Kapitel 1

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Erschrocken schreckte Rosenjunges hoch. Schon wieder ein Albtraum. Schon der dritte innerhalb des letzten Halbmonds. Rosenjunges kuschelte sich immer noch zitternd dichter an ihre Geschwister.

"Was ist denn, Rosenjunges?", fragte eine schläfrige Stimme neben ihr. Die Stimme gehörte Silberjunges. Rosenjunges Schwester.

"Albtraum", kam die knappe Antwort.

"Schon wieder? Ich denke du solltest dir von Häherfeder Mohnsamen holen."

Das war das letzte was Rosenjunges wollte. Als sie das letze mal von ihren Albträumen erzählt hatte, waren alle total aufgeregt. Als ob der SternenClan ihr einen prophezeihischen Traum schicken würde. Sie stand seufzend auf.

"Ich geh frische Luft schnappen."

"Ich komm mit. Sturmjunges hat die ganze Nacht geschnarcht."

Rosenjunges schnurrte. Ihr Bruder war ein unruhiger Schläfer. Zusammen mit ihrer Schwester trat sie aus dem Bau. Obwohl sie und ihre Schwester Wurfgefährten waren, sah man ihnen kaum eine Ähnlichkeit an. Rosenjunges war grau mit weißen Flecken an Bauch, Pfoten, Schwanzspitze und Nase. Silberjunges dagegen war kleiner, schmaler gebaut. Sie hatte einen silbernen Pelz, der mit schwarzen Flecken übersät war. Besonders fielen ein Stern-förmiger Fleck auf ihrer Stirn und ein Fleck an ihrem Kinn auf. Und Sturmjunges war komplett grau-blau. Das einzige was alle Geschwister gemeinsam hatten waren ihre blauen Augen. Sturmjunges Augen waren dunkelblau. Die von Silberjunges strahlten in einem schönen Himmelblau und Rosenjunges Augen waren in einem zarten Blauton. Draußen ging gerade die Sonne auf und tauchte das Lager in ein orange-farbendes Licht. Rosenjunges atmete die kalte, klare Blattleeren Luft ein. 

"Schon so früh auf? Hat Sturmjunges wieder geschnarcht und euch wachgehalten?", fragte eine weiße Kätzin mit goldenen Flecken.

"Also mich nicht, aber Silberjunges schläft ja auch in der Mitte also musst du sie fragen, Lichtherz", erwiderte Rosenjunges frech.

"Genau. Sturmjunges sollte von Brombeerstern in Schnarchjunges umbenannt werden. Das nächste Mal schläfst du in der Mitte, Rosenjunges", miaute Silberjunges mit gespielter Dramatik in der Stimme.

"Und wenn schon. Ihr müsst ja nicht im selben Bau schlafen wie Löwenglut", rief eine graue Katze vom anderen Ende der Lichtung. "Er sollte in Schnarchglut umbenannt werden."

"Ich schnarche nicht, Rußherz. Du verhörst dich. Der einzige Schnarcher im Bau ist Farnpelz", maunzte Löwenglut ein goldener gestreifter Krieger mit bernsteinfarbenen Augen.

"Wer es glaubt wird selig", flüsterte Rosenjunges Silberjunges zu, die mit einem Zucken ihres Schwanzes ihre Stumme Zustimmung gab.

Löwenglut kam durch das Lager zu ihnen getrottet.

"Na! Wie geht es meinen beiden Lieblingsschwestern?", fragte er mit belustigter Stimme.

"Wir sind leider auch deine einzigen Schwestern", erwiderte Silberjunges ruhig.

Löwenglut blickte zu ihnen runter: "Ja. Leider. Was ist mit Sturmjunges? Denkt er er wird Krieger und besiegt alle Feinde indem er sie in den Boden schläft?"

"Ich wette das tut er", schnurrte Rosenjunges.

Nun trat auch Rußherz heran.

"Komm, Löwenglut. Die Morgenpatrouille führt sich nicht von selbst."

"Genau", mischte sich Eichhornschweif, die Zweite Anführerin, mit ins Gespräch ein.

"Schon unterwegs", miaute Löwenglut und verdrehte die Augen in die Richtung der beiden Jungen.

Nachdem Löwenglut seine Patrouille, die aus Rosenblatt, Blattschatten und deren Schülerin Punktpfote bestand, aus dem Lager geführt hatte trat Brombeerstern aus seinem Bau auf die Hochnase.

"Entschuldigt mich", maunzte Eichhornschweif zu den beiden Jungen. "Ich muss noch die restlichen Patrouillen losschicken."

Rosenjunges blickte ihr hinterher wie sie über die Lichtung zur Hochnase eilte.

"Ich gehe zu Häherfeder, Blattsee und Erlenherz. Gestern meinten sie sie brauchen noch Hilfe beim Kräutersortieren", meinte Silberjunges nach einer Weile.

"Ist gut. Ich gehe Sturmjunges wecken. Diese Schlafmaus soll endlich rauskommen. Zweigast hat mir gestern einen richtig coolen Kampfzug gezeigt, den ich noch üben muss", freute sich Rosenjunges hämisch.

"Bitte breche ihm keine Knochen", bat ihre Schwester und wandte sich ab um zum Heilerbau zu laufen.

"Und selbst wenn, du flickst ihn mir doch eh wieder zusammen", rief Rosenjunges ihr hinterher und Silberjunges nahm diese Bemerkung mit einem Schwanzzucken zur Kenntnis. Rosenjunges zog den Kopf ein und schlüpfte in die Kinderstube. Sie trat zu dem Nest der Geschwister in dem Sturmjunges immer noch schlief.

"Hey! Schnarchjunges. Wach auf!"

"Lass mich Rosenjunges. Ich war die halbe Nacht wach wegen eines mäusehirnigen Dornens", miaute ihr Bruder ohne die Augen zu öffen.

"Der Dorn war mäusehirnig? Dann war er ja schlauer als du, Schnarchjunges."

"Hey. Was soll das denn, Fauljunges?", konterte Sturmjunges.

Rosenjunges stupste ihn spielerisch an. Und endlich stand er auf und schüttelte sich die Moosreste aus dem Pelz.

"Hat ja lange gedauert", bemerkte Rosenjunges.

Sturmjunges knurte spielerisch: "Jetzt da ich wach bin werde ich dich fertig machen und wenn ich gewonnnen habe werde ich Brombeerstern bitten dich in Verliererjunges umzubennen."

"Dazu musst du mich erst mal kriegen", miaute Rosenjunges schadenfroh und rannte los. Sie schoss wie ein grauer Blitz aus der Kinderstube. Sturmjunges torkelte schlaftrunken hinterher. Draußen knallte sie gegen Brombeerstern der auf dem Weg zur Kinderstube war.

"Na da hat aber jemand viel Energie, die abgebaut werden muss", begrüßte er sie.

"Ich will Sturmjunges besiegen. Aber nicht drinnen. Da ist kein Platz. Hier draußen habe ich mehr Vorteile."

"Gut mitgedacht", wurde sie von Brombeerstern gelobt.

Inzwischen war Sturmjunges auch draußen angekommen und schlich tief am Boden auf Rosenjunges zu. Er wackelte mit dem Hinterteil und sprang. Geschickt wich Rosenjunges aus und stürtzte sich auf ihren Bruder. Brombeerstern schnurrte und trat zurück um ihnen Platz zu machen. Kurz waren die beiden nur ein kämpfender Knäul, aber bald schaffte es Rosenjunges Sturmjunges runter zu stoßen und ihm die Pfoten in den Bauch zu rammen. Sturmjunges war zwar träge aber stärker als sie und schaffte es sie umzuwerfen. Rosenjunges wand sich und schaffte es sich zu befreien. Keuchend wichen die beiden Junges voneinander zurück.

"Gut gekämpft. Alle beide", maunzte Brombeerstern. "Ein Tipp für die Zukunft. Wenn ihr unter einem Gegner liegt stellt euch schlapp, wenn er seinen Griff lockert könnt ihr wieder angreifen. Und noch was: sucht euch einen anderen Gegner. Ihr seid ungefähr gleich stark also macht es keinen Sinn gegeneinander zu kämpfen. Wo ist eigendlich Silberjunges?"

"Keine Ahnung. Ich habe sie heute noch nicht gesehen", bemerkte Sturmjunges.

"Sie ist im Heilerbau und hilft beim Kräutersortieren oder so."

"Scheint als hätte da jemand seine Bestimmung im Amt der Heilerkatze gefunden", miaute Brombeerstern mit zuckenden Schnurhaaren. "Da wird es ihr nicht gefallen was ich beschlossen habe."

"Was hast du denn beschlossen?" fragte Sturmjungs neugierig.

"Die anderen Clans ziehen uns immer damit auf, dass wir zu viele Heiler haben. Ich habe beschlossen erst mal keinen neuen zu ernennen."

"Wegen den mäusehirnigen Kommentaren anderer Clans darf Silberjunges keine Heilerin werden?", fragte Rosenjunges wütend.

Brombeerstern seufzte: "Ihr seid noch zu jung, um das zu verstehen." Mit diesen Worten wandte er sich ab.

Arme Silberjunges, dachte Rosenjunges. Ihre Schwester tat ihr leid. Andererseits freute sie sich mit Silberjunges zu jagen und zu kämpfen. Aber könnte das Silberjunges dann immernoch genießen nachdem sie ihren Traum aufgeben musste?

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