Ich bin wütend. Wirklich unglaublich, unfassbar wütend. Ich fühle mich verraten und belogen. Es ist für mich unbegreiflich, dass es bisher niemand für nötig gehalten hat, mir die Wahrheit zu sagen. Schließlich ist dieser Fluch keine Kleinigkeit. Und alle anderen wollen mir ganz sicher nicht weiß machen, sie hätten nichts von dem Fluch gewusst. Das ist etwas, was alle Reiche gleichermaßen betrifft.
Ich kann zwar nun viel besser verstehen, warum ich wie eine politische Schachfigur von einem zum nächsten weitergereicht wurde und weshalb mit aller Macht um eine Verbindung mit mir gebuhlt wurde. Das entschuldigt natürlich in keiner Weise deren Verhalten. Aber ich kann ganz und gar nicht nachvollziehen, warum es niemand für nötig hielt, früher mit der Sprache herauszurücken. Es ist zwar sicherlich kein leichter Schritt für Victoria gewesen, aber das entschuldigt nicht, dass mich alle so lange im Dunklen ließen und mir eine derart wichtige Sache verschwiegen haben.
Wahrscheinlich haben mich meine Widersacher darum extra nicht in das Geheimnis um den Fluch eingeweiht. Das erklärt jedoch noch lange nicht, warum Arthur und Victoria so lange geschwiegen haben. Sie sind immerhin meine leiblichen Eltern. Doch vor allem: warum hat Roy nie etwas gesagt? Ich bin davon ausgegangen, dass ich ihm etwas bedeute. Aber anscheinend bin ich ihm weniger wichtig, als ich dachte.
"Zemira, bitte sag doch etwas!" Die flehende Stimme von Victoria dringt unmittelbar durch den Schleier meiner Wut hindurch und erreicht mein Bewusstsein. Daraufhin wende ich ihr mit einem wütenden Funkeln in meinen Augen das Gesicht zu. Sie wirkt ängstlich und macht sich unter meinem Blick sogar noch etwas kleiner. Doch es ist mir egal.
"Glaub mir, du willst nicht, dass ich etwas dazu sage", antworte ich mit eisiger Stimme. Woraufhin sie zusammenzuckt und sich auf die Unterlippe beißt, ehe sie den Blick auf den Boden richtet. Aber damit kann sie mich nicht erweichen. Und ich habe auch noch eine Frage an sie.
"Wer hat mich damals in die Menschenwelt geschickt?" Trotz meiner Wut kann ich mich daran erinnern, dass mir Victoria bei meinem ersten Aufenthalt in diesem Reich erzählt hat, dass ich in die Menschenwelt gezaubert wurde. Vielleicht kann mich diese Person wieder zurückschicken, weil sie es schließlich schon einmal getan hat.
Die Königin hebt bei meinen Worten den Blick und sieht mir wieder ins Gesicht. Ihre Züge werden zwar nicht mehr von Angst gezeichnet. Doch es liegt Verunsicherung in ihnen.
"Eine Magierin namens Destiny." Eine Magierin, die den Namen "Schicksal" trägt. Wie passend das doch ist.
"Und wo finde ich diese Destiny?"
"Sie lebt zurückgezogen in einer Höhle im Diamantkönigreich. Warum willst du das wissen?"
"Das geht dich wirklich nichts an", antworte ich trocken, ehe ich mich abwende und schnurstracks zurück zum Schloss gehe. Soll sie doch denken, was auch immer sie möchte. Es interessiert mich nicht. Ich werde doch ohnehin nur belogen. Wer weiß, was mir noch alles verschwiegen wurde. Deswegen geht es sie auch nichts mehr an, was ich vorhabe. Schließlich bin ich mir über meinen Plan selbst noch nicht ganz im Klaren. Ich weiß nur, dass ich diese Welt schnellstmöglich verlassen will, denn ich möchte kein Leben führen, in welchem ich nur von allen hintergangen werde.
In meinem alten Leben war zwar auch nicht alles perfekt, aber meine Freundinnen und meine Adoptiveltern haben mich nie so schändlich belogen. Darum will ich zu ihnen zurück.
Ich biege in diesem Moment um eine Ecke und bin dabei so tief in meinen Gedanken versunken, dass ich beinahe mit jemandem zusammengestoßen wäre. Abrupt bleibe ich stehen und hebe den Blick. Ich will mich schon entschuldigen, als ich erkenne, dass Roy vor mir steht und mich anlächelt. Er besitzt tatsächlich die Dreistigkeit, mich anzulächeln! Unfassbar! Weswegen ich ihn genauso wütend anfunkele, wie ich zuvor auch Victoria angefunkelt habe.
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Der Zauber des Diamantkönigreiches
Fantasy- wird überarbeitet- Jewel Kingdoms- Vier Königreiche und ein Fluch. Band 1 Eigentlich sollte Zemira sich glücklich schätzen können, da sie den Traum vieler Frauen lebt, denn ihr Verlobter bietet ihr ein Leben im Luxus. Trotzdem ist Zemira unglückli...