Bring her back

Kapitel 2

Tony stand auf und blickte erwartungsvoll zu Harper, die noch im Bett sitzen geblieben war. »Kommst du?«, fragte er nach einem kurzen Moment der Stille.
»Ich möchte mich noch kurz umziehen. Geh du schonmal vor.«
»Okay, aber wehe du kommst dann doch nicht.«, sagte Tony ermahnend. Harper nickte nur. Tony verließ das Zimmer und ging wieder runter, wo er den anderen mitteilte, dass Harper heute mitessen würde.
Während sich Harper umzog, deckten die Avengers den Tisch. Sie hatten vorhin Pizzen bestellt, welche jederzeit ankommen müssten.
»Ach, bevor ich es vergesse,«, begann Tony,
»Harper hat mir gesagt, dass sie nicht bemitleidet werden möchte.« Er schaute ernst in die Runde und alle nickten ruhig.
»Es wäre wahrscheinlich besser, wenn ihr sie einfach in Ruhe essen lasst.«, meinte Tony dann.
Harper hatte sich bereits fertig umgezogen. Sie trug einen übergroßen schwarzen Hoodie, der ihr fast bis über die Knie ging und ihre Hände vollständig verdeckte. Dazu hatte sie eine weite, hellgraue Jogginghose und Sneakersocken in der selben Farbe an. Ihre dunkelblonden, leicht gewellten Haare ließ sie einfach locker über die Schultern fallen. Sie schaute raus und wurde etwas nachdenklich. Es fühlte sich an wie die Ruhe vor dem Sturm. Gleich würde sie alle wiedersehen. Wie würden sie reagieren? Hatten sie Verständnis für ihr Verhalten der letzten Wochen? Mochten sie sie überhaupt noch? In ihrem Kopf begann das Gedankenkarussell sich zu drehen. Sie setzte sich auf ihr Bett und nahm das Bild von ihr und Clint, welches auf ihrem Nachttisch stand, in die Hand und betrachtete es gedankenverloren. Auf dem Foto trägt Clint Harper auf dem Rücken und beide lächeln in die Kamera. »Du hättest bestimmt gewollt, dass ich mit ihnen esse, oder?«, fragte Harper ihren verstorbenen Bruder. Sie stellte das Bild wieder zurück und ging zur Tür. Sie betrat den hellen Flur an dessen Decke große, kreisrunde LED-Leuchten angebracht waren. Am Ende des Flurs, welches einen Überblick über den Wohn- und Essbereich sowie die Küche bot, blieb sie kurz an dem schwarzen Geländer stehen und blickte auf die Avengers herab. Sie saßen an einem langen, gedeckten Tisch und unterhielten sich ausgelassen, weshalb sie Harper noch nicht bemerkt hatten. Rhodey war bereits gegangen. In der Mitte des Tischs stand ein Stapel Pizzakartons. Erst bei diesem Anblick merkte Harper wie hungrig sie doch eigentlich war.
Langsam stieg sie die Treppe runter und spürte nun doch die Blicke auf sich. Mit gesenktem Blick ging sie zu den Wartenden und setzte sich auf den einzig leeren Platz zwischen Nat und Tony. Behutsam legte Tony ihr die Hand auf den Rücken und flüsterte ihr ein »Danke.« ins Ohr, welches Harper mit einem kurzen Nicken entgegennahm. Langsam sah sie auf und schaute in eisblaue Augen. Diese konnte sie Pietro zuordnen. Ein komisches Gefühl machte sich in ihr breit, denn er war es gewesen, der sich für ihren Bruder opfern wollte. Kurz hielt sie seinem Blick stand, wich ihm dann aber wieder aus und ließ ihn durch die Runde schweifen. Alle lächelten sie an, aber man konnte erkennen, dass es nur aufgezwungen war, denn vermutlich hatten sie alle Mitleid mit ihr. Zwar hatte sie ihre Augenringe abdecken können, jedoch waren ihre Augen immer noch gerötet und auch ihr Blick war nach wie vor leer.
»Dann können wir ja jetzt anfangen, oder?«, unterbrach Sam die Stille, worüber Harper sehr dankbar war. Alle nahmen sich eine Pizza und begannen zu essen. Die Stimmung war immer noch sehr angespannt, jedoch wurde sie von Zeit zu Zeit immer lockerer und alle waren wieder in Gespräche vertieft. Harper hörte ihnen nur zu. Nach einer Unterhaltung war ihr einfach nicht.
Nach dem Essen beschlossen die Avengers einen Film zu gucken.
»Bleibst du auch noch?«, fragte Nat Harper.
»Nein, ich gehe schon hoch.«
»Okay. Wollen wir nacher mal ein bisschen reden?«, fragte Nat sie hoffnungsvoll. Harper atmete tief durch. Wahrscheinlich musste sie wirklich mal mit jemandem über alles sprechen. Sie nickte und Nat lächelte sie erleichtert an.
»Ich komme dann nachher zu dir.«, sagte sie noch.
Harper ging wieder auf ihr Zimmer und gab sich ihren Gedanken hin.
Während Harper ihren Gedanken freien Lauf ließ, hatten es sich die anderen vor dem Fernseher gemütlich gemacht.
»Ich habe sie noch nie so gesehen.«, ergriff Natasha das Wort.
»Clint war immer ihr Ein und Alles. Nicht einmal nach dem Unfall ihrer Eltern sah sie so aus.«, setzte sie fort. Sie wirkte sehr bedrückt und machte sich augenscheinlich große Sorgen um Harper.
»Ich gehe schon hoch. Ich kann nicht hier unten sitzen während sie sich wahrscheinlich wieder die Augen ausheult.«, sagte Nat aufgewühlt und stand auf.
»Nacht.«, sagte sie noch bevor sie sich auf den Weg zu Harper machte.