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Am nächsten Tag wird meine Kiste mit meinen wenigen Kleidungsstücken darin auf der Kutsche verladen. Viele Habseligkeiten habe ich nicht und die Kleidung würde ich nicht als Eigentum bezeichnen, denn diese ist für mich entbehrlich und meine Kleidung, mit der ich damals herkam, wurde wahrscheinlich entsorgt. Außerdem habe ich meine Tasche mit meinem Handy darin und sonstigem Kram sind auf meiner Reise ins Diamantkönigreich verloren gegangen. Dementsprechend habe ich nichts mehr bei mir, was mir etwas bedeutet.

Nachdem ich in die Kutsche eingestiegen bin und auch Prinz Roy schweigend mir gegenüber Platz genommen hat, verlassen wir das Schloss und ich blicke keine Sekunde lang zurück, denn ich vermisse nichts von alledem. Nicht die Menschen in diesem Reich, die ich gar nicht kenne und schon gar nicht die Intrigen. Und vor allem werde ich nicht vergessen, wie schlecht ich im Smaragdreich eigentlich behandelt wurde. Sowohl dort als auch im Saphirkönigreich. Deswegen hoffe ich umso mehr, dass mich der Aufenthalt im Rubinreich positiv überraschen wird, da ich nicht mehr betrogen und getäuscht, manipuliert und verhöhnt werden will. Auch heiraten möchte ich nicht. Aber vielleicht muss ich das auch nicht. Vielleicht eröffnet sich mir noch ein Weg, über welchen ich bisher nicht nachgedacht habe. Und ganz vielleicht finde ich doch noch einen Weg zurück in meine Welt, wenn es das Schicksal so will.

Bei diesem Gedanken hätte ich beinahe höhnisch aufgelacht, weil mir der Film "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" in den Sinn gekommen ist. Wie wahr es doch ist, denn ich habe mich zwar zum Zeitpunkt, an welchem ich unerwartet ein Portal in eine andere Welt gefunden habe, an einem Wendepunkt in meinem Leben befunden. Jedoch sollte das noch lange kein Signal dafür gewesen sein, dass ich aus heiterem Himmel komplett verschwinden möchte, da ich zwar etwas verändern wollte. Aber doch nicht auf diese Weise. Mich in einer völlig anderen Welt wiederzufinden, in welcher ich mit einem ziemlich drastischen Rollenwechsel konfrontiert werde, gehört ganz sicher nicht zu meiner Vorstellung von einer Veränderung in meinem Leben. Dabei hatte ich eher daran gedacht, mir eine neue Wohnung zu suchen und wahrscheinlich auch einen anderen Job. Und natürlich Lukas aus meinem Leben zu streichen. Doch diese Veränderung ist für meinen Geschmack etwas zu groß.

Mal abgesehen von dem sehr unpraktischen Kleidungsstil für Frauen in dieser Welt, auch wenn die Kleider hübsch aussehen. Aber diese altertümlichen Vorstellungen einer Gesellschaft und allem voran diese altmodische Sprache sind für mich einfach nur mehr als gewöhnungsbedürftig. Ich weiß auch nicht, ob ich mich jemals daran gewöhnen kann eine Prinzessin zu sein und an die Erwartungen, die an diese Rolle geknüpft sind. Das ist einfach so weit von der Vorstellung entfernt, wie ich mir mein Leben wünsche. Natürlich möchte ich auch gerne heiraten, aber aus Liebe und nur aus Liebe und ich will schon gar nicht irgendwann als eine Königin, ein Reich regieren.

Schließlich müssen so viele Entscheidungen getroffen werden, sodass allein schon die Vorstellung daran Übelkeit und Kopfschmerzen bei mir hervorruft, da es in Filmen immer so wirkt, als sei es einer wunderbaren Märchenwelt entsprungen, aber die Realität ist eben doch eine ganz andere. Das habe ich in der letzten Zeit immer wieder am eigenen Leib zu spüren bekommen. Darum frage ich mich, ob mein Schicksal sich einfach einen grausamen Scherz mit mir erlauben wollte, indem es mich komplett aus meinem bisherigen Leben herausreißt oder ob ich einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort war. Ich weigere mich einfach nach wie vor zu akzeptieren, dass dies von nun an mein Leben sein soll. Auch, wenn ich nach außen hin erst einmal gute Miene zum bösen Spiel mache. Das Schicksal ist eben einfach ein mieser Verräter.

In diesem Moment vernehme ich ein leises Räuspern, welches mich zurück in die Gegenwart holt und ich blicke automatisch auf. Dann hebe ich den kleinen Vorhang beiseite und werfe einen kurzen Blick aus dem Fenster der Kutsche. Dabei fällt mir auf, dass es mittlerweile zu regnen angefangen hat und ich mich abermals in einer anderen Welt wiederfinde, da die Landschaft vor meinen Augen auf einmal eine herbstliche Welt ist. Mit roten, gelben, braunen und leicht orange farbigen Blättern, welche die Bäume am Wegesrand schmücken und welche auch teilweise vom Wind durch die Luft gewirbelt werden oder ebenfalls am Boden verteilt liegen. Das ist also das Rubinkönigreich. Doch so lange ich auch angestrengt aus dem Fenster blicke, während der Regen sachte auf das Dach der Kutsche prasselt. Mir will sich das unverkennbare Merkmal dieses Reiches nicht offenbaren, welches sich in allen anderen Reichen bisher sofort bemerkbar gemacht hat. Sehr komisch. Vielleicht habe ich es aber auch einfach nur übersehen.

Der Zauber des DiamantkönigreichesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt