Kapitel 16 - Abenteuer

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"Hast du alles?", fragte mich Michelle am Türrahmen lehnend, während ich noch einmal meine Tasche durchsuchte.

Laut zählte ich auf, was ich darin befand.

"Ladekabel, Geldbeutel, Ausweis, Taschentücher, Fahrkarte, Powerbank, Kopfhörer - ich glaube, ich habe alles."

Einen Moment lang legten wir uns gemeinsam auf mein Bett.

Nachdenklich starrte ich an die Decke. Ich hatte immer noch nicht realisiert, was ich da gerade vorhatte.

Meine Oma und ich hatten mir kurzfristig online ein Ticket für den letzten Zug nach Rom heute um 21:55 Uhr gekauft, damit ich so schnell wie möglich mit meiner Suche beginnen konnte.

Um unbemerkt verschwinden zu können, hatte Michelles Mutter meine Mutter zum Abendessen eingeladen, unter dem Vorwand, Michelle und ich seien woanders Essen gegangen, damit ich mich abreagieren konnte.

Alle außer meine Mutter waren in meinen Plan eingeweiht, und er schien perfekt.

Mit einem freudigen Kribbeln im Bauch drehte ich meinen Kopf zu Michelle.

"Du hast einen Knall.", stellte sie fest, worauf ich kichern musste.

"Danke für dieses nette Kompliment.", entgegnete ich gespielt geschmeichelt, worauf wir beide lachen mussten.

Doch dann wurde ich ernst.

"Aber mal ehrlich Michelle, was, wenn ich ihn nicht finde? Rom ist eine riesengroße Stadt, ich habe nicht einen einzigen Anhaltspunkt. Ich weiß weder ob er im Zentrum wohnt oder in welchem Stadtteil, wie er mit Nachnamen heißt oder wo er arbeitet. Ich weiß nicht mal, ob er überhaupt arbeitet. Alles was ich weiß ist, dass er singt. Ich habe nicht ein einziges Bild von ihm, außer das, was ich gezeichnet habe. Und wer weiß, ob mir das etwas nützt."

Aufmerksam hörte Michelle mir zu, ehe ich mit schwindender Hoffnung mit den Schultern zuckte.

"Was, wenn das doch keine so gute Idee ist?", murmelte ich enttäuscht.

"Jetzt hör mal auf dir immer so viele Gedanken zu machen. Klar, Vorbereitung ist gut, aber Abenteuer sind doch viel besser. Es gibt keinen weg dich auf das Leben vorzubereiten. Und wenn du schon die Chance dazu hast, dann hau ab und leb dein Leben. Wir haben noch ganze fünf Wochen Ferien. Und das Geld dazu hast du doch von deinem Sparbuch. Das, was du gerade vorhast, kannst du dann später deinen Enkeln erzählen, so wie deine Oma dir. Ich weiß, dass du dir Gedanken wegen deiner Mutter machst, aber mal ehrlich, die hat einen Kontrollzwang. Du bist jetzt 18, langsam wird es Zeit für Erlebnisse. Und jetzt geh zum Bahnhof, dein wahnsinnig gutaussehender Italiener wartet auf dich!", forderte sie mich auf, erhon sich aus meinem Bett und streckte mir ihre Hand entgegen, die ich lächelnd ergriff.

"Rom, ich komme."

Ich schnappte mir meinen vollbepackten Koffer und trat aus der Tür.

Noch einmal drehte ich mich um und fragte mich insgeheim, ob ich meiner Mutter doch hätte Bescheid sagen sollen, aber Michelle zog mich zu ihrem Auto welches sie um die Ecke geparkt hatte, damit meine Mutter auch wirklich den Anschein hatte, wir seien nicht da.

"Raus mit dir.", forderte mich Michelle auf auszusteigen, als sie das Auto 15 Minuten später auf dem Parkplatz vor dem Hauptbahnhof zum Stehen brachte.

"Und du bist sicher, dass ich dich nicht zum Gleis begleiten soll?", fragte sie zum wiederholten Male.

"Ja", entgegnete ich, "sonst kannst du mich am Ende nicht gehen lassen."

Wir lachten auf und sie nahm mich fest in den Arm.

"Pass auf dich auf und schreib mir, wenn du da bist. Das bekommst du schon hin.", flüsterte sie.

"Ich hab dich lieb. Danke für Alles.", flüstere ich zurück, stieg mit meinem Koffer und meiner Handtasche aus dem Auto und lief ohne mich noch einmal umzudrehen, zügig in das Bahnhofsgebäude rein.

Es war also so weit. Ich strich noch einmal meine hellblaue Bootcut-Jeans glatt und stieg dann die Treppen zu dem Gleis nach oben, an dem ich heute Mittag bereits gestanden hatte.

Mit einem starken Fahrtwind rollte der Zug kurze Zeit später in den Bahnhof. Ich schaute mich noch einmal um, entschied mich jedoch dazu, mich sofort in den Zug zu setzen, ehe ich es mir anders überlegen konnte.

Nachdem ich fast vergebens nach meinem Platz gesucht, meinen Koffer verstaut und mich hingesetzt hatte, warf ich noch ein letztes mal einen Blick auf den Stuttgarter Hauptbahnhof.

Ich wusste nicht, wie lange ich ihn nicht mehr sehen würde. Ich wusste auch nicht, wie lange ich in Rom sein oder wo ich überhaupt wohnen würde.

Meine nahe Zukunft war unheimlich ungewiss, aber nichts konnte mich mehr von meinem Plan abhalten.

Mehr als alles andere wollte ich Damiano beweisen, wie wichtig er mir war und dass ich ihn auf keinen Fall verlieren wollte.

Als der Zug sich in Bewegung setzte, steckte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren, beobachtete mit gemischten Gefühlen den Sonnenuntergang über Stuttgart und lauschte der ruhigen Musik, sodass ich nicht merkte, wie ich einnickte.

Erschrocken wachte ich durch die unsanfte Bremsung des Zuges auf.

Nächste Station: Hauptbahnhof Basel. Ausstieg in Fahrtrichtung rechts. Next station:  Basel main station. Doors will open on the right

Verschlafen lauschte ich der Ansage. Basel? Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits 1:55 Uhr morgens war und ich jetzt meinen Anschlusszug nach Mailand erwischen musste.

Zügig schnappte ich mir meinen Koffer und verließ den warmen Zug.

Draußen am Bahnhof war es überraschend frisch, sodass ich den Reißverschluss meiner roten Sweatjacke schließen musste.

Planlos irrte ich auf dem Bahnsteig umher. Glücklicherweise waren um diese Zeit nicht viele Leute unterwegs, und ich musste nicht lange am Infoschalter warten, von dem ich die nette Mitarbeiterin zu meinem Gleis verwies, welches ich im letzten Moment fand und mich in den nächsten Zug setzte.

Erleichtert, ihn trotz des Trubels nicht verpasst zu haben, kramte ich das Blatt aus meiner Tasche, auf welchem ich den Verlauf der Haltestellen und meine Umsteigezeiten vermerkt hatte.

Der Zug, in dem ich jetzt saß, würde erst um 9:17 Uhr in der Früh in Mailand ankommen, wo ich dann endgültig den letzten Zug nach Rom nehmen würde.

Glücklich faltete ich den Zettel wieder zusammen und verstaute ihn in meiner Tasche. Es war das erste Mal, dass ich alleine Zug fuhr. Natürlich war ich in Stuttgart viel mit den S-Bahnen unterwegs gewesen, aber gereist war ich bisher noch nie alleine.

Mit einem Lächeln auf den Lippen lehnte ich meinen Kopf gegen die Scheibe und schlief abermals ein, als der Zug aus dem Bahnhof rollte.

Die kitzelnden Sonnenstrahlen weckten mich aus meinem tiefen Schlaf. Müde rieb ich mir über die Augen. Sobald sie sich an die Helligkeit der strahlenden Sonne gewöhnt hatten, wagte ich einen Blick aus dem Fenster.

Sofort breitete sich ein strahlendes Lächeln auf meinen Lippen aus.

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Nach den vielen Kommentaren die ich in der letzten den letzten Tagen bekommen habe, habt ihr mich endlich dazu überredet meine Schreibblockade einzureißen.

Ich hatte tatsächlich schon weiter geschrieben, aber jedes Mal ist mein Computer abgestürzt ohne irgendetwas zu speichern. Wiederherstellen konnte ich auch nichts und aus lauter Frust habe ich das Schreiben für einige Zeit aufgegeben.

Ich hoffe ihr verzeiht mir diese lange Unterbrechung

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 20, 2021 ⏰

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resta con me - bleib bei mir | damiano david ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt