Kapitel 7

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"Ich fasse es noch immer nicht."
Mit starrer Miene starrte sie zum Flughafen Londons hinunter, der immer näher kam und sich ihr als dreidimensionales Gitternetz zeigte.
Fukuzawa, der ehemalige Silberwolf, hatte die glorreiche Idee, sie vorerst ins Ausland abzuschieben. So würde sie vorerst in Sicherheit vor dem Militär sein. Doch das Versteckspiel würde sie nicht ewig spielen können. Wenn das Militär jemanden wirklich wollte, dann würden sie alles daran setzen, diese Person in ihre Hände zu bekommen, nur um ihre Einheiten zu verstärken. Ihnen war es egal, wenn sie dadurch Leben zerstörten.
"Wir werden das schon hinbekommen!"
Kunikida hielt in seinen Händen eine ausgebreitete Karte der Stadt. Entweder war es ihm egal, dass sie Angst hatte, oder er bemerkte es tatsächlich nicht.
"Du bist keine große Hilfe, 'Papa'!", brummte sie verärgert und verschränkte die Arme vor der Brust.
Während sie zuerst noch dankbar und erfreut gewesen war, über seinen Einfall mit der Schwangerschaft, wusste sie nun nichts mehr mit dieser Rettung anzufangen.
Mit ein wenig mehr Zeit, wäre ihr vielleicht etwas besseres, als eine Schwangerschaft, eingefallen. Bis dato wusste sie noch nicht einmal, dass Kunikida so nervös werden- und dabei doch tatsächlich das Denken vergessen konnte!
Ob es gut gehen würde, mit ihm eine Weile in England zu bleiben?
Besonders sicher war sie bei dieser Sache nicht.

Eine Stunde später befanden sie sich auf dem Weg zu ihrer vorübergehenden Unterkunft. Eine Dreizimmerwohnung in der Innenstadt. Sie war eine Immobilie ihres Vaters, aus der Zeit, zu der er noch als Silberwolf bekannt war. Damals hatte er noch nicht gewusst, oder erwartet, eine so anstrengende Tochter wie Makoto zu bekommen.
Natürlich hat Fukuzawa für alles gesorgt und sogar daran gedacht, ein Auto für sie zu mieten, mit dem sie nun die Greenstreet ansteuerten, die gegenüber einer großen Parkanlage lag.
In den nächsten Wochen würde es entweder ziemlich langweilig werden, oder drunter und drüber gehen, falls man ihr auf die Spur kam oder eben nicht. Da sie ihnen so wichtig war, würden sie ihr gewiss auflauern. Wie gut, dass sie nicht allein war, wobei Ranpos Anwesenheit vielleicht sinnvoller gewesen wäre, in Anbetracht seiner Fähigkeit zur Analyse. Er hätte ihr immer aktuelle Infos geben können und sie warnen können. Ob er das trotzdem schaffte, wenn er am anderen Ende der Welt war?

"Das war wirklich nichts, auf das ich hin gearbeitet habe, Makoto!", versuchte sich Kunikida abermals zu entschuldigen, doch sie wollte diese Worte nicht von ihrem Vorbild hören. Sie änderten nichts an ihrer Situation. Und er hatte gedacht, sie wäre ihm nicht böse diesbezüglich. Wie sehr er sich doch täuschen konnte!
"Hör auf." Sie schüttelte den Kopf und sah ihn an. Sein Blick war stur auf die Straße gerichtet. Er biss sich frustriert auf seine Lippen. Sie waren bereits ganz wund. "Lass uns das Beste daraus machen. Soweit ich weiß, waren wir beide noch nie in England. Wir könnten das als Chance nutzen, ein wenig das Land kennenzulernen."
"Du nimmst es mir also doch nicht übel?"
Hoffnung schwang in seiner Stimme mit.
Makoto richtete den Blick wieder nach vorne und schloss ihre Augen, um die anstrengenden Bilder nicht sehen zu müssen.
"Ich würde lügen, würde ich diese Frage mit nein beantworten. Das Militär wird bereits bemerkt haben, dass wir gelogen haben. Es wäre besser gewesen, Zeit zu schinden und einen ärztlichen Bericht fälschen zu lassen, dass ich krank wäre."
"Sie werden dich nicht bekommen, dass habe ich deinem Vater schon damals versprochen, als ich der Firma beigetreten bin!", schrie er aufgebracht.
Erschrocken zuckte sie zusammen und riss die Augen auf.
"Was zum Teufel meinst du bitte mit "schon damals"?", fragte sie und sah, wie sich seine Hände um das Lenkrad soweit verkrampften, dass seine Knöchel weiß hervor traten und die bläulichen Adern auf seinen Händen anschwellten.
Ihr Vater hatte von Bitten gesprochen, die vor zwei Monaten anfingen. Wollte Kunikida ihr etwa gerade erklären, dass das Militär tatsächlich bereits länger schon hinter ihr her war?
"Bitte, sei ehrlich zu mir. Seit wann, versucht das Militär mich anzuwerben und ich weiß nichts davon?" Ihre Stimme zitterte und Kälte machte sich vor Aufregung in ihren Gliedern breit. Unkontrollierbar schlug ihr Herz schneller in ihrer Brust. Sie konnte ihren Puls in ihrem Hals spüren, so stark war er.
"Schon seit zwei Jahren...", legte er nun offen. Diese Zwei Jahre erklärten ihr einiges. Vor ungefähr zwei Jahren fing ihr Vater an, keine Zeit mehr zu haben und kam immer später nach Hause. Nachdem sie ihm ständig vorgeworfen hatte, sie zu hassen, schämte sie sich so sehr. Ihr Vater hatte sie beschützt und so dankte sie es ihm aus Unwissenheit! Sie fühlte sich so schlecht deswegen, dass ihr die Tränen kamen, hatte nicht damit gerechnet.
>>Warum hast du nichts gesagt?<<, fragte sie in Gedanken an ihren Vater gerichtet und ballte ihre Hände zu Fäusten.
Sie war ihm so vieles schuldig! Wie konnte sie das nur wider gutmachen?
All die Beschimpfungen konnte sie nicht mehr zurücknehmen, nachdem sie einmal gesagt wurden!

The idealist who felt in love (Bungou Stray dogs) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt