mein Handgelenk und will mich hinter sich her in den Raum ziehen. Doch glücklicherweise entscheidet sich mein Gehirn genau in diesem Augenblick dazu, wieder den Betrieb aufzunehmen, sodass ich aus meiner Schockstarre erwache und mich losreiße.

Tatsächlich habe ich bei meiner unerwarteten Gegenwehr das Überraschungsmoment auf meiner Seite und sehe gerade noch den verdutzten Ausdruck in Ash' Gesicht, ehe ich die Gelegenheit nutze und losrenne. Leider erholt sich auch der Prinz sehr schnell wieder von seiner Überraschung. Darum komme ich keine drei Meter weit, ehe sich kräftige Arme um meinen Oberkörper schlingen und mich zurückreißen.

Ich ächze auf, überrascht von dieser groben Behandlung. Aber auch ich raffe mich sehr schnell wieder auf und fange an mich zu wehren, indem ich zappele und versuche nach ihm zu schlagen und zu treten und mich aus seinem Griff zu befreien. Gleichzeitig rufe ich, so laut ich kann: "Nein! Lass mich auf der Stelle los! Nein! Hiiilfeee!"

Das alles tue ich in der Hoffnung, auf diese Weise auf mich aufmerksam machen zu können, sodass mir mit Glück jemand zu Hilfe eilt. Aber Prinz Ash scheint meine Gegenwehr nicht zu gefallen, denn er faucht mich an: "Halt den Mund, du Biest!"

Doch ich denke gar nicht daran und wehre mich nur noch mehr. Daraufhin versucht Ash, mir seine Hand auf den Mund zu pressen und mich somit zum Schweigen zu bringen. Aber ich lasse es mir keineswegs gefallen und beiße ihm so kräftig wie möglich in die Hand. Es folgt ein schmerzhafter und wütender Aufschrei und ich werde losgelassen und lande kurz darauf unsanft auf dem Boden.

Als ich dabei bin mich aufzurappeln, entdecke ich Roy, der soeben in den Flur tritt und offenbar nach der Quelle für die Unruhe sucht. Unterdessen treffen sich unsere Blicke und ich kann dabei zusehen, wie seine Gesichtszüge entgleisen, er blass wird und wie erstarrt an Ort und Stelle stehen bleibt.

Währenddessen versuche ich, immer noch auf Händen und Füßen, in seine Richtung zu krabbeln und rufe ihm nebenbei zu: "Roy! Hilfe! Ash will mich entführen!" Doch auch diesmal komme ich nicht sehr weit, ehe mein Bein gepackt und ich erneut zurückgerissen werde. Wobei ich den Halt verliere und ein Stück über den harten Boden schleife. Mir entfährt ein schmerzlicher Laut, denn ich spüre wie meine Hände und mein Knie durch die schleifende Bewegung aufgeschürft werden.

Dann vernehme ich durch den Schleier meines Schmerzes hindurch Roys wutverzerrte Stimme. "Lass sie los oder es wird dir noch leidtun! Das schwöre ich!" Aber seine Drohung hält Ash nicht davon ab, mich weiterhin über den Boden zu schleifen. Jedoch vernehme ich im nächsten Augenblick polternde Schritte, die schnell näherkommen. So, als würde jemand rennen.

Der Zauber des DiamantkönigreichesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt