Als die Männer durch die Tür traten, fuhr Gadreel hoch, hob beschwichtigend eine Hand und wich ein paar Zentimeter zurück, so als könnte er ihnen dadurch entfliehen.
„Bitte... ich lass euch in Ruhe... versprochen", stammelte er und Sienna hörte die unverkennbare Angst in seiner Stimme.
„Wir wollen dir nicht wehtun", sagte der Dunkelhaarige und kam einen Schritt näher.
Für Sienna bestand kein Zweifel daran, dass es sich bei den beiden um Engel handeln musste. Sie hatten ihn also doch gefunden. Da kam ihr wieder die Waffe in den Sinn, die wohl Gadreel gehören musste. Eilig packte sie sie und erhob sich schnell, hielt sie angriffsbereit in der Hand. Der dunkelhaarige Engel blieb daraufhin stehen und starrte auf die Klinge hinab. Also war das tatsächlich eine Waffe, die Wirkung gegen Engel zeigte.
„Das hier sind meine vier Wände und ich verlange von Ihnen beiden, dass sie diese sofort verlassen", sagte Sienna dann mit überraschend ruhiger Stimme.
„Schon gut, wir sind wirklich nicht hier, um einem von Euch etwas anzutun", meinte der große Kerl dann und klang dabei aufrichtig.
Sienna wandte sich nun ihm zu, richtete die Klinge auf ihn. Wie zum Beweis hob er beschwichtigend beide Hände, um zu zeigen, dass er unbewaffnet war. Als der andere Kerl sich dann wieder vorwärts bewegte, wandte sie ihm wieder die Klinge zu und sah ihn unnachgiebig an.
„Keinen Schritt weiter", sagte sie bedrohlich leise, selbst wenn sie sich sicher war, dass sie die Waffe niemals hätte einsetzen können.
„Wir wollen helfen", sagte der Engel daraufhin und sah sie mit aufrichtiger Miene an.
„Woher soll ich wissen, ob ich euch glauben kann, euch vertrauen kann?", fragte Sienna, die die Waffe nach wie vor erhoben hatte.
Der Engel ging noch einen Schritt weiter, und berührte nun schon beinahe die Spitze der Klinge, machte jedoch keine Anstalten, sie anzugreifen.
„Ich gebe dir mein Wort", erwiderte er, dann blickte er auf Gadreel hinab, bevor er Sienna wieder ansah, „weißt du, wer er ist?"
Die Frage war sicherlich dazu gedacht, sie abzulenken, doch Sienna beantwortete sie dennoch mit einem klaren Ja, während Gadreel gleichzeitig verneinte. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, den er etwas verwirrt erwiderte. Diesen Moment nutzte der Engel aus und nahm ihr mit einer blitzschnellen Bewegung die Waffe aus der Hand. Sienna wich dennoch nicht zurück.
„Wenn ihr ihn wollt, müsst ihr erst an mir vorbei", sagte sie dann mit fester Stimme, obwohl ihre Knie weich wurden.
„Du weißt also, wer er ist, und beschützt ihn trotzdem?", fragte der Engel etwas verständnislos.
„Sienna", sagte Gadreel warnend.
Die Warnung kam einen Moment zu spät, denn da packte sie der große Kerl, auf den Sienna gar nicht mehr geachtet hatte, von hinten und hielt sie fest. Er war stark, also hatte sie keine Chance. Zu ihrer Überraschung war er jedoch nicht grob, selbst wenn sie sich mit Händen und Füßen gegen seine Umklammerung wehrte. Ohne die geringste Anstrengung hob er sie hoch und trug sie einige Schritte weg, sodass der andere nun freie Bahn hatte. Überraschenderweise hatte er die Waffe jedoch auf die Anrichte gelegt.
Er ging neben Gadreel in die Hocke und streckte eine Hand in Richtung seiner Stirn aus. Doch erneut wich Gadreel zurück.
„Castiel, nein... deine Gnade... wenn du mich heilst, schwächt dich das", meinte Gadreel, der erneut zurückgewichen war.
Castiel ließ sich von seinem Einwand jedoch nicht von seinem Vorhaben abbringen und legte Gadreel zwei Finger auf die Stirn. Sienna sog scharf Luft ein, als sie sah, wie der lange Schnitt in Sekundenschnelle verheilte, bis nicht einmal mehr eine blasse Narbe zu sehen war. Castiel ächzte und schwankte kurz. Er musste sich abstützen, um nicht umzufallen. Gadreels Gesicht hingegen nahm endlich wieder Farbe an.
„Hast du seine Stimme gehört?", fragte Gadreel dann.
„Metatrons, ja", stellte Castiel fest, „wohin verschwindet er? Was möchte er?"
„Ich befürchte... die Menschheit", antwortete Gadreel und sah Castiel bitter an.
Daraufhin schwiegen alle betreten, doch nun ließ der große Kerl Sienna endlich los. Diese trat einen Schritt zur Seite und schaute den Mann misstrauisch an, da sie nicht sicher war, ob er sie erneut festhalten würde.
„Wir müssen zurück in den Bunker", stellte Castiel dann fest.
„Und Dean?", fragte Gadreel etwas besorgt.
„Wir haben ihn ins Verließ gesperrt, du bist dort sicher", meinte der große Kerl, dann sah er in Siennas Richtung, „du solltest ebenfalls mit uns kommen."
Noch ehe Sienna etwas dazu sagen konnte, reagierte Castiel jedoch.
„Sam...", begann Castiel und nun wusste Sienna endlich, wie der Name des großen Kerls war.
„Wenn es stimmt was sie sagt, und sie über ihn Bescheid weiß, dann könnten Metatrons Leute sie finden und foltern, um herauszufinden, wo er ist", erklärte Sam und deutete dabei auf Gadreel, „sie würden sie umbringen! Und ich möchte nicht noch jemanden auf dem Gewissen haben, nur weil wir ihn nicht beschützen konnten. Du etwa?"
Castiel sah zu Boden und atmete tief durch.
„Na gut. Dann kommt sie also mit uns", sagte er dann.
„Einen Moment. Wie wäre es denn, wenn ihr sie einmal nach ihrer Meinung fragen würdet?", mischte sich nun Sienna ein, „von welchem Bunker ist hier überhaupt die Rede?"
„Der Bunker der Männer der Schriften, die sowas wie ein Lexikon für Übernatürliches sind. Es ist ein sicherer Ort", erklärte Sam ihr.
„Vorausgesetzt man wird nicht von Dean Winchester angegriffen", meinte Gadreel etwas sarkastisch.
„Ich sagte doch, er ist im Verließ eingesperrt", wiederholte Sam geduldig, bevor er sich wieder Sienna zuwandte, „du solltest wirklich mit uns kommen. Hier können wir dich nicht beschützen. Wenn die Engel dich aufspüren, dann wirst du diese Begegnung mit Sicherheit nicht überleben."
Er sah Sienna erwartungsvoll an und sie erwiderte seinen Blick einen Moment lang. Sie überlegte, welche Konsequenzen das haben würde. Mit Sicherheit würde diese Entscheidung gravierende Folgen nach sich ziehen. Sie dachte an Gadreels Blutspuren, die bis in ihre Wohnung führten. Es würde mit Sicherheit nicht lange dauern, bis sie jemandem auffielen, und dann die Polizei hier auftauchen würde. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie das erklären sollte. Außerdem fand sie die Aussicht auf eine Bibliothek voller Literatur über Monster und andere übernatürliche Wesen sehr aufregend. Dann nickte sie schließlich.
„Okay, ich werde euch begleiten", sagte sie dann und sah zwischen Sam und Castiel hin und her, „aber ich muss vorher noch ein paar Sachen packen, wenn wir noch so viel Zeit haben."
Sam nickte verständnisvoll und sah zu Castiel, der ebenfalls nickte. Sienna machte sich auf den Weg in ihr Schlafzimmer.
„Gebt uns bitte einen Moment", hörte Sienna dann Gadreels Stimme.
Sie hielt inne und sah sich um. Gadreel sah die Castiel und Sam mit einem vielsagenden Blick an und beinahe wirkte es, als würden sie eine Konversation mittels Gedankenübertragung führen. Da sah Sam in Castiels Richtung und nickte dann.
„Ja sicher, wir warten im Wagen. Aber beeilt euch bitte", meinte er dann und verließ gemeinsam mit Castiel Siennas Wohnung.
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Verliebt in einen Engel
FanfictionNachdem Metatron die Tore des Himmels geschlossen hat, sind die Engel gefallen. Eine junge Frau namens Sienna begegnet nach diesem Ereignis einem unbekannten Mann, der verletzt im Hinterhof ihres Wohnhauses liegt. Nicht ahnend, dass es sich dabei um...