Leben in der Menschenwelt

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Es ist wirklich kaum zu glauben, dass dieses Ereigniss nun schon ein Jahr her ist. Vor einem Jahr sind wir aus unserer vertrauten Heimat in eine uns unbekannte Welt gezogen. Vor einem Jahr wurden uns vom sogenannten Rat der Woodwalker Papiere erstellt ohne die man in der Menschenwelt nicht exestiert. Und vor einem Jahr wurden wir in einem Mini-Clan untergebracht, den die Menschen Familie nennen. Die "Anführer" der Familie, die uns so bereitwillig aufgenommen hat heißen Ayumi Parra und Cho Parra. Bei Menschen ist es üblich zwei Anführer zu haben. Außerdem haben Menschen zwei oder mehr Namen. Ayumi ist eine große freundliche Frau mit kurzen, schwarzen Harren und hat immer ein Lächeln für uns. Sie betreibt einen eigenen Bäckerladen und versucht uns ab und zu auch mal ein paar Rezepte zu erklären (Sturmpfote hatte bei seinen ersten Backversuch allerdings fast die Küche in Brand gesetzt, desshalb hat er Zugangsverbot). Cho ist eher das komplette Gegenteil. Sie ist zurückgezogener und interessiert sich nicht besonders an anderen Menschen. Sie lässt ihre langen roten Haare wachsen, weil sie sich unwohl fühlt, wenn Menschen zu viel von ihrem Gesicht sehen. Der Beruf den sie trotzt ihrer introvertierten Art voller Begeisterung ausnutzt ist Grafikdesigner. Cho ist kaum wieder zu erkennen, wenn sie über ihre neuen Aufträge redet oder uns die Anatomie von Tieren und Menschen erklärt. Außerdem hat Ayumi den Zweit-Namen von Chos Familie angenommen, als die beiden Gefährten wurden.

Cho und Ayumi sind beide keine Woodwalker, aber sie wissen, dass es sie gibt. Beide haben kein Problem damit, dass wie ab und zu auf Streifzug gehen oder auch mal draußen schlafen. Wir sollen uns nur regelmäßig bei ihnen melden und wenn wir rauswollen abmelden.

Auf die Clearwater High durften wir damals noch nicht. Wir waren in Menschenjahren noch zu jung.

"Kaori! Los komm! Wie wollen los!", hörte ich die vertraute Stimme meiner Pflegemutter. Kaori...mit diesem Namen kommte ich nich noch nicht anfreunden. Es war mein Menschename, den Ayumi für mich ausgesucht hatte. Wir hatten alle einen neuen Namen bekommen, weil es anscheinend ungewöhnlich für Menschen war nach Dingen aus der Natur zu heißen. Auch meine Wurfgefährten hatten neue Namen. So hieß Sturmpfote nun Rei und Rosenpfote nahm stolz den Namen Yuki an.

"Komme, Ma!", rief ich laute zurück und begann hastig mein, noch nasses, Zeichenpapier auf die Fensterbank zu legen. Seit wir in diese neue Welt eingetaucht sind habe ich zeichnen und malen für mich entdeckt. Die Wände in meinem Zimmer durfte ich selbst bemalen. Am Anfang fiel es mir schwer den Stift mit diesen praktischen Menschenpfoten, oder auch Händen, zu halte, aber nach anfänglichen Schwierigkeiten ging es dann noch ganz gut. Yuki hatte zum Spaß gesagt, dass sie selbst mit den Hinterpfoten, die die Menschen Füße nennen, malen könnte. Das Bild, dass sie zustande gebracht hatte, hätte selbst ein Junges besser malen können. Das verwirrende an der Menschenwelt ist auch, dass man nicht nur ein Territorium und Beute besitzen kann. So hatten wir jeder ein eigenes Zimmer, einen Kasten namens Schrank in den Menschen ihre Pelze zum Wechseln hängen und einen Tisch. Die Betten bei Menschen waren viel komplizierter als die bei den Clans, aber sie hatten den Vorteil, dass sie bei Regen nicht nass wurden und auch nicht schimmelten. Auch lesen und schreiben haben wir gelernt. Unsere Schülerausbildung wäre so viel einfacher mit Schrift gewesen.

Ich schaute noch einmal auf mein Zimmer, bevor ich meinen Rucksack, noch eine praktische Menschenerfindung, nahm und durch die Tür flitzte, die viel zu hohen Treppen runter und im Eingangsbereich in meine Ersatzpfoten für draußen, auch Schuhe genannt, schlüpfte. Im Eingangsbereich hingen viele Bilder von uns und unserer neuen Familie. Auf einem Bild war Rei der stolz einen selbstgefangenen Fisch in die Kamera hält und auf einem anderen sind Yuki und ich, wie wir auf einem Ausflugsboot stehen und sehr gequält aussehen. Aus irgendeinem Grund hatte sich Ayumi gedacht es wäre eine gute Idee wasserscheue Tiere mit auf eine Bootstour zu nehmen. Es war weniger nass und mehr langweilig einfach nur in einer schwimmenden Nussschale runzutreiben. Auf einem anderen sind wir in einem Vergnügungspark, denn Cho hat erklärt, dass Menschen immer irgendwie beschäftigt werden müssen. Je lauter desto besser. Die Achterbahnen waren gegen aller Erwartungen das beste.

"Die anderen sind schon im Auto. Ihr kommt doch nächstes Wochenende wieder", meinte Cho, die ihre Jacke von Ständer nahm und mir beim Vorbeigehen auf die Schulter klopfte.

"Was willst du mir denn damit sagen? Ist ja nicht so, dass ich euch vermissen werde", gab ich zurückund drehte mich dramatisch weg.

Cho grinst nur durch ihre langen, roten Haare und ihre nussbraunen Augen blitzten schelmisch.

"Ne ne. Ist klar. Aber was anderes: wenn Rei wiederkommt, werden seine Blumenzwiebeln fertig sein. Hat er was worauf er sich freuen kann."

Ja. Rei hatte das Gärtnern für sich entdeckt. Er konnte Stunden im Garten verbringen, zwischen den Pflanzen, die er so mühevoll gezüchtet hatte.

"Er wird wahrscheinlich lieber hierbleiben, wenn er das hört."

"Seid doch froh. Dann müsste ihr euren peinlichen Bruder nicht mitnehmen", meinte unsere Pflegemutter und öffnete die noch angelehnte Tür.

Ich zuckte mit den Schultern und schnappte meinen Schlüssel aus der Schale neben dem Schuhschrank. Beim Rausgehen warf ich noch einen Blick in den Spiegel neben der Tür, zurück schaute eine 13 jährige mittelgroße Zweibeinerin, mit ungewöhnlich blauen Augen und schulterlangem silbernem Fell, dass zum Ansatz hin immer dunkler wurde. Clearwater High. Endlich geht es los.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 16, 2021 ⏰

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