《31》

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Es war mittlerweile Abend geworden, als Avan und Lina zusammen an dem runden Tisch in der Küche saßen. Linas Tränen waren versiegt und bis jetzt hatte sie noch kein einziges Wort gesagt.

Avan hatte den Schrank nach seinen Waffen durchsucht und glücklicherweise war alles noch an seinem Platz. Die Wachen hatten nicht das ganze Haus durchsucht, worüber er zugegebenermaßen ziemlich froh war und auch Lina hätte den Anblick ihres verwüstete Hauses wahrscheinlich nicht mehr ertragen.

Er blickte zu ihr. Ihr langes Haar hing ihr strähnig über die Schulter, ihre Augen waren gerötet und ihre ganze Haltung sah so aus, als würde sie jeden Moment zusammensacken. Avan hätte sie am liebsten in ihr Bett geschickt, doch er wusste, dass sie keine Zeit mehr verlieren durften. Jederzeit könnten die Soldaten wiederkommen und das Haus nach ihnen absuchen.

Avan stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab. Das alles war mal wieder seine Schuld.Egal wo er sich auch befand, er brachte nur Unheil über die Leute. Es wäre besser gewesen, er wäre nie ins Dorf gegangen und hätte sich nie unter die Leute gemischt. Er war anscheinend nur dazu geeignet Leute umzubringen anstatt mit ihnen zu reden. Wäre er doch niemals zu Linas Familie gegangen. Jetzt hatte er ihnen das eingebrockt. Wegen ihm war Lina so erschöpft und er konnte es ihr nicht verübeln, dass sie sauer auf ihn war, schließlich war es ja auch seine Schuld.

Irgendwann hielt er die unangenehme Stille zwischen ihnen nicht mehr aus. Sollte er sich bei ihr entschuldigen? Doch, was würde das schon bringen?

„Lina, ich weiß wir befinden uns momentan in einer sehr misslichen Lage", setzte er an und blickte dabei auf das Mädchen, doch Lina reagierte kaum. „Ich weiß es muss jetzt alles sehr schwer für dich sein, doch wir holen deine Eltern da raus".

Lina blickte langsam zu ihm auf. In Ihren Augen stand eine so unendliche Leere, dass selbst Avan kurz stockte. „Was war nur los mit ihm? Wieso machte er sich bei jeder Kleinigkeit Gedanken? Es musste an den vergangenen Wochen liegen. Er war weich geworden. Er hatte die Menschen kennen gelernt und kannte nun die guten und schlechten Seiten an ihnen. Er war nicht mehr der, der er vor ein paar Wochen gewesen war. Er war nicht mehr der gefühllose Schatten, sondern ein menschliches Wesen mit durchaus guten Absichten.

Er musterte sie nachdenklich. Sie starrte mit trüben Augen aus dem Fenster, als erwarte sie, dass jeden Moment Soldaten vor ihrer Nase auftauchen würden, um sie gefangen zu nehmen.

Avan hielt es nicht mehr aus. „Verdammt Lina. Ich weiß es ist schwer für dich, aber bitte versuch dich wenigstens zusammenzureißen. Wir müssen uns überlegen, wie wir deine Eltern befreien können! Was bringt es uns hier zu sitzen und zu trauern?", am Ende war er ungewollt lauter geworden, er hatte gar nicht bemerkt, dass er sie schon fast angeschrien hatte.

Lina drehte ihren Kopf zu ihm um. „Was kümmern dich meine Eltern schon. Du behauptest doch selbst du wärst ein Assassine. Wieso willst du sie retten? Sind doch nur zwei weitere Bürger, zwei wehrlose Opfer für dich".

Avan starrte sie an. Sie hatte genau seinem schwächsten Punkt getroffen. Noch vor wenigen Wochen hätte ihn es nicht im geringsten gekümmert. Wäre dies alles vor ein paar Wochen geschehen, hätte er Lina umgebracht und wäre abgehauen. Doch jetzt war er nicht einfach nur noch der Schatten. Nein. Er stand schwungvoll auf und ignorierte es, dass sein Stuhl hinter ihm umkippte.

„Gut, wenn es dir egal ist, dann brauchst du mich ja auch nicht mehr. Du hast Recht, ich bin ein Assassine, es ist mir egal. Geh zum Palast und liefere dich den Wachen aus. Tu was du für richtig hältst. Schmeiße dein Leben ruhig hin. Das alles geht mich ja eh nichts an!", fauchte er und stapfte aus dem Raum.

Ancore of BetrayalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt