Die Nacht im neuen Hotel schlief ich schon deutlich besser als die Nacht zuvor. Obwohl schon wieder alles neu war. Aber nachdem das ganze Adrenalin erst einmal von mir abgefallen war, brauchte mein Körper wirklich einmal Ruhe, und die nahm er sich.
Als ich am nächsten Morgen fertig angezogen aus meinem Zimmer trat und zum Frühstück gehen wollte, kam zeitgleich auch meine Zimmernachbarin raus. Es war die Dunkelhaarige. Na toll. Sie sah mich kurz abschätzig von oben bis unten an und stolzierte dann vor mir her unten ins Restaurant, wo uns ein großes Buffet erwartete.
Wäre ich nicht so verdammt hungrig gewesen, ich hätte sicher nichts runter bekommen. Aber mein Magen knurrte wieder wie ein wildes Tier, und so lud ich mir großzügig den Teller voll.
Es gab einen großen Tisch für uns alle, und ich setzte mich zwischen zwei Leute.
Meine Sitznachbarin drehte sich sofort zu mir um.
"Hi, ich heiße Kathi, und du?"
ich stellte mich vor uns wir kamen sofort ins Gespräch. Kathi schien nicht die Hellste zu sein, aber sie war unglaublich nett, und ich war wirklich froh, dass nicht alle Menschen hier so arrogant waren wie meine Zimmernachbarin.
Nach dem Frühstück war es dann auch schon soweit, und wir gingen gemeinsam rüber zum Tonstudio, wo wir schon erwartet wurden.
"So, wo wir nun alle da sind erkläre ich euch heute, wie es hier ablaufen wird. Heute singen wir alle mal einzeln, mal im Duett verschiedene Songs um zu sehen, was passen könnte und auch, welche Kandidaten wir am besten gegeneinander antreten lassen. Ab morgen habt ihr dann einen Duettpartner für das Duell. Ab morgen konzentrieren wir uns dann auf die Einzelarbeit, sodass ihr zwischendurch auch mal Pausen habt. Die könnt ihr nutzen wie ihr wollt, aber wir empfehlen, sie zum Üben zu nutzen. Okay?"
Allgemeines Nicken von allen Seiten.
"Gut, dann lasst uns starten!"
Wir bekamen Songtexte und jeder musste noch einmal vorsingen, sodass ich meine Konkurrenz nun kannte und jeden einmal singen gehört hatte. Dann sangen wir noch ein paar andere Lieder, wurden zu Paaren zusammenstellt und wieder getrennt, alles quer bunt durcheinander. Nach und nach lernte ich die Namen meiner Mitstreiter, und es war eine gute und gelöste Stimmung. Firebird zeigten, dass auch sie nur Menschen wie du und ich waren und machten immer wieder Witze, sodass der Tag wie im Flug verging.
Am Abend fuhren wir dann alle zusammen in ein Restaurant, wo wir zusammen aßen. Es war ein kleines Restaurant, dass mit uns voll besetzt war, sodass wir unter uns waren. Die Bandmitglieder hatten sich unter die Gruppe gemischt. Ich saß direkt neben Alex, was mich schon ein bisschen nervös machte. Klar, er hatte, wie auch die anderen Firebirds, gezeigt, dass auch er nur ein Mensch wie jeder andere war, aber er war halt auch trotzdem noch Alex von Firebird, und noch dazu einfach ein ziemlich cooler Typ, auch wenn er bestimmt schon an die vierzig war. Aber mit dem lässigen Outfit, der Lederjacke, der ewig jungen Rocker-Attitüde war er zeitlos, jung und alt gleichzeitig, und seine Präsenz so nah neben mir machte mir selbst das Atmen ein bisschen schwerer.
Ich wollte mich ja mit ihm unterhalten, wollte ihm zeigen, dass ich auch ein cooler Mensch sein konnte, den es sich lohnte, zu kennen, aber die Dunkelhaarige hatte das Gespräch leider komplett an sich gezogen und textete ihn darüber zu, was sie nicht alles singen könnte. Sie hieß übrigens Irina. Ich fragte mich, ob sie nicht schnallte, wie sehr sie Alex langweilte, denn ich konnte sehen, wie schwer es ihm fiel, aufmerksam zu bleiben. Auf der anderen Seite: Wenn er Irina schon langweilig fand, dann hatte ich ihm sicher nichts interessantes zu sagen. Alex war sicher ständig von tollen, interessanten und bildhübschen Frauen umgeben, da fielen die durchschnittlichen wahrscheinlich gar nicht mehr auf.
Als ich es nicht mehr aushielt entschuldigte ich mich kurz und ging auf Toilette. Dort schrieb ich Sarah und hielt sie auf dem Laufenden. Und nebenbei kotzte ich mich vielleicht auch ein bisschen über Irina aus, ja.
Als ich gerade die Toilette verließ ging die Tür zum Männer WC auf und Alex kam raus.
"Hi", sprach er mich an.
"Hi", gab ich zurück.
"Ich glaube, wir haben uns noch gar nicht unterhalten. Wie gefällt es dir bis jetzt?"
"Gut, wirklich gut! Den ganzen Tag nur mit singen zu verbringen ist mal was anderes"
"Das glaube ich! Ich wette, in der Buchhandlung käme das sicher nicht so gut, den ganzen Tag zu singen"
"Wahrscheinlich eher weniger. das geht wirklich erst, wenn die Türen zu sind und ich aufräume" ,lachte ich. Wir gingen zum Tisch und unterhielten uns weiter. Und wow, es war so einfach, mit ihm zu reden, und noch mehr wow, er hatte sich gemerkt, dass ich in einem Buchhandel arbeitete!
Während ich mein Glück kaum fassen konnte, unterhielten wir uns noch weiter, und jetzt war auch für die andren Kandidaten um uns herum mal die Möglichkeit, sich ins Gespräch einzubringen. Irina saß beleidigt auf ihrem Platz und strafte uns mit Ignoranz.

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Let me hear your voice
ChickLitNachdem Jahr um Jahr meines Lebens verstrichen war, ohne, dass etwas passiert war, etwas Großes, etwas, was man seinen Enkeln mal erzählen würde, beschloss ich, all meinen Mut zusammen zu nehmen und mich bei dieser Casting-Show anzumelden. Natürlic...