Kapitel 12 - Irgendwie auch nicht

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James POV

Alistair antwortet mir nicht, also frage  ich nochmal. "Was solltest du mir sagen Alistair?" Er kommt einen Schritt auf mich zu und will nach meiner Hand greifen. Ich ziehe sie weg. Alistair seufzt. "James, bitte. Pardon, ich kann dir einfach noch nicht alles erzählen, dazu fühle ich mich einfach nicht bereit. Das hat aber nichts mit dir zu tun, sondern echt einfach mit mir und der Tatsache, dass ich mich nicht damit auseinandersetzten möchte. Es war nicht leicht in Frankreich, mein Vater...du hast gesehen, wie er mit mir umgegangen ist und da sind auch noch ein paar andere unschöne Sachen passiert. Und ich werde dir das irgendwann auch alles erzählen,  versprochen, aber für den Moment kann ich nicht mehr sagen als das." 

Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich schweige also einen Moment. Und dann legt Maurice seine Hand auf Alistairs Rücken und die beiden sehen so vertraut aus, dass ich nicht glaube, dass da nur Freundschaft zwischen den beiden ist. "Ach so, mir, deinem Freund, den du angeblich liebst, kannst du das nicht erzählen, aber dein ach so toller Maurice weiß davon?" Ich habe ungewollt angefangen zu schreien. Ich sollte vermutlich nicht weiter reden, aber ich kann meine nächsten Worte nicht zurückhalten. "Weißt du, es hat mich so viel Überwindung gekostet, dir von meiner Krankheit zu erzählen. Scheiße, Alistair, ich habe dir vertraut. Du hast gesagt, ihr seid nur Freunde, aber ich habe Augen im Kopf. Lass mich einfach in Ruhe! Ich bin nicht dein scheiß Trostpflaster!" 

Ich ignoriere jegliche Rufe von Alistair, dass ich warten soll. Dass er mit mir in Ruhe über alles reden möchte. Ich ignoriere auch die Rufe von Maurice, dass es ihm leid tut und, dass da wirklich nur Freundschaft zwischen ihm und Alistair ist. Ich reiße mich los, als sie versuchen mich festzuhalten. Irgendwann geben sie es auf und lassen mich gehen. Ich weiß nicht, wie ich es bis nach Hause geschafft habe, aber irgendwann liege ich weinend in meinem Bett und weigere mich, meinem Vater zu erzählen, was passiert ist.

Die nächsten Tage liege ich nur im Bett. Ich esse nicht, ich rede nicht. Alistair kommt immer wieder vorbei und versucht mit mir zu reden, aber ich will nicht. Ich will mit niemandem reden, nicht mal mit meinem Vater.

Mir ist egal, dass es mir zunehmend schlechter geht. Es interessiert ohnehin niemanden. Mir ist klar, dass ich überreagiert habe. Aber das zeigt nur wieder, wie instabil ich eigentlich bin. Also sehe ich keinen Sinn darin, irgendwas wieder hinzukriegen. Es ist sicherlich besser so.

***

Dieses Piepen ist unerträglich. Ich muss meine Augen nicht öffnen, um zu wissen, wo ich bin. Intensivstation. Und danach werde ich um einen Klinikaufenthalt sicherlich nicht drumherum kommen. Dann werde ich das ganze mitmachen, bis ich entlassen werden kann, nur um genau dieselben Fehler wieder zu machen. 

Als ich mich doch dazu überwinden kann, die Augen zu öffnen, bin ich beinahe enttäuscht, dass da nur mein Vater an meinem Bett sitzt. Aber was habe ich denn erwartet? Ich habe Alistair ja klar zu verstehen gegeben, dass ich nichts von ihm will und wahrscheinlich liegt er gerade schon engumschlungen mit seinem Neuen im Bett um sich über seinen Maurice in Frankreich hinwegzutrösten. Kann er ja auch. Zwischen uns ist ja nichts mehr.

Mein Dad reißt mich aus meinen Gedanken. "James! Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Was ist denn nur passiert? Es ging dir doch besser und dann plötzlich kommst du total verweint nach Hause und verweigerst tagelang alles." Wütend starre ich an die Decke. "Alistair ist ein Arschloch, das ist passiert." Mein Vater runzelt die Stirn. "Also dafür, dass er so ein Arschloch ist, hat er sich aber ganz schöne Sorgen um dich gemacht. Er war jeden Tag da und hat ständig versucht, mit dir zu reden und dich irgendwie zu erreichen. Er sah nicht so aus, als würde es ihm gut gehen. Alistair war seit gestern Nachmittag bis heute morgen hier an deinem Bett und hat die ganze Nacht kein Auge zu gemacht." Ich starre wieder an die Decke. "Schön für ihn. Sollte er wieder kommen, kannst du ihn direkt wegschicken. Ich will ihn nicht mehr sehen." Seufzend steht mein Dad auf. "Okay, wie du meinst. Ich hole mal deinen Arzt, bis gleich."

Die Tage vergehen und ich vermisse Alistair. Aber ich bin zu feige, ihn anzurufen. Wie erbärmlich wäre es denn, jetzt doch wieder bei ihm landen zu wollen. Egal was mein Dad sagt, Alistair ist sicherlich längst über mich hinweg und war nur bei mir, um sein Gewissen zu beruhigen. Jetzt habe ich jedenfalls erstmal definitiv Ruhe vor ihm, denn ich komme heute in die Klinik. Mein Handy musste ich schon abgeben und so kritisch wie meine Situation ist, wird man es mir wohl erstmal nicht wiedergeben. 

Ich sitze auf meinem Bett und zeichne, als die Tür zu meinem Zimmer auf geht und ein Junge eintritt. Er sieht mich lächelnd an. "Hey, du bist bestimmt mein neuer Mitbewohner. Ich bin Tim, hi." Ich starre ihn einen Moment lang an, bevor ich antworte. "James. Hallo." Tim setzt sich ungefragt neben mich auf mein Bett. "Nicht sonderlich gesprächig? Und du bist wahrscheinlich magersüchtig, so wie du aussiehst." Leicht verärgert sehe ich ihn an. "Entschuldige bitte? Das ist nicht gerade nett." Er zuckt mit den Schultern. "Mag sein, aber es ist wahr. Ich habe Bulimie. Aber dich scheint das ohnehin nicht großartig zu interessieren. Du willst wahrscheinlich einfach schnell wieder hier raus und früher oder später landest du sowieso wieder hier." Was fällt diesem Typen eigentlich ein?  Ich meine, er hat ja Recht, aber er kann doch nicht einfach so Sachen sagen. "Ich weiß ja nicht, für wen du dich hältst, aber ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mich jetzt einfach in Ruhe lassen könntest." Er steht auf und läuft zu seinem Bett. Dann grinst er mich an. "James, du weißt, dass ich Recht habe. Aber entschuldige, wenn du dich dadurch angegriffen gefühlt hast. Du wirst dich schon noch an mich gewöhnen." 

Ich beginne ungewollt zu lächeln und drehe schnell meinen Kopf, damit Tim es nicht sieht und sich sonst was darauf einbildet. Er ist ja wahrscheinlich ganz nett, aber ich bin nicht hier um Freundschaften zu schließen. Andererseits könnte ich etwas Ablenkung ganz gut gebrauchen. Vielleicht sollte ich Tim doch eine Chance geben.

Hello ihr Lieben🤗
Es geschehen ja bekanntlich noch Zeichen und Wunder...ich habe es geschafft, ein neues Kapitel🥳 
Ich hoffe, es gefällt euch und ihr müsst diesmal wirklich nicht wieder so lange auf ein Update warten🙃
Alles Liebe🥰

Song🎶: Irgendwie auch nicht - Wincent Weiss                                                                                                                                      

Back to you (boy×boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt