-Susie-
Zum wahrscheinlich hundertsten Mal stand ich vor Fagus geschlossener Zimmertür, ohne hineinzugehen. Keiner von uns hatte es bis jetzt über sich gebracht. Fagus war jetzt seit einem Jahr tot und trotzdem war der Schmerz zu frisch. Er und Gilbert waren im letzten großen Krieg gefallen. Das war für uns Andere, Überlebende schwer. Nur gingen uns die Heiltränke aus und Fagus Buch mit den Rezepturen lag auf seinem Schreibtisch, in seinem Zimmer. Irgendwie dumm, dass wir nur ein Exemplar von den Rezepten hatten, die Leben retten konnten.
Das Grüne Beben brauchte dieses Buch. Und er würde nicht wollen das es einfach so vor sich hin modert. Ich atmete tief durch. Auf keinen Fall wollte ich, dass Elli oder Luka das machen mussten. Bale hatte es ebenfalls angeboten, aber ich konnte ihm ansehen wie sehr er seinen besten Freund vermisste.
Ich holte nocheinmal tief Luft und drückte die Türklinke nach unten. Sofort spürte ich Atlas Fell an meinen Beinen entlang streichen, als er sich an mir vorbei in den Raum schob. Zögernd folgte ich ihm.
Es hatte sich nichts verändert, was mich irgendwie störte. Nachdem wir wieder in Sanktum, in dieser Zeit angekommen waren, hatte sich der Gasthaus-Baum, so wie ein großer Teil Sanktums, ein bisschen verschoben. Er war größer geworden, hatte sich wieder in Richtung des Waldes bewegt, weg von den Mauern und der Stadt. Nun sah er wieder freundlich und heimelig aus.
Nicht wie ein Militärstützpunkt.
Allerdings hatte in unseren Zimmern tagelang totale Unordnung geherrscht. (Was das Zusammenleben mit Luka nicht gerade erleichterte.) Aber Fagus Zimmer war unverändert, zwei Regale, ein Bett, ein Schreibtisch, ein Stuhl und ein Nachttisch. Außerdem die Tür zum Badezimmer und mehrere Bilder, Zeichnungen und Notizzettel an den Wänden. Ich musste lächeln als ich auch ein Bild was ich gemalt hatte entdeckte. Fagus hatte sich alle Mühe gegen dieses Zimmer zu einem Zuhause zu machen. Hatte der Baum hier extra alles ganau so gelassen?
Meine Finger fuhren ganz vorsichtig die Regale entlang, alle gefüllt mit eigenen Notizheften, teilweise Romanen und Pflanzen-Sachbüchern.
Mir trieb es Tränen in die Augen und ich schob es in Gedanken auf den Staub, den der Grunderhund aufwirbelte.
Er schnupperte an allem und rempelte immer mal wieder an Möbel und stieß den Stuhl in seiner Aufregung sogar um.
Ich ging zum Schreibtisch, auf dem ein geöffnetes, handgeschriebenes Buch lag. Das musste es sein. Schnell nahm ich es an mich.
Plötzlich hörte ich ein lautes Krachen hinter mir.
„Atlas!" zischte ich.
Nun hatte er auch noch die Schublade des Nachttisches herausgezogen und der Inhalt hatte sich auf dem gesamten Fußboden verteilt. Jetzt durchsuchte er mit seiner Schnautze einen Schuhkarton der wohl in der Schublade gewesen war. Ich kniete mich zu ihm.
„Wir können doch nicht einfach seine Sachen durchsuchen! Lass das!" flüsterte ich leiser als notwendig. Immerhin waren wir alleine in dem Raum.
Aber etwas irritierte mich. In dem Karton waren Bilder, selbstbeschriebene Zettel mit einer fremden Schrift und lauter anderer Kram, der nicht Fagus zu gehören schien.
Jetzt durchsuchte ich doch seine Sachen.
Es waren insgesamt drei Fotos, zwei davon leicht vergilbt, ein alter Detektor, mehrere selbstbeschriebene Zettel, ein Notizbuch mit Stift, zwei normale Bücher und ein Ring.
Ich drehte das Schmuckstück zwischen meinen Fingern. Es war silbern mit einer Rose als Motiv anstelle eines Steines. Dann sah ich mir die Fotos an. Das erste war zu vergilbt um etwas zu erkennen, das zweite zeigte Fagus und eine Zünderin, die ich noch nie gesehen hatte, das dritte war auch etwas ausgebleicht, aber ich konnte Fagus, die Zünderin und vier andere Gestalten ausmachen, nur erkannte man ihre Gesichter nicht. Und dann war da noch ein verschwommenes Tier. Vielleicht ein Hund?
Bevor ich mir die anderen Sachen ansehen konnte, rief jemand meinen Namen. Unschlüssig sah ich zurück zu Atlas Chaos.
„Ich komme" sagte ich halbherzig. Dann stand ich auf und verließ mit Atlas an meiner Seite das Zimmer.
Erst als ich draußen war fiel mir auf, dass es im ganzen Raum nach Fagus gerochen hat. Ich rieb mir die Tränen aus dem Augenwinkel und lief nach unten, der mich rufenden Stimmer folgend.
Meine Gedanken kreisten. Was waren das für Sachen? Hatte Atlas das nur zufällig entdeckt oder hatte er davon gewusst? Hatte er es mir absichtlich gezeigt?-•-
Allister und Robur saßen mit meinen Freunden am Tisch und schienen nur noch auf mich gewartet zu haben. Heute war der erste Tag an dem wir wieder alle zusammen saßen. Zuhause, in Sanktum. Bale, Luka, Elli und ich waren zwar schon vor einer Woche wieder in das Gasthaus gezogen, aber Robur war irgendwohin verreist. In mir machte sich ein warmes Gefühl breit. Meine Familie saß hier bei mir, feixte und lachte.
„Hast du's?" fragte Bale neugierig und rutschte zur Seite um mir Platz zu machen.
„Ja" ich hielt das gefundene Notizbuch in die Höhe, während ich mich setzte, dann reichte ich es ihm.
„Jetzt wollen wir erst einmal in Ruhe essen" Allister lächelte mir aufmunternd zu.
Robur begann uns Fragen zu stellen, die meisten davon über das Rennen und das Vortexläufer-Leben. Ich hielt mich großteils aus dem dem Gespräch heraus und ließ meine Gedanken schweifen.
„Es war schön Holden mal wieder zu sehen" antwortete Elli gerade und ich wurde hell hörig. Bale nickte: „Leider konnten wir nichts aus ihm raus quetschen wo er die letzten Monate war, aber es scheint ihm gut zu gehen"
„Das ist schön. Ich hatte wirklich Sorge um ihn" murmelte Allister. Holden hatte uns vor ein paar Monaten gesagt, er würde nach dem Läuferjahr nicht mit nach Sanktum kommen. Er hatte etwas davon erzählt, dass er zurück zu seiner Familie wollte. Welche Familie den? Sein Vater war tot und über seine Mutter wusste er fast gar nichts. Das alles war uns sehr seltsam vorgekommen, nur konnten wir ihn schließlich nicht am gehen hindern.
„Ich hab garnicht mitbekommen das ihr mit ihm geredet habt" sagte ich, um mich jetzt doch ein wenig am Gespräch zu beteiligen. Elli grinste: „Du warst auch sehr damit beschäftigt mit Luka rum zuknutschen". Ich wurde rot. Bale fixierte Luka mit seinem Großerbruder-Blick und dieser streckte ihm -sehr erwachsen- die Zunge raus.
Auch wenn es wirklich schön war wieder Normalität zu erleben, konnte ich meine Gedanken einfach nicht von Fagus und den Bildern losreißen. Wer war dieses Mädchen? Fagus hatte nicht viel jünger auf dem Foto ausgesehen. Hatte er Freunde von denen wir nichts wussten? Soweit ich wusste hab es keine anderen Zünder in Sanktum. Anderseits... als Bale und Elaine zusammen gekommen waren hatte er nichts gesagt, hatte sich nicht darüber beschwert dass Bale nur noch mit ihr auf Missionen ging und trainierte. Und bei mir und Luka hatte er sich auch nichts weiter anmerken lassen. Bis auf ein paar Drohungen an Luka. Wir hatten ihm nicht mehr viel Aufmerksamkeit geschenkt, aber ihm hatte es nichts ausgemacht.
Immer mal wieder hatten wir Versuche gestartet ihn zu verkuppeln, er wies sie aber alle mit bescheuerten Ausreden ab. Vielleicht hatte er ja mit anderen Menschen zutun gehabt. Er war oft alleine weg gewesen, aber warum sollte er uns etwas verschweigen?
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Das Geheimnis, das den Toten hütete- Vortex Fanfiction
Fanfiction! Dieses Buch ist unvollständig und wird auch nicht weiter geschrieben, da ich die Geschichte nochmal neu begonnen habe. Das neue Buch ist in meinen Werken. ! Das ist eine Vortex Fanfiction. Eine Fortsetzung zu Anna Bennings Trilogie Vortex-Der Tag...