10. Nein heißt natürlich ja

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-Bale-

Susie verhielt sich seit letzter Nacht seltsam. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie immer noch sauer auf mich war. Schließlich war es nur ein kleiner... ja eigentlich war das noch nicht mal ein Streit gewesen. Eher eine Diskussion, darüber was wir als nächstes tun sollten.
Als ich gestern Abend hoch in unser Schlafzimmer gegangen bin lag das Notizbuch nicht mehr auf meinem Nachtisch. Jemand hatte es wieder in Fagus Schublade gelegt. Also konnten wir uns sicher sein, dass jemand in Sanktum war, der das dringende Bedürfnis hatte Fagus Zimmer ordentlich und vollständig zu halten. Ich wollte diesen jemand finden, ihm eine Falle stellen, aber Susie wollte stattdessen Holden oder Lio befragen. Als ob die uns hilfreiche Antworten geben würden.
Jetzt saßen wir jedenfalls am Frühstückstisch und wirkten alle seltsam angespannt.
„Ich glaube wir sollten..." murmelte Susie so leise, dass wir es fast nicht gehört hätten.
„Was?" fragte Robur nach und ließ seine Gabel sinken.
„Ich finde..." sie sah kurz zu mir „wir sollten Holden und Lio in Ruhe lassen und Fagus Zimmer auch."
„Was ist mit Fagus Zimmer und Holden?" Robur sah mich durchdringend an, als ahnte er schon die nächste Weltuntergangs-Katastrophe.
Susie war klug. Das musste man ihr lassen. Hätte sie mich alleine darauf angesprochen hätte ich einfach heimlich weiter machen können, aber wenn die anderen davon Wind bekamen hatte ich mehr Augen auf mir. Besonders Elains.
Ich sah zu Susie, um irgendwie verstehen zu können warum sie das tat. Wir wollten doch beide wissen was dahinter steckte. Warum hatte sie ihre Meinung geändert?
Susie sah mich nicht an. Sie holte Luft und erzählte alles. Angefangen mit dem Tag als sie Fagus Buch mit den Heiltränken aus seinem Zimmer holte und endend mit einem Gespräch, das sie gestern Abend mit Lio hatte und das wohl auch ihre plötzliche Meinungsänderung erklärte.
Die anderen starrten sie nur ungläubig an.
„Und ihr erzählt uns das alles erst jetzt, weil?" Elaine sah böse zwischen mir und Susie hin und her.
„Weil ich wusste, dass ihr uns aufhalten würdet!" Ich versuchte nicht zu Schreien.
„Machst du Witze? Wir müssen auf jeden Fall mehr rausbekommen!"
Susie wirkte ebenso überrascht wie ich.
„Ich liebe dich Barbie" Ich schüttelte grinsend den Kopf. Wie konnte ich nur vergessen wie ähnlich wir uns in manchen Dingen waren.
Robur, Allister und Luka fragten mich nach Details und wollten offenbar auch mehr herausbekommen.
„Nein!" Susie schlug plötzlich auf den Tisch, stand ruckartig auf und schrie so laut das wir alle zusammen zuckten. Sie hatte Tränen in den Augen.
„Niemand wird mehr herumschnüffeln! Versteht ihr Lio's Warnung nicht? Ich schließe Fagus Zimmer ab! Allister wo sind die zwei Reserveschlüssel?" sie fauchte gerade zu, weswegen Allister nicht widersprach. Er machte einen Schlüssel vom Bund ab und reichte ihn Susie.
„Den zweiten hat Fagus. Er hat seinen ursprünglichen Schlüssel schon vor Monaten verloren und mich um einen der Ersatzschlüssel gebeten."
Susie rannte die Treppen nach oben und wir sahen ihr völlig perplex hinterher.

-•-

Nur um sicher zu sein, dass Susie wirklich abgeschlossen hatte, drückte ich Fagus Türklinke nach unten. Nichts passierte. Verschlossen.
Aber deswegen war ich ja auch nicht hier.
Ich ging zwei Türen weiter.
Susie hatte mich auf eine unmoralische Idee gebracht. Mit dem Zweitschlüssel, den ich Allister entwendet hatte, stand ich vor Holdens Tür. Ich sollte wahrscheinlich, aber ich hatte kein schlechtes Gewissen, als ich den Schlüssel im Schloss drehte. Er passte. Zum Glück. Ich hätte es Holden gut zugetraut das Schloss ausgetauscht zu haben.
Sein Zimmer ähnelte meinem altem.
Spärlich eingerichtet, keine allzu persönliche Deko, als wollte er klarstellen, dass er jeder Zeit gehen konnte ohne etwas hier zu vermissen.
Das hier ist und war nie sein Zuhause.
Ich zog die Tür leise ins Schloss. Plötzlich sah ich aus dem Augenwinkel etwas auf leuchten. Ich fuhr herum.
Aber das Zimmer war bis auf die normal Möbel leer.
Hatte ich mir das mir das nur eingebildet? Wenn da etwas gewesen war, war es jetzt jedenfalls weg.
Im Schrank lagen ein paar alte Sachen, eine unserer Läuferuniformen mit Grünes
Beben-Zeichen darauf, Alltagskleidung und eine schwarze Uniform mit einem Schmetterling über dem Herzen. Mir ging auf, dass es die selbe war wie sie Lio gestern getragen hatte. Ich nahm sie aus dem Schrank und sah mir den Stoff genauer an. Er war leichter als der unserer Uniformen, außerdem fasste er sich etwas anders an.
Mir fiel auf, dass es doch nicht genau die gleiche war. An den Seiten hatte Lio's Uniform einem blaue Streifen gehabt, diese hier hatte einen gelb-weiß gestreiften. Ich warf die Uniform aufs Bett, um mich erst einmal mit den anderen Sachen zu beschäftigen.
Nachdem ich auch den Nachtisch und das Badezimmer durchsucht und nichts gefunden hatte, ließ ich mich auf das Bett fallen. Einen weiteren Anhaltspunkt hatten wir nicht.
Und jetzt?
Vielleicht konnten wir ja doch mit Holden oder Lio sprechen.
Hoffnungslos ließ ich meinen Blick durch das Zimmer schweifen. Mein Blick blieb am geschlossenem Schrank hängen. Hatte ich ihn nicht offen gelassen?
Ich ging hin und öffnete ihn. Die Uniform, die ich aufs Bett geworfen hatte hing wieder an der Stange. Hier also auch?
Wann könnte den irgendjemand hier wieder aufgeräumt haben? Ich war vielleicht zehn Minuten im Bad gewesen.
Jemand passte also auf Fagus und Holdens Zimmer und Sachen auf. Aber warum?
Und -noch wichtiger- wer?
Während ich in meinen Überlegungen verschwamm, rief jemand von unten meinen Namen. Hastig schloss ich Holdens Zimmer wieder ab und lief nach unten. Ich hätte schon früher darauf kommen sollen einen Zweitschlüssel zu benutzen. Das war so viel einfacher als das Schloss knacken zu wollen.
Elaine, die nach mir gerufen hatte wartete vor unserem Zimmer und sah mich panisch an.
„Koarsank wird angegriffen!"

Das Geheimnis, das den Toten hütete- Vortex Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt