Neue Gesichter

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Timea

Wir drangen tief in den Wald ein, es war stockdunkel und ich tastete mich zögernd voran. Mehrmals blieb ich an Dornen hängen und stolperte über Wurzeln, Logans Bewegungen waren gleichmässig und leicht, er schlängelte sich geschickt durch den Wald. Nur einmal blickte er sich kurz zu mir um und sah mich mit seinen goldenen Augen an. Nach einer Weile erkannte ich ein schwaches Glimmen aus der Ferne und als wir auf eine Lichtung traten blickte ich direkt in Saphiras Gesicht. Sie stand neben ein paar anderen Teenagern an einem Feuer. Ihr Blick war auf mich gerichtet und im selben Moment verstummten auch die restlichen Gespräche als ich die Lichtung betrat. Ich blickte mich um, das schwache Leuchten des kleinen Feuers warf lange Schatten. Neben Saphira und Luke standen noch zwei andere; ein Mädchen und ein Junge, etwa im selben Alter wie ich. Das Mädchen hatte stahlblaue eiskalte Augen, hatte ihre dunkelblonden Haaren zu einem Zopf gebunden und musterte mich neugierig. Der Junge stand etwas abseits im Schatten, er hatte kurze braune Haare und trotz der Dunkelheit konnte ich seine wissenden grauen Augen sehen. Dann stellten sie sich vor. Medea und Lunos, so hiessen sie also. Es stellte sich heraus dass sie etwas weiter unten an der Küste wohnten, ob sie an die SMH gingen sagten sie nicht. Ich hatte sie jedenfalls dort noch nie gesehen. Nun wurde ich langsam ungeduldig. Was war dass hier ? Ein Prank in einer Talkshow, wohl kaum. Hilfesuchend blickte ich zu Logan, er sah weg. Oh danke, sehr hilfreich. Dann stellte ich mich vor. "Es gibt einen Grund warum ihr hier seid", begann Saphira, "unsere Welt wie wir sie kennen wird bald nicht mehr sein für die wir sie gehalten haben, ich habe eine Nachricht bekommen, die alles verändert hat." Von was spricht sie bloss? Ich war hier anscheinend die einzige die nicht wusste um was es ging, alle schienen erschrocken.

Saphira

"Vielleicht kennt ihr die Geschichte schon, doch ich werde sie dennoch erzählen für diejenigen die sie noch nicht kannten."

Es gibt viele Erzählungen und Geschichten über die Wölfe des Mondes. Früher erzählten sich die Leute sie wären eine Strafe der Götter, später ein Geschenk und heute ? Heute glaubt fast keiner diese Geschichten mehr, nur diejenigen die sie miterlebt hatten. Die Mondwölfe waren weder Strafe noch Geschenk der Götter. Sie entstanden aus einer verbotenen Freundschaft. Lange Zeit bevor wir angefangen hatten die Jahre zu zählen waren Wölfe und Menschen sich fremd, kannten einander kaum und waren verfeindet. Doch wie es sie immer gibt, gab es in dieser Geschichte auch zwei Herzen. Durch Zufall hatten sie sich kennengelernt und schlossen gleich darauf Freundschaft. Ihre Freundschaft war etwas besonderes, nicht nur weil sie zwischen Mensch und Wolf war. Sie war stärker als alle andern sie brach nie auch nicht in den schwersten Zeiten. Wie in vielen Geschichten war auch ihre Freundschaft verboten und in einer Vollmondnacht liefen sie fort. Sie wollten endlich Frieden, Wölfe und Menschen vereint und nicht gegeneinander. Sie liefen und liefen, Hand in Hand, bis sie an einen kleinen See kamen. Dort merkten sie dass sie verfolgt wurden. Von der eigenen Familie gejagt. In der damaligen Welt bedeutete Widerstand Tod. Sie wussten dass es zu spät war und kletterten gemeinsam auf einen hohen Fels. Ihre Verfolger waren ihnen dicht auf den Fersen. Es war nur eine Frage der Zeit bis sie eingeholt werden würden. Dann traten sie vor. Hielten sich an den Händen. Starrten auf das glasklare Wasser und mussten einen Entschluss treffen. Sie blickten sich kurz an, lächelten zuversichtlich, traurig gleichzeitig. Voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft in der die Menschen und Wölfe zusammen in Frieden leben würden. Ihre Verfolger waren nun auch auf den Felsen geklettert, drängten sie an den Rand. Die letzten Versuche und tränenüberströmte Gesichter die um Frieden baten halfen wie die Menschen nunmal waren nicht. Das letzte Mal tief einatmen, den glasklaren See sehen, die eigene Träne hineintropfen sehen, die kleinen Wellen die sie auslöste bis sich das Wasser des kleinen Sees rot färbte. In dieser Nacht starben sie, Wolken schoben sich vor den Mond.

Es war Blutmond.

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