Kapitel 5 - Complicated

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James POV

Ich schlage die Augen auf und blicke an eine helle weiße Zimmerdecke. Das ist nicht mein Zimmer. "Mon Dieu, James. Du hast mir echt Angst eingejagt." Ich sehe zur Seite. Alistair sitzt auf einem Stuhl neben dem Bett und wirkt tatsächlich sehr besorgt. Ich schaue mich um. Als ich verstehe, wo ich hier bin, will ich aufstehen, aber Alistair hält mich zurück. "Hey, bleib liegen. Dein Vater müsste auch bald hier sein." Ich runzle die Stirn. "Was ist überhaupt passiert?" Alistair seufzt. "Du hast mich doch angerufen. Und gesagt, dass du deinen Vater nicht erreichen kannst, es dir aber nicht gut geht. Ich hab dich gefragt was los ist und du meintest, dir ist schwindelig. Ich bin dann sofort los zu dir und hab währenddessen weiter mit dir geredet, bis plötzlich keine Antwort mehr von dir kam. Du warst ohnmächtig und naja, ich hab einen Krankenwagen gerufen."

Eine Krankenschwester kommt rein und hält mir eine Flasche entgegen. "Hey James. Schön, dass du wach bist. Sei doch so lieb und trink das hier. Gleich kommt noch mal ein Arzt vorbei und schaut sich nochmal alles an." Ich schaue die Flasche genauer an. Na klasse...Flüssignahrung. Alistair sieht mich prüfend an. "Du musst das trinken. Bitte. James, du...warum?" Ich starre auf meine Hände. "Alistair, ich bin halt...magersüchtig. Das ist alles nicht so einfach." Er wirkt nicht wirklich überrascht. "Das hab ich mir schon irgendwie gedacht. James, du hättest doch was sagen können." Ich seufze. "Das...keine Ahnung. Wir kennen uns kaum. Ich will halt vielleicht nicht einfach irgendwelchen random Leuten gleich sowas erzählen."

Alistair schweigt einen Moment und sieht ein bisschen verletzt aus. Meine Worte waren etwas grob, aber ich kann mich einfach momentan nicht auf das konzentrieren, was Alistair in mir auslöst. Also ist es besser, wenn er einfach gar nicht erst auf die Idee kommt, da könnte vielleicht irgendwas zwischen uns sein. Ich bin einfach nicht gesund genug dafür. Vor allem will ich nicht auch noch Alistair irgendwie zur Last fallen. Es reicht, dass mein Vater sich mit meiner Krankheit rumschlagen muss und ständig besorgt ist. Ich tue gerade nichts falsches.

Alistair sieht mich eindringlich an. "James, was soll das. Ich bin doch nicht einfach irgendjemand. Ich dachte...irgendwas ist doch da zwischen uns." Ich will gerade etwas erwidern, als mein Vater vollkommen bestürzt ins Zimmer kommt. "Oh Gott, James! Was machst du denn wieder für Sachen? Es tut mir so leid, mein Handy war auf lautlos und ich hab nicht mitbekommen, dass du mich angerufen hast." Ich sehe meinen Dad besänftigend an. "Alles gut...ich meine, du warst ja auch bei einer Verabredung. Oh Gott...tut mir leid, jetzt musstest du ja einfach gehen." Mein Vater sieht mich kopfschüttelnd an. "James, du bist doch so viel wichtiger als irgendeine Verabredung. Und das war jetzt nicht so schlimm...es lief eigentlich ziemlich gut." Jetzt sieht er zu Alistair. "Hi, du musst Alistair sein. Schön dich kennenzulernen." Alistair kommt auf ihn zu und schüttelt seine Hand. "Oui, genau. Freut mich Monsieur Carter." Mein Dad lächelt. "Nenn mich doch bitte Luke. Vielen Dank, dass du dafür gesorgt hast, dass James hier her kommt." Alistair nickt kurz und deutet dann zur Tür. "Pardon, ich muss dann mal los. Au revoir."

Irritiert sieht mein Dad ihm nach. "Was war das denn jetzt? Ist alles okay?" Ich seufze. "Ich glaube, ich hab was gesagt, was ihn vielleicht verletzt hat. Aber es war besser so. Und jetzt will ich nicht weiter darüber reden. Erzähl doch mal, wie war dein Date? Also du hast ja schon gesagt es lief ziemlich gut, aber erzähl mal mehr. Kenn ich die Frau?" Er zögert einen Moment. "Naja...also es war echt schön. Aber...ich muss dir was sagen. Ich-" Er wird von dem herein kommenden Arzt unterbrochen. "Hallo James, wie fühlst du dich?" Ich zucke mit den Schultern. "Ganz okay denke ich. Aber etwas erschöpft." Der Arzt nickt. "Okay, pass auf. Du trinkst jetzt bitte schön, was die Schwester dir vorhin gebracht hat. Danach geben wir dir was, damit du besser schläfst. Morgen früh kommt dein Therapeut vorbei und wir besprechen gemeinsam, wie wir weiter vorgehen. Ich schau gleich nochmal rein. Mr Carter, kann ich Sie kurz sprechen?"

Sobald die beiden aus dem Zimmer verschwunden sind stehe ich vorsichtig auf. Ich greife nach der Flasche und trinke ein paar Schlucke. Dann laufe ich ins Bad und kippe den Rest in die Toilette. Danach lege ich mich wieder ins Bett und schließe die Augen. Als nach einer Weile mein Vater wieder reinkommt, lasse ich einfach weiter meine Augen zu und stelle mich schlafend. Ich spüre, wie mein Vater mir sanft über die Haare streicht. Und dann höre ich ein leises Schluchzen. Mein Vater weint. Und ich liege weiter hier, als würde ich es nicht mitbekommen.

Irgendwie habe ich es geschafft, die Ärzte dazu zu bringen, mich nach Hause gehen zu lassen. Ich musste aber versprechen, deutlich häufiger zu meinem Therapeuten zu gehen, der mein Gewicht genaustens überwachen wird. Außerdem wurde mein Vater beauftragt, sehr genau darauf zu achten, dass ich esse und danach nicht auf irgendwelche dummen Gedanken komme. Aber das ist mir deutlich lieber, als noch ein Klinkaufenthalt. Alistair habe ich nur kurz geschrieben, dass ich nach Hause darf. Er hat sehr knapp geantwortet, dass ihn das freut und er hofft, dass es mir irgendwie besser geht.

Die nächsten Tage bin ich entweder zu Hause oder bei meinem Therapeuten. In die Schule soll ich erst wieder gehen, wenn ich wenigstens etwas stabiler bin. Alistair hat mir ein paar Mal geschrieben, meine Antworten waren aber immer recht abweisend, sodass er irgendwann aufgegeben hat. Zumindest dachte ich das...aber gerade hat es an der Tür geklingelt und ich höre, wie mein Vater mit einem 'Bonjour' begrüßt wird. Kurz darauf ruft er nach mir.

Alistair lächelt mich an. "Hey, ich dachte, ich bring dir mal Schulkram. Auch wenn ich da vielleicht nicht der verlässlichste bin, weil ich immer noch etwas aufholen muss. Ça va?" Ich nicke langsam. "Äh...danke. Mir geht's...besser. Das ist nett von dir." Mein Vater lächelt uns an. "Geht doch grad schon in dein Zimmer, James. Ich bring euch gleich was zu trinken. Bleibst du zum Abendessen, Alistair?" Er sieht fragend zu mir. Als ich automatisch einfach nicke, lächelt er leicht. "Oui, gerne. Merci beaucoup."

Bis mein Vater in meinem Zimmer war, hat Alistair mir tatsächlich nur Schulsachen erklärt. Jetzt sieht er mich allerdings ziemlich ernst an. "James, warum bist du so...rebutant?" Ich sehe ihn verwirrt an. "Alistair, was heißt das?" Er zückt sein Handy und tippt etwas ein. Dann sieht er mich wieder an. "Abweisend. Warum? Hab ich irgendwas falsch gemacht? Ich...ich dachte wir haben schon irgendeine...relation." Ich seufze. "Alistair...bitte. Ich kann mich grade nicht auf sowas konzentrieren. Außerdem bin ich dafür nicht...gesund genug." Er macht einen Schritt auf mich zu und hebt mit seinem Finger mein Kinn an, damit ich ihn ansehe. "James, ich will für dich da sein. Ich...bitte. Tu me plais. Beaucoup." Ich bringe keine Antwort zu Stande. Alistairs Blick wandert zu meinen Lippen und wieder zurück zu meinen Augen. Dann beugt er sich langsam vor und legt seine Lippen sanft auf meine. Für einen Moment bin ich vollkommen überwältigt, von dem warmen Gefühl, das mich überkommt und dem angenehmen Kribbeln in meinem Bauch.

Aber dann wird mir klar, dass das ganz furchtbar falsch ist. Das kann nicht funktionieren. Ich ziehe mich von Alistair zurück. Er sieht mich überrascht an. "James...pardon. Ich...das hätte ich nicht machen sollen." Seufzend setzte ich mich auf mein Bett und ziehe Alistair neben mich. "Ich hab dir gerade versucht zu erklären, dass ich nicht bereit bin für...sowas. Ich mag dich ja auch, aber...ich kann nicht. Können wir nicht einfach nur Freunde sein? Ich...irgendwie tut deine Anwesenheit ja immer gut. Tut mir leid, wenn ich dich verletzt habe." Alistair sieht auf seine Hände. "Ist schon okay. Ich will einfach die Möglichkeit haben, bei dir zu sein und für dich da zu sein. Dafür musst du aber mit mir reden und mich nicht ständig von dir wegstoßen." Ich sehe zu ihm. "Ich werd's versuchen. Danke...also dafür, dass du das so akzeptierst." Alistair bringt ein leichtes Lächeln zu Stande. "Aber klar. Ähm...ich bin mal kurz auf Toilette."

Ich lasse mich aufs Bett fallen und starre an die Decke. Der Kuss hat mich vollkommen aus der Bahn geworfen. Und macht es noch viel, viel schwerer Alistair davon zu überzeugen, dass es besser ist, wenn wir nur Freunde sind. Das ganze entwickelt sich deutlich komplizierter als ich dachte.

Hello ihr Lieben,
ein neues Kapitel für euch🎊 As usual, i hope you like it💕
Fühlt euch gedrückt🤗❤

Song🎶: Complicated - Avril Lavigne

Back to you (boy×boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt