Kapitel 2 (II)

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"Wir brauchen einen Erben", sagte Gandalf. Sein Gesicht war so unverändert, so furchtbar unverändert, als berührte ihn das alles gar nicht.
Als berührte ihn nicht, dass er im Sterben lag.

Aragorn.

Legolas schwieg. Er stand in der Ecke des Raumes, distanziert und kühl, die Arme verschränkt wie damals, als sie noch alle dachten, eine Schlacht wäre eine gute Idee. Éomer hatte seine Rüstung abgelegt und trug ein schlichtes Wams. Sein Haar fiel ihm ins Gesicht, als er sich nach vorn beugte und sagte: "Es gibt keinen. Er war der letzte. Der letzte, der es vermochte, den Thron zu besteigen"
Jede Silbe war ein Stich. Jede einzelne.
Er schloss die Augen, unfähig, dieses Bild weiter mitanzusehen.
Aragorn lag im Sterben, und in einem kleinen Raum keine zwei Türen weiter besprachen sie, wie er ersetzt werden konnte.
"Doch. Es gibt einen" Das war Elrond. Zweiten Tage nach der Schlacht war er eingetroffen, und nun, am dritten Tag, saß auch er hier.
"Es gibt einen Erben, auch wenn wir nicht gern darüber sprechen"
"Er ist Aragorns Halbbruder, der uneheliche Sohn seines Vaters" Gandalf.
Legolas öffnete die Augen. "Habt ihr denn jeden Anstand verloren?", fragte er  verließ seinen Platz in der Ecke und trat vor sie. "Dort draußen liegt er, er liegt dort, und er lebt noch!" Er war laut geworden.
Faramir bedachte ihn mit einem dankbaren Blick.
"Er ist der Erbe. Er steht an der ersten Stelle. Wie könnt ihr es wagen! Wie könnt ihr es wagen, ihn ersetzen zu wollen, während er noch atmet!"
Sie redeten auf ihn ein, erzählten etwas davon, dass ein Königreich nicht lange ohne König bleiben durfte, dass sie schnell handeln mussten.
Er hörte ihnen nicht zu.
Tränen verschleierten seine Sicht, seine Finger tasteten nach der Brosche, die er und so viele andere nach der Schlacht erhalten hatten , löste sie und warf sie auf den Tisch.
Ohne ein weiteres Wort verließ er den Raum.
Dumpf fiel hinter ihm die Tür ins Schloss.
Er war wieder im Säulengang, und dort lag Aragorn.
Mehr zufällig als absichtlich lenkten ihn seine Schritte dort hin, er ließ sich neben ihm nieder und griff nach seiner Hand.
Sie war warm.
So warm wie immer.
Er weinte, bemerkte kaum, wie Faramir ihm kurz darauf folgte, sich neben ihm nieder ließ und einen Arm um ihn legte.
Aber es tat gut, dass er bei ihm war.

Aralas- Schau nicht zurückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt