Fünf

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Während der Wind durch meine Haare weht und ich mich einfach leicht fühle, habe ich immer noch keine Ahnung, wohin meine Beine mich tragen. Doch als sie immer schwerer werden und mir langsam die Puste ausgeht, stehe ich plötzlich vor meiner Haustür.

Irgendetwas leitet mich in die Küche, wo meine Eltern sind. Sie reden kein Wort miteinander. Auf dem Küchentisch liegt ein Zettel in der Aufschrif: ''Caroline Mason. Tochter und feste Freundin.

Am Sonntag dem 10. März ist unsere Tochter leider von uns gegangen. Die Beerdigung ist am Dienstag dem 12. Wir bitten sie, alle die Caroline nahe standen, zu kommen.''

Daran habe ich noch garnicht gedacht! Die Beerdigung. Ob auch die von meiner Schule kommen werden? Sicher, die haben mich ja so gern, wie ich gesehen habe.

Ich blicke meiner Mutter ins Gesicht, ihre Haut ist grau und ihre Augenlieder sind schwer. Sie ist nicht geschminkt und auch ihre Kleidung ist fragwürdig. Mein Vater sieht nicht viel anders aus. Sie tun mir so Leid. Es tut mir Leid. Wenn sie wüssten, dass ich noch hier wäre, dann... Warte, würde es ihnen besser gehen, wenn sie wissen, dass ich hier stehe, nur als Geist? Nein, ich glaube, es würde sie verrückt mache.

Ich gehe die Treppe hinauf und in mein Zimmer. Die Tage waren anstrengend, einfach alles. Vielleicht ist es besser, wenn ich schlafe. Egal wie lange Zeit ich noch dafür haben werde, ich bin müde. Mein Bett ist unaufgebettet, trotzdem lege ich mich hinein.
Meine Augen schließen sich und schon bin ich eingeschlafen.

Am nächsten Morgen werde ich durch ein Geräusch in unserer Einfahrt geweckt. Das Auto meiner Eltern fährt gerade weg. Halt, es fährt weg? Schnell ziehe ich mir vorschriftshalber ein schwarzes T- Shirt an und mache meine Haare. (Was eigentlich total unnötig ist, denn es sieht eh niemand). Mit schwarzen Turnschuhen laufe ich zu dem Friedhof in unserem Ort. Ich bin richtig sportlich geworden!
Vor dem großen Tor bleibe ich stehen und blicke um mich. Viel los ist ja nicht.

Ein paar Autos meiner Verwanten parken vor der Friedhofsmauer und das wars auch schon.

In der Kirche lausche ich dem Pfarrer, der über Gott und die Welt spricht. Meine Eltern stehen vorne am Altar und legen einen Blumenstrauß auf den geschlossenen Sarg. Mum und Dad weinen unaufhörlich, bis auf das ist es eigenlich recht still. Ich gehe die Gesichter ab. Tante Anne, Onkel Bill, und ein paar andere, doch ich sehe keinen Tim.

Nach einer Weile wird die ganze Sache beendet. Männer tragen meinen Sarg zum großen, ausgehobenen Loch und es wird zugeschüttet. Kurz und schmerzlos. Wie auch mein Leben.

Da sich schon viele aus dem Staub gemacht haben, nach den ganzen Beileidwünschen, knien sich meine Eltern kurz vor das Grab und flüstern "Mir" etwas zu. Getrocknete Tränen hängen in ihren Gesichtern.

Meine Mutter legt einen zusammengefalteten Zettel auf mein Grab, welches nur aus Erde besteht und schüttet einen Haufen Erde darüber. Sie schluchzt und gräbt ihr Gesicht in die Brust meines Vaters. Zusammen stehen sie auf und verabschieden sich herzlich von den restlichen Verwandten, viele Umarmungen und Küsse finden statt.
So als würden sie sich nie wieder sehen. Ziemlich merkwürdig.

Langsam steuere ich auf den Haufen aus Erde zu. Meine Hände fahren in die Erde und ich ergreife das Blatt Papier. Warum?, denke ich mir immer wieder. Das zuklappen einer Autotür reist mich aus meinen Gedanken. Ich sehe meinen Eltern nach wie sie den Friedhof verlassen, ruckartig erhebe ich mich und laufe ihnen hinterher. Unglaublich, wie sich meine Kondition gebessert hat. So viel Sport habe ich schon lange nicht mehr betrieben. Ich laufe und laufe.

Doch als das Auto in unserer Einfahrt hält, bleibe auch ich stehen. In unserer Einfahrt steht ein anderer Wagen, vollgepackt mit Möbeln. Der nur kommt, wenn jemand umzieht.

Etwas, zwischen Leben und TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt