Kapitel 8 - Sterne

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Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Ich konnte Damianos Blick nicht deuten, während er auf das Blatt zwischen seinen Fingern deutete. Die Zeichnung, die ich gestern angefertigt hatte, lag immer noch in meinem Zeichenblock. Das hatte ich nicht bedacht.


Ich sah, wie er seine Augenbrauen hob und mich anschaute.

„Das ist… richtig gut! Du hast ja gesagt, dass du zeichnen kannst, aber so detailliert und ohne Vorlage?“, bemerkte er und pfiff anerkennend.

Verlegen bedankte ich mich. „Ich weiß, das kommt vielleicht total komisch rüber, als wäre ich besessen von dir, aber gestern ist mir einfach nichts anderes eingefallen. Ich finde man kann dich gut zeichnen.

Außerdem…“ ich stockte, und überlegte kurz, ob ich weiterreden sollte.

„Ja?“, ermutigte mich Damiano lächelnd.

„Du bist eine sehr faszinierende Person. Das ging mir nicht mehr aus dem Kopf und so kamst du auf mein Papier.“, sprudelte es aus mir heraus, ehe ich es mir noch zu lange überlegen könnte.

„Das hat noch nie jemand zu mir gesagt.“, antwortete er lächelnd. Er schaute mich wieder so an wie bei unserem ersten Treffen. Der Charme dieses Mannes war unverkennbar. Seine Augen, ein so durchdringender Blick, dass einem fast schwindelig wurde. Ehe ich mich wieder darin verlieren würde, hob ich meine Flasche, um mit ihm anzustoßen.

„Na dann, auf dein erstes, wirklich sehr ernst gemeintes Kompliment.“

Ich beobachtete ihn von der Seite. Seine Gesichtszüge wirkten – obwohl sie sehr markant waren – weich und ruhig. Sein Blick haftete auf der bereits untergehenden Sonne, ehe er sich mir zuwandte. Als er bemerkte, dass ich ihn bereits ansah, musste er grinsen, unterdrückte sich jedoch jeglichen Kommentar.

„Ich hab eine Idee“, sagte er schließlich, und fuhr fort „wenn du deine Stifte dabei hast, würde ich mir wünschen, dass du uns beide zeichnest.“

Meine Augen wurden groß. „Jetzt sofort?“, fragte ich unsicher.

„Ja. Bitte. Ich würde dir unglaublich gerne dabei zusehen.“

Vom plötzlichen Selbstbewusstsein gepackt nahm ich einen Bleistift in die Hand und setzte ihn auf das Papier. Ich merkte, wie Damiano mir interessiert über die Schulter schaute. Erst nach ein paar Minuten bemerkte ich, dass er mir noch nie so nahe gewesen war, abgesehen von dem Kuss.

Ich spürte seinen warmen Atem an den einzelnen Haarsträhnen, die unter meinem Hut hervorlugten. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus, was er sofort bemerkte. Er nahm seine Hand und strich über die feinen Härchen auf meinem Arm, was meine Gänsehaut nur noch weiter verstärkte.

Gespielt genervt hob ich meinen Kopf und schaute ihn an. „Damiano?“

„Ja?“

„Ich kann mich nicht konzentrieren.“

Zu meinem Bedauern nahm er seine Finger sofort weg und schaute mir nur noch aus etwas Entfernung über die Schulter. Erst dann merkte ich, wie sehr mir die leichten, kaum spürbaren Berührungen gefielen.
Eine halbe Stunde später, gerade rechtzeitig, bevor ich wegen der einbrechenden Dunkelheit nichts mehr sehen würde, packte ich meinen Bleistift ein und riss das Blatt aus meinem Block.

„Bitteschön. Du kannst es behalten.“, ich hielt ihm das Blatt entgegen und nickte ihm lächelnd zu.

Seine Augen weiteten sich. „Wirklich? Das Bild ist wunderschön.“

Das war es tatsächlich. Es zeigte ihn und mich, wie wir auf einem Zugdach sitzen und uns anlächelten. Ziemlich simpel und lange nicht so detailliert wie das von Damiano, aber es war schön und hatte eine Bedeutung.

Ich musste unwillkürlich grinsen. „Danke, aber ja. Als Andenken, wenn du wieder zurück in Italien bist.“

„Darüber will ich jetzt nicht nachdenken.“, murmelte er sichtlich bedrückter als vorher und legte einen Arm um meine schmalen Schultern.
Ich rutschte wie von alleine ein Stückchen zu ihm. Ich genoss seine Nähe in vollen Zügen, seine Haut roch verführerisch nach dem Parfüm von gestern, sein Körper war warm, sodass ich mich leicht an ihn lehnte. Verträumt legte ich den Kopf in den Nacken, um mir die Sterne anzusehen.

„Kennst du Sternbilder?“, unterbrach Damiano die Stille, die zuvor nur von den Grillen im Feld zerstört wurde.
Langsam schüttelte ich den Kopf. „Ich kenne den großen und den kleinen Wagen, aber danach noch nicht wirklich viel.“

Er schaute ebenfalls nach oben und begann, mit dem Finger Verbindungen zwischen die leuchtend hellen Punkte zu malen.

„Da oben ist der Schwan, er sieht aus wie ein Kreuz. Und da drüben, da ist der Skorpion, den sieht man nur im Sommer.“, begann er zu erklären.

Gebannt hörte ich ihm zu, bis mir etwas auffiel. „Schau mal die Sterne da oben, sehen die nicht aus einem bestimmten Winkel aus wie ein Herz?“

Damiano legte den Kopf schief und versuchte, dasselbe zu erkennen wie ich.

„Du hast Recht.“, er machte eine kurze Pause, „meinst du, die haben dieselbe Wirkung wie ein Mistelzweig?“   

resta con me - bleib bei mir | damiano david ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt