2. Ein harter Tag

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Am nächsten Morgen stand ich eine viertel Stunde zu früh vor dem Haupteingang. Ich war bereits um fünf Uhr aufgewacht und hatte mich eine halbe Stunde im Bett hin und her gewälzt, bevor ich schließlich beschlossen hatte, aufzustehen und schon nach unten zu gehen. Es war stockdunkel und eiskalt draußen. Ich rieb mir frierend die Arme und sah mich auf dem Trainingsgelände um. Außer ein paar zwitschernden Vögeln war nichts zu hören oder zu sehen. Alle anderen schliefen noch, da das Training meist erst gegen acht Uhr begann.
Auch ich würde in diesem Augenblick lieber in meinem warmen Bett liegen, als hier draußen in der Kälte zu stehen, allerdings musste ich zugeben, dass die selige Ruhe hier draußen etwas tröstliches und beruhigendes hatte. Durch das viele Training mit Tony und Natasha hatte ich oft kaum einen Moment für mich, was auf der einen Seite ziemlich anstrengend war, mich auf der anderen Seite aber davon abhielt, zu viel nachzudenken.

Sobald ich allein war begann ich über meine Vergangenheit nachzudenken. Meist dann, wenn ich abends im Bett lag und versuchte einzuschlafen. Ich verfiel in wilde Spekulationen darüber, wer ich vor all dem gewesen war. Natürlich war mir bewusst, dass mich diese Gedanken nicht weiter brachten, denn so bekam ich mein Gedächtnis auch nicht zurück, doch ich konnte es nicht verhindern.
Zudem weckten mich nachts oft Albträume, in denen es überall um mich herum brannte. Ich wusste nicht, was dieser Traum zu bedeuten hatte oder ob es vielleicht sogar eine Erinnerung an das war, was in meiner Heimat passiert war. Als ich Nat darauf angesprochen hatte, hatte sie einfach nur nachdenklich mit den Schultern gezuckt und das Thema gewechselt.

"Hey, Jessi!", rief Tony plötzlich hinter mir und ich zuckte erschrocken zusammen. Als ich mich zu ihm umdrehte, kam er breit lächelnd auf mich zu. Doch er war nicht allein.

Steve Rogers lief neben ihm her und sein Gesichtsausdruck verriet mir mehr als deutlich, dass er es hasste hier zu sein. Sobald die beiden vor mir standen, zog ich die Augenbrauen in die Höhe und sah Tony abwartend an. Ich wusste, dass er niemand war, der lange um den heißen Brei herumredete und auch dieses mal tat er mir den Gefallen und kam sofort zur Sache.

"Du wirst ab jetzt jeden Morgen mit Steve trainieren."

WAS?!

Mein Blick wanderte zu Rogers, der trotz des kühlen Oktobermorgens nur ein T-Shirt und eine Jogginghose trug. Er sah mich nicht an und sagte auch nichts dazu, was mehr als deutlich machte, dass ihm das hier ebenso wenig gefiel, wie mir. Ich schloss die Augen und stieß frustriert den Atem aus, weil ich genau wusste, dass es keinen Zweck hatte, mit Tony zu diskutieren. Als ich die Augen wieder öffnete, zog Tony gerade sein Handy aus der Tasche und nach einem kurzen Blick auf das Display wandte er sich wieder an mich.

"Ich muss los, viel Spaß", sagte er und drehte sich dann einfach um und verschwand wieder im Gebäude.

Viel Spaß?!

Fassungslos sah ich ihm nach. Das konnte doch nicht sein Ernst sein!? Rogers und ich hatten in den letzten Monaten kein Wort miteinander gewechselt und jetzt musste ich ausgerechnet mit ihm trainieren? Wieso nicht mit Clint oder Nat? Ganz egal mit wem, nur nicht mit ihm!

Rogers musterte mich abschätzig, so als versuche er herauszufinden, ob ich es wert war, seine Zeit in Anspruch zu nehmen. Ich verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und sah ihn herausfordernd an, nicht willig mich von ihm einschüchtern zu lassen.

"Stehen wir hier nur rum oder machen wir auch was?", fragte ich und zog die Augenbrauen in die Höhe, um ihm klar zu signalisieren, dass ich sein Spiel ebenfalls spielen konnte.

"Na schön, dann los", sagte er und lief einfach los. Ich brauchte ein paar Sekunden um zu verstehen, dass wir joggen gehen würden. Ich verdrehte genervt die Augen und setzte mich dann widerwillig in Bewegung. Ich hasste Ausdauerläufe und ich war mir sicher neben Rogers würde ich aussehen, wie die unsportlichste Personen auf dieser Erde. Er joggte jeden Morgen zwanzig Kilometer in weniger als einer Stunde, da konnte ich null mithalten.

In Love With A Super Hero // Steve Rogers - Captain America Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt