Kapitel 3 - Zettel

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Unwissend, ob ich es mir einbildete, dass ich gerade in den Armen eines hübschen Italieners gehalten wurde oder nicht, antwortete ich erst einmal nicht. Stattdessen musterte ich meinen Gegenüber. Er war etwa 15 Zentimeter größer als ich, hatte eine sportliche Figur und etwas längere, gewellte Haare, die er leicht nach hinten gegelt hatte. Ich schätzte ihn auf ungefähr 20. Die Augen hatte er mit schwarzem Eyeliner betont. Sein Blick durchdrang mich, während ich seine markanten Gesichtszüge und seine sehr ausgeprägten Wangenknochen bewunderte. Sein Mund zog sich zu einem verschmitzten Lächeln, als er merkte, wie abgelenkt ich war. Er weiß genau was er tut, dachte ich mir im Geheimen und sah ihm wieder in die Augen.

Als ich bemerkte, was ich hier eigentlich tat, löste ich mich erschrocken aus seinem Griff. Ich hörte nur wie er laut auflachte und ich strich mir nervös die Haare hinter die Ohren. Doch ich wollte nicht unhöflich sein.

„Nein, mir ist nichts passiert.“, antwortete ich selbstbewusst auf Italienisch. Der junge Mann hörte auf zu lachen.

„Du sprichst Italienisch?“, gab er verwundert zurück, bevor ich dies mit den Schultern zuckend bejahte. „Ich lerne die Sprache schon seit ein paar Jahren, für mich gab es noch nie etwas schöneres.“

„Respekt.“, gab er zurück und streckte mir seine Hand entgegen. Erst da fiel mir der schwarze Nagellack auf, der mir unheimlich gut gefiel. „Ich bin Damiano.“

Ich ergriff seine Hand sofort. „Mariella, freut mich dich kennenzulernen.“, gab ich zurück.

Mein Alkoholpegel war wieder auf null gesunken und ich war wie in Trance. Er beeindruckte mich. Seine langen Beine steckten in engen schwarzen Jeans, in denen ein rot-weiß gestreiftes, lockeres Hemd gesteckt war, welches er zur Hälfte aufgeknöpft hatte. Ich erblickte einige Tattoos auf seiner Brust und den Unterarmen, da sein Hemd bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt war. Ich ertappte mich, wie ich ihn abermals zu lange anstarrte. Ein Rufen riss mich aus meinem Tagtraum.

„Mari? Wo bist du? Alles in Ordnung?“


Michelle! Ich war schon mindestens eine viertel Stunde weg gewesen und hatte meine Freundin total vergessen.


„Damiano, es tut mir wirklich leid, aber ich bin mit einer Freundin hier. Sie macht sich bestimmt Sorgen. Hat mich gefreut!“, erklärte ich ihm ehe ich es mir anders überlegen konnte und machte auf dem Absatz kehrt.

„Warte!“, rief er und lief hinter mir her. „Sehen wir uns mal wieder?“

„Wer weiß?“, erwiderte ich grinsend und lief davon. Mein Herz pochte. So etwas war mir noch nie passiert. Mit wackeligen Knien und Damianos Blick in meinem Rücken lief ich die Treppen hinauf zur Terrasse, wo Michelle schon auf mich wartete.

„Puh, ich dachte schon du wärst umgekippt. Was hast du denn so lange gemacht?“, fragte sie mich und schaute mich durchdringend an. Gerade als ich mir etwas einfallen lassen wollte, spürte ich ein sanftes Tippen auf meiner Schulter. Verwundert drehte ich mich um.

Vor mir, dieselben braunen Augen, die mich eben im Gang schon so gefesselt hatten. Er lächelte mich an und hielt mir einen Zettel entgegen, den ich fragend annahm. Dann drehte er sich um und ging einfach aus der Tür.

Perplex und mit dem Zettel in der Hand sah ich ihn nach, die Stelle, die er an meiner Schulter berührt hatte, kribbelte, und ich fragte mich, warum mein Herz so schnell schlug.

„Wer war das denn? Kanntest du den? Erde an Mariella, hast du den schon mal gesehen?“

Ich fuhr herum: „Gerade eben erst kennengelernt. Ich bin im Gang vor den Toiletten mit ihm zusammengestoßen.“

Michelle zog die Augenbrauen hoch und versicherte mir, dass er der heißeste Mann gewesen war, den sie seit langer Zeit gesehen hatte und dass ich ihn mir schnappen sollte. Daraufhin versuchte sie mir den Zettel zu klauen, was ihr letztendlich auch gelang. Triumphierend hielt sie ihn in die Höhe und faltete ihn auf.

„Was soll das denn heißen? Ist das Spanisch?“, fragte sie mich verwundert. Ich nahm den Zettel in die Hand und musste unverzüglich lächeln.

„Nein. Das ist Italienisch und er bittet mich, morgen um acht Uhr wieder hier zu sein.“


resta con me - bleib bei mir | damiano david ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt