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Endlich war es soweit. Nervös saß ich mit meinem kleinen Köfferchen in der Bahn nach Berlin und beobachtete draußen die vorbeifliegende Landschaft. ich hatte mir extra die Woche hierfür frei genommen. 

Meine Gefühle schwankten immer wieder zwischen "Das wird richtig cool!" und "Oh Gott, wo hast du dich da bloß rein geritten?", und mein Bauch fühlte sich ganz kribbelig an vor Aufregung. Ich hatte mir eigentlich ein Buch mitgenommen, weil mich Lesen normalerweise immer ablenkte, aber dieses mal konnten mich die Seiten leider nicht in eine andere Welt ziehen. Stattdessen zog ich meine Kopfhörer aus der Tasche und machte Musik an. 

Da man für die erste Auswahl ein Lied seiner Wahl von Firebird singen sollte hatte ich mir in den letzten Wochen alle ihre Alben hoch und runter angehört. Ich hatte die Band früher immer mal wieder im Radio gehört und ihre Lieder auch immer alle gut gefunden, aber es war nie eine Band gewesen, deren Lieder ich bewusst gesucht hätte um sie zu hören. 

Das hatte sich jetzt ein wenig geändert. Warum hatte ich all die Jahre nicht bemerkt, was ich verpasst habe? 

Firebird waren alte Hasen, seit gut 15 Jahren im Geschäft und fast ebenso viele Alben. Sie hatten sich hochgearbeitet, erst klein angefangen, dann immer weiter gemacht, und mittlerweile waren sie aus der Musikszene nicht mehr wegzudenken. Sie hatten ihren ganz eigenen Stil und trotzdem waren sie die klassischen Rockstars. Mir war schleierhaft, wie ich sie hatte so lange ignorieren können. Sie hatten absolutes Suchtpotential. 

Nach einigen Stunden war ich endlich in Berlin angekommen. Mit jedem Meter mehr bis zu meiner Haltestelle war meine Nervosität gestiegen. Jetzt war ich endlich da. Die Zugtüren öffneten sich vor meiner Nase und da war es: Berlin. Etwas wacklig auf den Beinen und mit flauem Magen kletterte ich aus dem Zug und hob mein Köfferchen au den Bahnsteig. Dann ging es los, ich musste mein Hotel finden. 

Dank google maps ging das sehr schnell, und so war ich am frühen Abend bereits in meinem Hotel. Mein Zimmer war die typische Neutralität. Ein Zimmer, das nicht groß gefiel, aber auch nicht missfiel. ich war eh nur für das Casting hier und brauchte keinerlei Luxus außer Sauberkeit und einer einigermaßen angenehmen Lage. 

Nachdem ich mich frisch gemacht hatte stiefelte ich los um etwas zum Abendessen zu finden. Es war merkwürdig, so ganz alleine durch so eine große Stadt zu laufen. Berlin war für mich das Tor zur Welt. Ich wurde erschlagen von Eindrücken jeglicher Art und fühlte mich klein und unbedeutend in der Dynamik der Stadt. Hier waren alle cooler, schicker, abgebrühter, erfahrener als ich. Gott sei Dank fand ich schnell ein kleines und nettes Restaurant, in welches ich mich setzen konnte, so fühlte ich mich zumindest vorerst angekommen und berechtigt, irgendwo zu bleiben und einen Platz einzunehmen. 

Während ich auf mein Essen wartete, schrieb ich Sarah.

"Bin etwas Essen. Berlin ist so groß! Fühle mich ein bisschen verloren" 

Es dauerte nicht lange, bis sie zurück schrieb.

"Schick mal ein Bild vom Essen, du alter Snackomania. Hoffe, du kannst den Trip trotzdem  genießen. Fühl dich gedrückt! Du schaffst das!" 

Ich musste grinsen, als sie nach einem Bild vom Essen fragte. Das war so eine alte Gewohnheit bei uns, uns von allem, was wir aßen, ein Bild zu schicken. Und das lag einzig und allein daran, dass wir beide Essen liebten und verfressene Krümelmonster waren, deren Beute aber über Kekse weit hinaus reichte. 

Mit Sarahs Worten im Kopf ging es mir direkt viel besser, und das Essen schmeckte auch wirklich fantastisch, was mich noch einmal zusätzlich aufmunterte. Der Heimweg zum Hotel fiel mir direkt viel leichter, auch wenn es schon dunkel geworden war. In meinem Zimmer machte ich mich bettfertig und zappte dann noch etwas durch die Kanäle. es lief mal wieder nichts Gescheites, aber dann wurde wieder die Werbung für die Casting-Show gezeigt, und mit einem Mal war ich wieder sehr aufgeregt. Ich hatte es in den letzten Stunden durch die ganzen anderen Eindrücke sehr gut verdrängen können, jetzt war alles wieder da. Ich machte den fernseher aus und legte mich ins Bett. Ich war noch lange wach, aber irgendwann hatte mich das fremde Rauschen des Stadtverkehrs doch noch in den Schlaf gewiegt. 




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