Kapitel 4 - Max

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Xenias p.o.v.

Blinzelnd riss ich mich aus dem Bann von Kilians Blick.
Noch etwas benommen blickte ich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war.
Und da sah ich ihn, wie er auf uns zukam, mit einem selbstbewussten Lächeln auf dem Gesicht.
Zumindest musste dieses Lächeln auf Fremde so wirken. Doch ich erkannte darin noch so viel mehr.

Erkannte die Arroganz darin, die Überheblichkeit und die leise Verachtung.
Wenn ich sie doch schon immer erkannt hätte...

Max war mit seiner großen Statur, den definierten Muskeln und dem Selbstbewusstsein sehr beliebt bei dem weiblichen Geschlecht.
Die strahlenden hellblauen Augen, der sonnengebräunte Teint und die vollen Lippen trugen dazu bestimmt auch ihren Teil bei.
Ach ja, und dieses verwuschelte blonde Haar war vielleicht auch noch zu erwähnen.

Er sah gut aus. Sehr gut sogar.
Nur leider hieß äußere Schönheit nicht, dass es innen genauso aussah, wie ich am eigenen Leib selbst schmerzlich erfahren musste.

"Max.", grüßte ich betont freundlich, oder besser gesagt, ich versuchte es.
Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass meine Miene der eines Mädchens glich, das gerade in eine besonders saure Zitrone gebissen hatte.

Max ließ sich davon nicht beeindrucken, natürlich nicht, das hatte er nie.

"Xenia!", rief er freudestrahlend aus, zog mich unerwartet in eine Umarmung und küsste mich auf beide Wangen.
Aber nicht nur so ein gehauchtes Küsschen, wie es in Frankreich und anderen Ländern üblich war, nein, sondern so ein richtiges Küsschen. Tatsächlich verharrte er mit seinen Lippen mehrere Sekunden lang auf meiner Haut.
Und ich dummes Ding war zu geschockt, um ihn abzuwehren.
Ich ließ es also einfach so geschehen, und bevor ich aus diesem Schockzustand erwachte, war der Moment auch schon vorbei und er hatte mich losgelassen.

Verwirrt sah ich ihn an.
Aber er beachtete mich gar nicht mehr, sondern sah Kilian neben mir an, mit einem abschätzenden, nein verächtlichen Blick.

"Und wer ist der da, Süße?", fragte er mich mit einer Grimasse, als würde er etwas absolut hässliches und unter seiner Würde stehendes Objekt betrachten.

Das war nicht sein Ernst, oder?

Mit der Hand, die vor Max' Angriff noch mit Kilians verschränkt war, griff ich nach hinten, bis ich wieder Kilians warme Hand an meiner spürte.

"Das, Max, ist mein Freund.", verkündete ich selbstbewusst.

Prüfend blickte mich Max an, suchte in meinem Gesicht nach einer Lüge, aber ich blieb stark, wich seinem forschenden Blick nicht aus.
Schließlich kam er wohl zu dem Schluss, dass ich die Wahrheit sagte.
Gut. Kilian spielte glücklicherweise mit, andererseits wäre das hier bisschen peinlich geworden.

"Dein Freund also...", murmelte Max vor sich hin. Dann sprach er wieder lauter.
"Und wann habt ihr euch kennengelernt?"

Jetzt musste ich aufpassen. Max war sehr beliebt, er konnte herumfragen und hätte in einer Minute schon alles herausgefunden, was er wissen wollte.
Also improvisierte ich und sah lächelnd zu Kilian hoch.

"Das ist eine lange Geschichte.", seufzte ich verträumt.

Erst jetzt bemerkte ich, dass Kilian sich extrem angespannt hatte und Max mit einem undefinierbaren Blick ansah.
Seine freie Hand war zur Faust geballt und sein Kiefer aufeinander gepresst.

Okay, wow, was war denn mit ihm los?
War ihm Max so unsympathisch?
Ich meine, ich mochte ihn auch nicht, aber uns verband auch eine unschöne Geschichte.
Dass Kilian so auf ihn reagierte, fand ich dann doch ein bisschen extrem. Komisch.

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