Kapitel 9

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,,Ich beschütze dich", flüsterte er ernst in ihr Ohr, bevor er seine Hände von ihr löste, um ihr intensiv in die Augen sehen zu können. Dunkle Ränder zierten ihre sonst so wachen Augen, die von ihren Tränen gerötet und geschwollen waren.
,,Diese Worte gehen nicht an den Chef, sondern an dich. Ich verspreche dir, dich zu beschützen. Es wird alles wieder gut."
Ihre Gesichter waren sich immer noch ganz nahe.
Makoto ließ den Blick fasziniert über jeden Millimeter seines Gesichtes wandern. Zum ersten Mal erkannte sie die feinen Sommersprossen, die auf seiner Stirn tanzten und die grünen Spränkel in seinen braunen Augen. Zwischen seinen Augenbrauen waren deutliche Furchen zu sehen, weil er ständig grimmig schaute. Auf seinen weichen rosa Lippen lag ein sanftes Lächeln. So nahe waren sie sich noch nie gewesen. Wie oft hatte sie sich diesen Moment schon herbei gesehnt? Nun wurde ihr Wunschtraum zur Realität und sie kam sich ein weiteres Mal so beschämt vor, so vor ihm zu stehen.

Ihre Tränen haben endlich aufgehört zu fließen. Erleichterung füllte sein Herz. Wenn er eines nicht ertrug, dann waren es ihre Tränen. Er hatte sich geschworen, emotionalen Abstand zu ihr einzuhalten. Niemand hatte gesagt, dass er das musste, aber er hatte stets das Gefühl, seinem Chef irgendetwas schuldig zu sein.
Vielleicht war es auch nur eine Ausrede, weil er so sehr an seinen Idealen hing, dass er nicht darüber hinweg kam, sie einfach weg zu werfen. Diese Ideale waren alles für ihn. Sein ganzes Leben richtete sich nach ihnen. Wie sollte er sie von einem Tag auf den anderen aufgeben können?
Diese Beziehung war für ihn ein Tabu, dass er sich selbst aufgelegt hatte. Sein Chef hatte es nicht selbst ausgesprochen. Für ihn war es jedoch wie ein unausgesprochenes Gesetz, dass die Tochter des Chefs ein Tabu darstellte. Und wenn er sie noch so sehr mochte. Allerdings brökelte der Wille, sein eigenes Tabu einzuhalten. Und das nicht nur, weil sie vom Chef gezwungen waren diese Fake Beziehung zu führen. Und das alles weil ihm diese Worte rausgerutscht waren.

,,Ich bin nicht sauer, war ich nie", schniefte Makoto und senkte den Blick auf seine beige Krawatte. Er konnte es nicht kontrollieren, sein Herz schlug unaufhaltsam schneller. Wie konnte es auch nicht, wenn er eine Frau im Arm hielt die er so gern hatte?
,,Willst du mir sagen, was wirklich der Grund ist?"
Unsicherheit blitzte in ihren Augen auf und wechselte sich immer wieder mit etwas ab, das Kunikida als Entschlossenheit erkannte. Sie war hin und her gerissen.
,,Ich will nicht, dass sich etwas ändert", gab sie flüsternd zu und löste sich vorsichtig von ihm und trat einen großen Schritt zurück.
,,Was sollte sich ändern?", hakte er nach und kam den Schritt auf sie zu, den sie zurück gemacht hatte. Sie sollte es endlich aussprechen. Er wollte es endlich von ihr hören.
,,Du bist der Mann, dem mein Vater von allen im Büro am meisten vertraut, mehr als mir sogar."
Sie blieb stehen und ließ geschehen, dass Kunikida ihr noch näher als zuvor kam. Seine Hände stützte er rechts und links, neben ihrem Kopf, an der Wand ab, zu der sie gewichen war.
Ihr warmer Atem streifte seine Hand und ließ ihn erschaudern. Eine letzte Träne bahnte sich ihren Weg aus ihrem Augenwinkel, als sie ihre Lippen auf seinem Handgelenk platzierte. Sie fühlten sich auf seiner Haut glühend heiß an. Er genoss die Wärme, die Makoto ausstrahlte und kam nicht umhin, ein ziehen in seinem Inneren zu bemerken. Er senkte den Kopf, sodass sich ihre Gesichter wieder ganz nahe waren.
Ihre Stimme zitterte, als sie wieder zu sprechen begann.
,,Ich weiß, dass du alles in deinem Leben bereits geplant hast und ich weiß auch, dass ich nicht deinem Ideal als Frau entspreche. Weder noch ist die Zeit die richtige..."
Er spannte sich an. Das hatte er selbst nicht gewollt. Nun verstand er, warum sich sein Schützling in den letzten Jahren immer mehr versucht hatte sich zu verändern, gelungen war es ihr nie und sie war so frustriert deshalb gewesen. Es war eine Weile her, da hatte Kunikida begriffen, dass Makoto sich in ihn verliebt haben musste. Indem er gemein und strenger zu ihr gewesen war, hatte er versucht, ihre Gefühle zu ändern, aber er musste sich eingestehen, dass die Liebe viel mehr aushielt und sie nicht steuerbar war. Sie versuchte es umso mehr, je mehr Abstand er gewinnen wollte.
Makoto war nicht sein Typ und die Zeit war auch noch nicht perfekt. Es gab keinen schlechteren Zeitpunkt, sich nun wirklich aufeinander einzulassen. Er mochte schlaue Frauen. Jemand der nicht so tollpatschig war und jeden Tag auf der eigenen Treppe ausrutschte. Eine Frau die nicht ständig zu spät kam, weil alles Mögliche passierte. All das redete er sich ein. Und doch...
Er beugte sich weiter vor, bis er seine Stirn gegen lehnen konnte. Zittrig streifte sein Atem ihre Lippen. Ihm war so furchtbar heiß. Er hatte diese Gefühle nun schon so lange zurückgehalten. Sein Herz fühlte sich an, als würde es jeden Moment vor Gefühlen platzen. Bevor er Makoto kennengelernt hat, hatte er sowas noch nie zuvor für eine Frau empfunden. Selbst die Frauen, die er mochte und in Betracht gezogen hatte, hatte er immer abgelehnt, weil die Zeit einfach noch nicht die Richtige war. Doch Makoto konnte er einfach nicht gehen lassen.

,,Meine Ideale sind mir sehr wichtig, aber ich kann meine Gefühle nicht steuern. Was denkst du denn, warum ich das alles hier für dich getan habe? Nur für deinen Vater?"
,,Wenn du mich magst, warum hast du es nicht früher gesagt, sondern warst so gemein zu mir?"
Er schlug wütend mit der geballten Faust gegen die Wand, sodass sie zusammen zuckte.
,,Es ist schwer, seine Ideale loszulassen", sagte er schwach und legte eine Hand an ihre Wange.
,,Ich dachte, dass die Gefühle verschwinden würden, wenn ich dich nicht näher an mich heran lassen würde. Wie falsch ich doch lag", flüsterte er und ließ seinen Kopf auf ihre Schulter sinken.
,,Wenn uns das Militär auf die Schliche kommt, weiß ich nicht, was ich noch tun soll. Ich habe versprochen, dich zu beschützen, aber ehrlich gesagt weiß ich nicht, was ich dagegen tun soll, dass sie dich zur Wehr verpflichten oder dich vielleicht zwingen ein Jagdhund zu werden", brach es aus ihm heraus. Seine Hände krallten sich in ihre Schultern. Seine Schuldgefühle holten ihn ein. Er könnte es sich niemals verzeihen. Sanft legten sich ihre Arme um seinen Körper und drückten ihn noch enger an sich.
,,Du hast gesagt, dass alles wieder gut wird. Ich glaube dir, dass wir eine Lösung finden."
,,Nein, ich habe uns mit meiner Idee ziemlich in die Ecke gedrängt. Wir sollten wirklich nicht überrascht sein, wenn sie deine Arztberichte durchsehen."
Makoto schwieg. Tausende Gedanken schlugen auf sie ein. Was sollte sie tun?
,,Lass uns vorerst hier bleiben und so tun, als wäre alles in bester Ordnung", kam es ihr über die Lippen. Es waren mehr ihre Gedanken, die sie einfach laut ausgesprochen hat als das, was der Verstand ihr riet. Sie wusste selbst, dass nichts einfach wieder gut werden würde. Die brauchten Zeit, um sich etwas Besseres einfallen zu lassen.
Kunikida hob den Kopf und lächelte traurig während er ihre Wange sanft streichelte.
,,Wird schon schief gehen", raunte er und hauchte ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn.
,,Danke, Kunikida... für alles. Du hast so viel für mich getan, wie soll ich das nur wieder gut machen?"
,,Lass mich bei dir bleiben", sagte er mir einem Flehen in den Augen und einen schwachen Lächeln auf den Lippen.

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Hallo liebe Leser,

Es tut mir so leid das wirklich sehr lange nichts mehr kam. Meine Ausbildung erschöpft mich ziemlich, sodass ich erst jetzt Lust hatte wieder zu schreiben. Aber wie versprochen geht diese Geschichte weiter und ich hoffe es sind nicht alle geflüchtet. ❤️

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 18 ⏰

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The idealist who felt in love (Bungou Stray dogs) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt