•𝑨𝑩𝑻𝑹Ä𝑮𝑳𝑰𝑪𝑯𝑬 𝑭𝑶𝑳𝑮𝑬𝑵•

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𝑀𝑎𝑟𝑖𝑏𝑒𝑙𝑙𝑒

Unerwartet erklingt ein kaum hörbares Knarzen, welches mein Herz vor großer Angst wie wild gegen meinen Brustkorb zum Schlagen bringt. Die fürchterliche Dunkelheit in diesem verlassenen Ort erschwert mir vollkommen die Sicht. Ein schwarzes Loch umhüllt mein Augenlicht, was mir schlagartig ein mulmiges Gefühl in der Magengrube bereitet. Die bittere Angst nagt sich in mir fest und lässt mich keineswegs los. Ich halte für eine Millisekunde die eingestaubte Luft angehalten, während meine Arme meinen halb entblößten Körper umschlingen, welche wie verrückt zittern. Mit festem und zugleich ängstlichem Blick behalte ich die verschlossene Tür im Visier, welche ich keineswegs aus den Augen lassen kann. Ich befürchte schon, dass ich dieses Mal nicht so leicht davonkommen werde.

Wo hast du dich bloß hineingestürzt, Joleene?

Ein unangenehmes Quietschen widerlegt sich in meinen Ohren, als plötzlich jemand bedächtig die Türe öffnet. Daraufhin dringt augenblicklich ein helles Licht in den dunklen kahlen Bereich ein, weshalb ich mir sofort die Hände vor die Augen halte. Das strahlend helle Licht durchflutet den gesamten Innenraum, was mir plötzlich mein Augenlicht blendet. Ich muss mich noch an diese grelle Helligkeit gewöhnen! Kraftlos versuche ich mich noch mehr in die Ecke hinter mir zu quetschen, wenn dies überhaupt noch möglich ist. Mein ganzer Körper beginnt allmählich zu zittern an, zudem spüre ich dieselbe Eiseskälte, die meinen gesamten Leib vorhin noch umhüllte. Als würde ich in einem eiskalten Gefrierschrank festsitzen! Mir ist keineswegs bewusst, wie viel Zeit schon vergangen ist, seitdem man mich in diesen schrecklichen Ort verfrachtet hat. Waren es schon viele Stunden? Mehrere Tage? Oder vielleicht doch schon eine gesamte Woche? Mein Zeitgefühl ist mir völlig entgangen. Ich weiß nicht mehr, wo vorne und hinten ist. Die Situation, in welche ich mich selbst versetzt habe, setzt mir ziemlich zu. Mir war damit völlig bewusst gewesen, dass man mich höchstwahrscheinlich nicht am Leben lassen wird, als ich entschieden habe, mein eigenes Leben in großer Gefahr zu begeben, um somit das Leben meiner Schwester in Sicherheit zu bringen. Sie haben mir keine andere Möglichkeit angeboten, als den Deal mit ihnen einzuwilligen. Gerade jetzt habe ich den starken Drang meiner Schwester, in die Gurgel zugehen. Wie konnte sie nur so etwas Dummes begehen? Wie? Des Öfteren bewies Sie mir in mehreren vereinzelten Malen ihre fehlerhaften Verhältnisse. Und dies machte mir wiederum bewusst, dass ich die Vernünftigere von uns beiden bin.

Dennoch bin ich mehr als dankbar darüber, dass meine Schwester dem Tod entkommen konnte. Selbst, wenn es bedeutet, dass mein eigenes Leben hiermit wahrscheinlich dem Ende zugeht, bedaure ich mein Handeln in keinster Weise. Darüber hinaus kann ich von großem Glück reden, dass mir bis jetzt noch nichts Schreckliches zugetragen wurde, bis auf eine aufgeplatzte Lippe, mit der ich jetzt zu leiden habe. Ein wildfremder Mann hat mir gegenüber plötzlich die Hand erhoben und mir infolgedessen einen festen Schlag ins Gesicht versetzt, als ich seinem Befehl nicht entgegengekommen bin. Damit ist er jedoch einen gewaltigen Schritt zu weit gegangen, was ich auch keineswegs auf mich sitzen lassen wollte. Ich hatte ihn also mit meinen Fäusten traktiert, bis jemand in diesem schrecklichen Moment dazwischengetreten war, der mich bei diesem Vorhaben noch aufgehalten hat, bevor ich dem Mistkerl eigenhändig den Kopf abgerissen hätte. Daraufhin ist mir zu Ohren getreten, dass der Vorgesetzte von diesem Mistkerl, der vermutlich hier auch das Sagen aller Beteiligten hat, ihm ausdrücklich verboten hat, mir etwas zuzutragen. Kein einziger in diesem Gebäude darf mir auch nur ansatzweise zu nahe treten oder mir irgendeine Verletzung zufügen. Ob ich mich deshalb jetzt erleichtert fühlen sollte, kann ich im Moment nicht wirklich von mir behaupten. Ich bin dem unbekannten Mann, von dem sich anscheinend jeder hier fürchtet, noch kein einziges Mal zu Gesicht gekommen. Worüber ich mich nicht beschweren möchte. Eine Bekanntschaft mit ihm sollte mir bloß erspart bleiben. Er soll mir gefälligst vom Leib gehalten werden. Mit großer Sicherheit ist er ein krankhafter Soziopath!

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