Kapitel 4 - Scared

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James POV

Als ich am nächsten Morgen aufwache, habe ich höllische Kopfschmerzen. Und mir ist schlecht. Ich liege definitiv nicht alleine in diesem Bett. Ich sehe mich vorsichtig um und atme erleichtert auf. Das ist Alistairs Zimmer und die Person, die ihre Arme um mich geschlungen hat, ist glücklicherweise Alistair selbst. Außerdem habe ich alle meine Klamotten noch an, es scheint also nichts passiert zu sein. Als ich versuche aufzustehen, wird Alistair wach. Er stöhnt auf. "Merde..." Dann bemerkt er mich und bringt ein Lächeln zu stande. "Bonjour James." Ich setzte mich auf. "Morgen. Wie spät ist es? Wo ist mein Handy?" Alistair lacht leise. "Jetzt werd nicht direkt panisch. Es ist...halb eins. Und dein Handy ist da auf meinem Schreibtisch."

Ich will gerade aufstehen, als Alistairs Mutter Isabeau ins Zimmer kommt. "Mon Dieu, Alistair! Tu-" Sie hört auf zu reden, als sie mich sieht. Dann fängt sie an zu lächeln. "Oh, Bonjour James. Kommt ihr runter, dann könnt ihr was essen und...naja...ein Kaffee tut euch bestimmt gut." Im nächsten Moment ist sie auch schon wieder verschwunden. Alistair sieht mich grinsend an. "Wow, danke. Keine Standpauke." Ich will gerade etwas erwidern, als er aufsteht. Im Gegensatz zu mir hat er nicht mehr all seine Klamotten an, sondern nur noch seine Boxershorts. Als er sich am Montag in der Umkleide umgezogen hat, habe ich überhaupt nicht darauf geachtet, wie er eigentlich tatsächlich so gebaut ist. Bevor ich allerdings irgendwas näher mustern kann, dreht Alistair sich weg und murmelt irgendwas auf Französisch. Was ist denn jetzt los? Ich stehe auf. "Ähm...alles okay?" "Oui...ich...ähm...ich geh mal kurz duschen." Anstatt in der Zwischenzeit endlich mal auf mein Handy zu gucken, lasse ich mich wieder zurück ins Bett fallen und warte.

Als Alistair und ich etwas später in die Küche kommen, stehen zwei Schälchen mit Obstsalat und zwei Tassen Kaffee auf der Theke. Alistair setzt sich auf einen der Barhocker und trinkt sofort einen Schluck. Ich setzte mich neben ihn und greife nach der Tasse. Alistair sieht mich an. "Der Kaffee ist sehr stark...ich weiß nicht, wie ihr euren Kaffee hier so trinkt. Jedenfalls ist da auch kein Zucker drin oder so." Ich nicke nur und trinke vorsichtig einen Schluck. Der Kaffee ist zwar wirklich ziemlich stark, aber er schmeckt eigentlich ganz lecker. Und ohne Milch und Zucker...das ist doch gut.

Alistair beobachtet mich eine Weile, bevor er wieder etwas sagt. "Du musst das nicht essen. Aber...du solltest." "Mir ist aber schlecht." Er hebt eine Augenbraue, sagt aber nichts weiter. Ich frage mich, ob ich Alistair gestern Abend irgendwas erzählt habe. Aber wenn ja, dann weiß er es ja sehr wahrscheinlich auch nicht mehr.

In diesem Moment beginnt mein Handy zu klingeln. Ich werfe einen Blick darauf. Oh Gott, mein Vater. Er macht sich bestimmt Sorgen. Oder er ist richtig sauer auf mich. Ich drücke den Anruf weg, schreibe meinem Vater aber, dass ich gleich nach Hause komme. Alistair steht auf. "Ich schau mal, ob unser Chauffeur da ist. Er kann dich bestimmt nach Hause fahren."

Als ich nach Hause komme sitzt mein Vater in der Küche und sieht noch müder aus, als sonst. Ich sehe zu Boden. "Tut mir leid, Dad." Mein Vater sagt eine Weile gar nichts, dann steht er auf und nimmt mich in den Arm. Perplex erwiedere ich die Umarmung. "Bist du nicht sauer?" Er seufzt. "Naja. Ich habe mir wirklich Sorgen gemacht. Aber ich nehme an, du warst bei einem Freund?" Ich nicke. "Ich war bei Alistair. Dad, ich war betrunken und ich hatte Angst so heim zu kommen." Hingegen aller meiner Erwartungen fängt mein Vater einfach an zu lachen. "Ernsthaft? James, so Erfahrungen gehören halt zu deiner Jugend dazu. Solange du nicht im Krankenhaus landest, bin ich doch nicht sauer auf dich, wenn du mal betrunken bist. Aber warte mal...läuft da jetzt was zwischen dir und Alistair?" Ich spüre, wie ich rot werde. "Nein! Ich meine...es ist auch absolut nichts passiert letzte Nacht." Mein Dad sieht mich vielsagend an. "Wenn du das sagst..." Ich verdrehe die Augen und nehme mir dann ein Glas Wasser.

Im Blick meines Vaters liegt jetzt Besorgnis. "James, hast du was gegessen?" Ich schüttele den Kopf. "Nein, aber ich hab einen Kaffee getrunken. Und jetzt sag mir nicht wieder, dass ich essen muss. Das ist nicht hilfreich." Im nächsten Moment tut es mir total leid, dass ich in so einem fiesen Tonfall mit ihm geredet habe. Bevor ich jedoch irgendwas dazu sagen soll, legt mein Dad mit eine Hand auf die Schulter. "Ich weiß. Ist schon okay. Ähm, hör mal...ich bin heute Abend nicht da." Irritiert sehe ich ihn an. "Wo gehst du hin?" Er sieht etwas verlegen zu Boden. "Ich...ich habe eine Verabredung." Ich versuche zu lächeln, aber irgendwie gelingt mir das nicht so ganz. "Das ist...schön." Als ich sehe wie enttäuscht mein Dad plötzlich guckt, seufze ich. "Dad, ich freue mich, wenn du jemanden findest, der dich glücklich macht. Es ist nur...ein seltsamer Gedanke." Er sieht mich mit einem traurigen Lächeln an. "Danke. Ich weiß ja auch noch gar nicht, ob das überhaupt was wird. Aber ich dachte mir, ich sollte es wohl so langsam mal versuchen." Plötzlich fällt es mir ziemlich leicht zu lächeln. "Das wird schon, Dad. Ich glaube ich geh noch eine Runde raus. Viel Spaß heute Abend."

Eine halbe Stunde später sitze ich in einer abgelegenen Ecke eines Parks auf einer alten Schaukel und warte auf Alistair, den ich vorhin angerufen habe. Ein paar Minuten später klettert er über das Absperrband und sieht mich grinsend an. "Ich hätte nicht gedacht, dass du so illegal unterwegs bist." Er setzt sich neben mich auf die Schaukel und mustert mich genauer. "Ça va?" Ich kämpfe mit aller Mühe gegen die Tränen an, die mir in die Augen steigen. "Mein Vater hat heute ein Date." Alistair sieht sichtlich verwirrt aus. "Pardon, aber das musst du mir genauer erklären." Ich sehe in den Himmel. "Meine Mutter ist vor drei Jahren verstorben. Und ich schätze...es ist einfach ein seltsames Gefühl, dass mein Vater jemand anderen haben wird. Ich meine, ich gönne ihm das ja absolut und es würde mich auch schon für ihn freuen. Aber es ist trotzdem scheiße."

Alistair schaut mich mitfühlend an. "Das tut mir leid. Und ich kann das verstehen...also, dass es so seltsam ist, dass dein Vater jemand anderen hat. Was hatte deine Mutter denn, wenn ich fragen darf." Ich brauche einen Moment, bevor ich antworte. "Krebs. Und ich...keine Ahnung. Ich hab Angst, dass ich selbst irgendwann krank werde. Es war so furchtbar...gerade am Ende. Durch die ganzen Krankenhausrechnungen mussten wir unser Haus verkaufen. Mein Dad hatte da gerade auch noch Probleme auf der Arbeit. Es war echt alles beschissen." Alistair starrt nachdenklich auf seine Füße. "Das tut mir total leid. Ich...ich meine ich kann mir das gar nicht vorstellen. Wir hatten nie finanzielle Probleme. Meine Familie mütterlichen Seits ist sehr hoch angesehen und mein Vater...er verdient viel." Ich sehe zu Alistair. Sein Blick ist irgendwie wütend. Ich frage mich wirklich, was da vorgefallen ist. Ich wage einen vorsichtigen Versuch der Nachfrage. "Alistair...was ist mit deinem Vater? Also, du musst mir natürlich nichts erzählen, aber wenn du willst dann...dann bin ich da." Er sieht zu mir. "Ich glaube letzte Nacht da habe ich meinen Vater als enfoiré bezeichnet." Ich zücke mein Handy und lasse mir das Wort übersetzten. "Ah ja. Was auch immer dich zu dieser  Auffassung gebracht hat...tut mir leid." Alistair lächelt schwach und seufzt dann. "Ich sollte Sport zu meinem Beruf machen. Und jetzt bin ich auf einem normalen Gymnasium. Ich...ehrlich gesagt bin ich froh drum. Ich meine, ich mag Sport und mache das echt gerne aber...nicht so. Außerdem hatte ich letztes Jahr einen Bänderriss und musste eine Weile aussetzen. Ich hab nur das Gefühl...parfois je ne sais pas qui je suis." Ich nicke langsam. "Das Gefühl kenne ich sehr gut."

Ich bin überrascht. Von mir selbst und auch von Alistair. Dass wir plötzlich so ein intensives Gespräch haben, hätte ich nicht gedacht. Ihn anzurufen war wohl die absolut richtige Entscheidung. Jetzt wäre ein guter Moment um ihm einfach alles zu erzählen. Aber bevor ich mich dazu durchringen kann, klingelt Alistairs Handy.

Er wirft einen Blick auf das Display und wirkt mit einem Mal deutlich glücklicher. Dann sieht er wieder zu mir und steckt das Handy zurück in seine Tasche. Ich sehe ihn irritiert an. "Du hättest ruhig rangehen können. Ich meine, das scheint ja jemand echt wichtiges gewesen zu sein." Ich klang gerade fürchte ich etwas gereizter als gewollt. Alistair mustert mich kritisch. "Warum bist du denn jetzt so...äh...énervé? Hab ich was falsch gemacht?" Ich starre auf den Boden. "Wer hat dich denn angerufen?" Ich höre wie Alistair aufsteht und spüre im nächsten Moment seine Hand auf meinem Rücken. "Das war mein bester Freund Maurice...von dem habe ich ja erzählt. James, was habe ich denn gemacht? Warum-" Ich unterbreche ihn. "Du hast nichts gemacht. Ich bin einfach...ich weiß doch auch nicht. Ich muss los." Alistair sieht mich verwirrt an. "Aber warum das denn plötzlich?" Ich winke ab und nehme ihn kurz in den Arm. "Nicht so wichtig. Bis dann." Alistair erwidert etwas perplex die Umarmung. "Okay...à plus. Ruf an, wenn was ist oder so."

Als ich zu Hause ankomme, fühle ich mich plötzlich extrem einsam. Ich wünschte, ich wäre noch länger mit Alistair im Park geblieben. Ihn jetzt schon wieder anzurufen, kann ich echt nicht bringen. Also setzte ich mich alleine in meinem Zimmer ans Fenster und starre nach draußen. Allerdings wird mir im nächsten Moment irgendwie echt schwindelig und ich laufe vorsichtig zu meinem Bett und lege mich hin. Ich sollte jemanden anrufen...

Hello ihr Lieben, es gibt ein neues Kapitel für euch und ich hoffe natürlich wie immer, dass es euch gefällt😉😊
Fühlt euch gedrückt🤗💕

Song🎶: Scared - Jeremy Zucker

Back to you (boy×boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt