Nachdenklich strich ich mit den Fingern immer wieder über das unebene Metall der Dog-Tags mit Buckys Namen und schloss die Augen, um mich besser an den letzten Moment mit ihm erinnern zu können, wobei ich wirklich nicht mehr wusste, ob das letzte Gespräch tatsächlich stattgefunden hatte. Alles, was im Krankenhaus passiert ist, lag im dichten Nebel und je näher ich einer bestimmten Erinnerungen kam, desto besser erkannte ich sie, aber der Nebel drumherum erschwerte mir die Sicht auf mehr, auf Details und Dinge, die kurz danach oder kurz davor passiert sind.
Es sind nun zwei ganze Tage vergangen und ich wusste nicht recht, was ich mir eigentlich erhofft hatte - vielleicht, dass er mich bei Tracy besucht, hier einfach durch die Tür spaziert und sich einmal richtig verabschiedet oder sowas, aber natürlich passierte nichts in der Art. Er ist einfach so fort gegangen und nicht mehr wieder gekommen. Ich war bloß eine von sehr vielen, die er in seinem Leben gerettet hat und ich war dankbar dafür, dass ich überhaupt die Chance bekommen habe ihn besser kennenzulernen und so viel Zeit mit ihm zu verbringen, aber es schmerzte dennoch. Es schmerzte, dass er sich nicht verabschiedet hatte und mich anscheinend so schnell vergessen hat. Aber andererseits fragte ich mich, warum er mir dann seine Halskette hinterließ, die ihm doch so viel bedeutete und er Jahre lang mit sich getragen hatte. Sah so vielleicht sein Abschied aus?
Mittlerweile war mir klar, dass ich mehr für ihn empfand als ich sollte und das hat sich auch letzte Nacht bemerkbar gemacht, als ich aus dem Nichts angefangen habe zu heulen. Es ist genau das passiert, wovor ich mich so sehr gefürchtet habe. Dass er mir ans Herz wächst und er mich dann wieder verlässt, weil er ein Avenger ist und wichtigeres Zeug zu tun hat.
Ich hasste diese neuen Gefühle. Sie waren zum Kotzen.
Hätte ich mich doch bloß nicht in diese ganze Situation mit Sandringham begeben oder wenigstens das Serum dort gelassen... Naja wenigstens hatte ich so vielleicht andere Menschen vor dem Tod bewahrt und das war immerhin etwas Positives oder nicht?
Dass dieser Typ mit Organen gehandelt hat, war einfach nur abscheulich. Und neben diesem Mann hatte ich tatsächlich gestanden und ihm geholfen - es graute mir davor an ihn zu denken und obwohl ich Erklärungen von ihm persönlich haben wollte, wollte ich sein Gesicht nie wieder sehen, wozu es zum Glück sowieso nicht mehr kommen konnte.
Ich musste mich also damit abfinden, dass mein kleines Abenteuer an dieser Stelle beendet war und ich Bucky nie wieder sehen werde außer im Fernseher, wo er sich die letzten Tage aber auch nicht blicken lassen hat.
Seufzend steckte ich die Kette weg und legte das Gesicht in meine Hände. Am liebsten würde ich jetzt schlafen gehen, doch leider fing meine Schicht gleich an. Zwar ist Tracy strikt dagegen gewesen, weil ich mich ihrer Meinung und der Meinung der Ärzte nach noch schonen sollte, damit meine genähte Wunde verheilen konnte, aber nachdem ich ihr versichert hatte, dass ich nichts Schweres tragen würde, hat sie schließlich eingewilligt. Ich konnte nämlich nicht länger zusammen mit meinen tausend Gedanken in einem Zimmer verschimmeln und nichts tun - das würde mich noch umbringen. Das einzige, was ich jetzt brauchte, war Ablenkung.
Also band ich mir meine hellbraunen Haare zu einem Zopf und lief runter, wo die Musik schon gedämpft durch die Bar hallte und ein paar Leute an den hohen Tischen saßen und ausgelassen miteinander plauderten. "Bist du dir sicher, dass du das machen willst?", wollte Tracy misstrauisch wissen, als ich mich neben sie hinter die Theke stellte und mir die schwarze Schürze mit dem Logo der Bar um meine Taille band. Ich nickte und nahm meinen Kellnerblock und einen Stift zur Hand. "Du und Dave, ihr hattet in den letzten Tagen ohne mich genug zu tun. Ich übernehme das schon."
"Dankeschön, du bist ein Schatz", sie zog mich in eine Umarmung, die ich etwas überfordert erwiderte, denn ich war es immer noch nicht gewohnt, dass man so mit mir umging. "Aber bitte überanstrenge dich nicht und lauf lieber mehrmals statt zu viel auf einmal zu tragen und wenn was ist, ruf mich sofort, okay?"
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Affected (Bucky Barnes FF) ✓
FanfictionFlucht war das einzige, was Nora übrig blieb, nachdem sie unbewusst Mitgliedern der Flag Smasher geholfen hatte und beinahe selbst zum Testobjekt wurde. Allerdings ist sie bei ihrem Entkommen ein riesengroßes Risiko eingegangen, welches sie noch lan...