Dreizehn

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Mein Blick schweift durch den Raum in dem ich jetzt stehe. Ein merkwürdiger Geruch steigt mir in die Nase. Schimmel. Tränen. Und Einsamkeit. Leise Stimmen hört man. Meine Schritte leiten mich in den ersten Stock, ins Wohnzimmer. Der Fernseher läuft und eine Gestalt sitzt zusammengekauert auf der Couch.

Ich streiche mir lose Haarsträhnen aus dem Gesicht, um genauer hinsehen zu können. Gerade als ich auf die Person zu gehe, bewegt sie sich. Sie zuckt zusammen und hebt den Kopf.

Unsere Blicke treffen sich und ein Stich fährt durch mein Herz. Diese Person soll mein Mörder sein? Der Mensch, der hier wie ein Häufchen Elend liegt? Unglaublich. Die Gestalt kommt auf mich zu. Es ist ein Mann mit verwuschelten, kastanienbraunen Haar und grauen Augen. "Ich kann dich nicht sehen, aber du bist da, ich spüre es.", flüstert er. Seine Hand hebt sich und er fuchtelt mit ihr in der Luft 'rum. Er will mich anfassen, greift aber ins Leere. "Ich wollte es nicht! Was hätte ich denn tun sollen? Wie hätte ich den Tag überstehen sollen? Ich weiß nicht was mit mir los war!", meint er plötzlich aus heiterem Himmel. Er kniet verzweifelt am Boden und hält seine Hände im Kopf. "Es tut mir Leid..." Sein flüstern ist so leise, doch man hört es.

"Es tut mir Leid! Es tut mir Leid! Wie oft soll ich mich entschuldigen? Richtig. Ich kann mich nie oft genug entschuldigen, denn für das was ich getan habe, gibt es keine Entschuldigung!"

Ich gehe einen Schritt zurück. Okay, mit so was habe ich nicht gerechnet. Seine Stimmung schlägt um, denn er schreit einfach nur noch 'Ahhhh' rum.

Neben dem kleinen Fernseher, steht noch ein viel kleineres Kästchen, auf dem ein Ausweis und ein Bild steht. Der hysterische, total emotionale Typ, der mein Mörder sein soll, stößt das Kästchen um. Ich hebe den Ausweis, der ein Führerschein ist und das Bild auf. Auf dem Führerschein ist zu erkennen, dass der Typ 'Malcom Cray' heißt. Ich schmunzle leicht, ein Malcom, also. Auf dem Foto ist eine Frau, ein Mann und zwei kleine Kinder, die sich zu ähnlich sehen.

"Es ist alles deren Schuld. Wären sie damals zusammen geblieben, könnten sie stolz auf mich sein.", redet er fast mit sich selbst. Im Schneidersitz geselle ich mich zu ihm auf den Boden. "Und dann ist sie einfach weg, mit meinem Bruder Lars. Einfach so. Mich und meinen Vater, diesen Mistkerl, hat sie zurück gelassen. Doch vor ein paar Wochen...", er starrt aus dem Fenster. "Ging er auch."

Mein Kopf geht verständnisvoll auf und ab. Mehr mache ich nicht.

Malcom erzählt weiter: "Ich musste mich doch auch irgendwie über Wasser halten. Geld hatte ich keines und die einzige Möglichkeit war die Tankstelle.", schluchzt Malcom. Fängt er jetzt an zu heulen? Vor seinem Opfer? Ich bin von so einem Weichei getötet worden. Naja, man kann es sich ja nicht aussuchen.

Malcom steht auf und geht in Richtung Balkon Tür. "Wie soll ich es denn wieder gut machen?" Hastig hüpfe ich auf und renne ihm nach. Er probierte gerade auf das Geländer zu steigen. "Nein! Was machst du denn da?", entfährt der Schrei meiner Kehle. "Vielleicht mache ich es so wieder gut.", flüstert er. "Doch was meinst du?"

Aus irgendeinem Grund sind aus der Ferne Sirenen-Geräusche zu hören. Keine Ahnung, wer die Polizei gerufen hat. "Sag schon! Soll ich oder soll ich nicht?"

Meine Füße gehen rückwärts und ich mache den Absatz kehrt und renne zu Tür. Bleibe aber vor ihr stehen. "Du meinst, ich soll nicht? Gehst du deshalb weg?" Er steigt vom Geländer herunter und ich kann erleichtert aufatmen. "Und jetzt? Was kann ich sonst tun, damit du mir verzeihst?"

Die Sirenen kamen immer näher, bis verstummen. Die Polizei ist da. Auch Malcom hat es begriffen, denn ich rüttle die ganze Zeit an der Tür, damit er versteht, dass er raus gehen soll. "Okay, ich tue es." Ich reise die Tür auf und renne hinaus. Malcom Cray, mein Mörder, mir nach. Und er läuft direkt in die Arme der Polizei.

Ein Polizist nimmt ihn fest und meint: "Sie sind verhaftet, wegen Mord an der 17- jährigen Caroline Mason. Wollen sie irgendetwas dazu sagen?" Malcom sagt: "Nein. Ich bin der Mörder. Es stimmt."

Und so setzen sie sich in den Wagen und fahren davon. Ich stehe schockiert, erleichtert und doch irgendwie glücklich da. Meine letzte Aufgabe ist geschafft!

Etwas, zwischen Leben und TodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt