Lange sehen wir uns in die Augen. Dave nickt hastig. "Was sind deine Aufgaben?", frage ich. "Meine Aufgabe ist es, andere zu finden die das gleiche Schicksal hatten, wie ich. Deine ist aber tausendmal schwerer."
Eine leises "Verstehe" gebe ich von mir. "Aber wie sollen wir das anstellen? Wie soll ich ihn finden?"
"Keine Sorge, Caroline! Wir werden es schaffen!", meint er mit voller Begeisterung. Dieses "Wir" betonte er sehr. "Wusstest du es schon? Weil du meintest, du wirst mir noch helfen...", kommt aus meinem Mund. "Ja, aber das war nicht schwer. Schon wo du nur sagtest, dass du ermordet wurdest, wusste ich schon welche Aufgabe du hast. Allein würdest du es nie hin kriegen!''
''Danke, Dave. Wirklich, also...'', stottere ich. Was ist denn nur mit mir los? Kann ich mich nicht einmal mehr bedanken? ''Kein Problem!'', ruft er. Noch etwas länger starre ich auf meine Füße. Wie interessant die heute waren. ''Komm fangen wir gleich an!''
''Was? Wieso jetzt schon? Kann das nicht ein wenig warten?''
''Haha, nein. Man kann doch nie früh genug seinen Mörder treffen, oder?''
''Wenn du meinst.'', murmele ich. Dave geht zu dem Computer, der in der Ecke steht. Ich folge ihm, wie ein Hündchen. Er lässt sich auf den Stuhl fallen und tippt irgendetwas auf Google ein. Mein Blick schweift durch den Raum und ich erblicke tatsächlich noch einen zweiten Computer, der neben dem Fenster steht.
Als ich mich auch hinsitze und den Computer hochfahre, sehe ich kurz zu Dave hinüber, der schon regergiert und hastig liest. Er weiß garnicht, was für eine Hilfe er mir ist. Jetzt witme ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Begriff 'Internet' und gebe wichtige Stichpunkte ein. ''Unaufgeklärte Morde in New York. Mörder gesucht.'', schreibe ich. Über 800 Ergebnisse. Puuuh, das kann lange dauern. Doch als ich die jetztige Jahreszahl angebe, werden es deutlich weniger. Nur noch 300. Langsam klicke ich eines der ersten an.
Erst jetzt merke ich, wie grausam die Welt eigentlich ist. Menschen sterben grundlos, so wie ich. Ich bin so circa bei Nummer 123, als Dave meinen Namen schreit. ''Caro! Caro, komm schnell!'' Ich falle fast vom Stuhl, so laut war er. Ganz aufgeregt stehe ich hinter ihm und erhasche einen Blick auf den Bildschirm. Also hatte er was gefunden... ''Sieh nur...!'', meint er. Ich fange laut an zu lesen: ''Als ein gewisser Unbekannter in die Tankstellen in der Nähe des Central Parks einbrach, erschoß er ein junges Mädchen, dessen Namen Caroline Mason war. Das Fahrzeug, mit dem er unterwegs war, fand die Polizei mehrere hundert Meter am Straßenrand stehen. Die Polizei weiß, dass es gestohlen ist, da der Wagen vor ein paar Tagen als gestohlen gemeldet wurde. Täter verschwand kurz nach dem Mord, rief aber dennoch den Notarzt und ging dann zu Fuß weiter. Es gibt keine Spur von ihm und es sind noch viele Fragen offen.''
''Das ist ja schon ein guter Hinweis! Aber hast du jetzt eine Ahnung, wie wir ihn finden können?'', kommt aus meinem Mund. "Ja schon, aber ich weiß nicht ob es funktioniert! Wir müssen es aber versuchen!"
"Und was schlägt dir in den Sinn?" "Hier steht, dass sie wissen, der Wagen sei gestohlen worden. Was aber, wenn es nicht so ist?", fängt er an zu reden. "Die Polizei weiß schon, was richtig ist. Es ist doch logisch, dass der Wagen nicht ihm gehört.", antworte ich. "Die Lebenden sind einfach zu dumm. Sie müssen sich auch noch mit anderen Sachen beschäftigen, wobei die eine Sache, auf die sie sich so konzentrieren, immer mehr aus den Gedanken schweift. Verstehst du? Die Polizei ist einfach zu dumm dafür!", meint er mit voller Begeisterung. Ich nicke einfach stumm. "Und weißt du was? Ich hab' das Kennzeichen herausgefunden!", schreit er schon fast. Ich springe auf und rufe: "Was?! Wie hast du das geschafft!"
"Geheimnis! Ist aber nebensache. Also los!" Wahrscheinlich gucke ich komisch, denn er antwortet: "Ich weiß wo ER sich aufhält! Komm!" Mein Mund bleibt offen und ich springe ihm um den Hals. "Wie hast du...?" "Sei einfach leise und komm!", lacht er. Zusammen laufen wir. Ich habe keine Ahnung wohin, aber ich weiß das Dave Recht hat. Ich weiß, dass er die Größte Hilfe ist. Aber ich weiß nicht, ob ich wirklich meinem Mörder gegenüber treten will.
Wir bleiben stehen, als vor uns eine schäbige Tür ist. Das Haus war ansich sehr alt und sieht aus, wie in einem Horrorfilm. Dave legt seine Hand auf meine Schulter. "So, da wärn wir dann.", gebt er von sich. "Kommst du nicht mit rein." Er atmet tief ein und sagt: "Weißt du Caro? Es ist deine Aufgabe und manche Sachen, macht man lieber alleine. Und meine Aufgabe ist es, zu gehen. Ich habe dir wirklich gerne geholfen, aber jetzt ist es Zeit, alleine die Aufgabe zu vollenden." Eine Trauer macht sich in mir breit. Ich merke, wie eine Träne über meine Wange läuft. "Wirst du es merken? Also, wenn ich fertig bin und naja, sterbe?" Meine Hand zittert stark. "Ja ich werde es, so wie du, wenn ich langsam hinein gleite." Auch seine Augen werden leicht feucht und rot.
Es laufen immer mehr Tränen über meine Wangen. Abschiede waren noch nie meine Stärke. Als wir uns umarmen, flüster er mir etwas ins Ohr: "Vergiss es nie Caro, du bist was besonderes!" Ich schluchze sehr laut. "Danke! Du auch. Du bist die besonderste Person, die ich je in meinem ganzen Leben gefunden habe." Zusammen heulen wir. Es tat gut, da wir beide es taten. Als wir uns voneinander lösen, tretet er einen Schritt zurück. Er hebt seine Hand und ruft: "Auf Wiedersehen, Caroline Mason! Ich werde dich vermissen! Vielleicht sehen wir uns ja im Himmel!" Ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht und rufe zurück:" Ja, Dave Hilton! Ich dich auch! Und ja, ich würde mich freuen!" Erst jetzt merke ich, wie es leicht zu nieseln anfängt. Und ich sehe noch, wie der Mensch, der mir eigentlich sehr wichtig ist, in die Ferne rennt.
Ich atme tief ein und aus.Meine zitternde Hand, drückt leicht die Türklinke herunter. Was wird mich erwarten?
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Etwas, zwischen Leben und Tod
FantasyCaroline Mason meinte so viel zu wissen. Sie dachte zu wissen, was es heißt zu leben. Was es heißt, Familie und Freunde zu haben. Caroline meinte zu wissen, dass ihr Leben perfekt wäre. Doch sie wusste nicht, wie es ist und was es heißt, zu sterben.