Kapitel 6 - Wait for it

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Alistair POV

Ich starre in den Spiegel über dem Waschbecken. Wie soll das funktionieren? Ich kann nicht nur mit James befreundet sein. Ich will so viel mehr von ihm. Dieser Kuss gerade hat in mir so viel ausgelöst wie noch kein anderer zuvor. Nur mit James befreundet zu sein...das ist eigentlich nicht das, was ich will. Aber wenn er der Meinung ist, es wäre besser so und ich so für ihn da sein kann, werde ich es versuchen. Und wer weiß, vielleicht ändert James ja auch irgendwann seine Meinung und aus uns kann doch mehr werden. Vielleicht muss ich darauf eine Weile warten, aber das wäre es mir absolut wert.

Als ich zurück in James' Zimmer komme, sieht er mich besorgt an. "Alles okay? Du warst so lange weg. Geht's dir nicht gut?" Ich lächle ihn beruhigend an. "Mir geht's gut, keine Sorge. Wollen wir dann mal weiter die Schulsachen durchgehen?" James mustert mich skeptisch, nickt dann aber. "Okay. Und noch mal danke, dass du das machst." Ich zucke mit den Schultern. "Kein Problem...ich meine, hauptsächlich wollte ich einfach einen Grund haben, mit dir zu reden." Er schüttelt lächelnd den Kopf. "Und ich dachte, du sorgst dich um meine Bildung."

Als wir beim Abendessen sitzen kann ich nicht anders, als immer wieder zu schauen, ob James auch wirklich was isst. Irgendwann bemerkt er das wohl und sieht genervt zwischen mir und seinem Vater hin und her. "Euch ist klar, dass es das nicht besser macht, wenn ihr mich die ganze Zeit beim Essen beobachtet. Mein Gott, das macht mich wahnsinnig." Luke seufzt. "James, wir machen uns nur Sorgen um dich. Und du weißt, was die Ärzte gesagt haben. Also bitte, iss was. Wenn ich dir dabei nicht zugucke, kann ich nicht sicher sagen, dass du wirklich isst." James steht auf. "Na schön. Ich muss aber mal auf Toilette." Luke schüttelt den Kopf. "Setz dich wieder hin und iss. In einer halben Stunde darfst du gerne auf Toilette gehen."

Ich fühle mich gerade etwas fehl am Platz. Vor allem als James und sein Dad jetzt anfangen, sich zu streiten. Das Ganze endet damit, dass James aus der Küche stürmt und kurz darauf deutlich hörbar eine Tür zuknallt. Luke vergräbt sein Gesicht in seinen Händen und stöhnt auf. Dann fällt ihm wohl wieder ein, dass ich auch noch da bin. Er hebt seinen Kopf und sieht mich entschuldigend an. "Tut mir leid Alistair." Ich winke ab. "Alles gut. Soll ich mal mit ihm reden?" Luke sieht nachdenklich auf James leeren Platz. "Ich weiß es nicht. Vielleicht redet er ja mit dir. Ich erreich da meistens nicht so viel. James kann sehr stur sein." Er lächelt, sieht dabei aber irgendwie traurig aus. "Seine Mutter war genau so." Einen Moment schweigen wir, dann beschließe ich, doch zu James zu gehen.

Als ich ihn nicht in seinem Zimmer finde, klopfe ich sanft an die Badezimmertür. "James?" Entgegen meiner Erwartungen öffnet er sofort die Tür. "Ich mach nichts dummes. Ich...keine Ahnung." Er sieht aus, als würde er gleich anfangen zu weinen. Ich ziehe ihn in meine Arme und streiche sanft über seinen Rücken. Wir stehen so lange so da, bis James' Vater plötzlich im Flur steht. "Alles okay?" James löst sich hastig von mir und nickt. Luke sieht zu mir. "Soll ich dich schnell nach Hause fahren? Du musst mir nur sagen, wo du wohnst." Ich hole mein Handy aus der Tasche. "Ich kann auch einfach unseren Chauffeur anrufen." Luke winkt ab. "Das ist kein Problem, komm. Willst du mit James?" James schüttelt den Kopf und umarmt mich dann nochmal. "Wir sehen uns. Ich hoffe mal, ich darf bald wieder in die Schule." Ich lächle ihn an. "Oui, es ist irgendwie langweilig ohne dich. Pass auf dich auf, James. À plus."

Als wir vor unserem Haus stehen, sehe ich Luke an. "Willst du kurz mit reinkommen? Meine Maman freut sich bestimmt." Er nickt lächelnd. "Gerne. Sehr schönes Haus übrigens." "Meine Mamie hat hier gewohnt bevor sie wieder zurück nach Frankreich gezogen ist." Luke sieht immer noch fasziniert auf das Haus. "Das ist echt...groß. Naja, dann lass uns mal reingehen."

Nachdem ich Luke meiner Mutter vorgestellt habe, gehe ich nach oben in mein Zimmer. Ich würde ja gerne Mau anrufen, aber in Frankreich ist es mitten in der Nacht. Ich schreibe ihm trotzdem eine Nachricht, in der Hoffnung, dass er vielleicht einfach doch wach ist. Dann setzte ich mich auf mein Sofa und mache den Fernseher an. Aber irgendwie bin ich total unentspannt. Kurzer Hand mache ich den Fernseher wieder aus und ziehe mir Sportklamotten an. Ich bin gerade aus meinem Zimmer raus, als meine Schwester daran vorbei läuft. Sie sieht aus, als hätte sie geweint. "Melanie? Qu'est-ce qu'il y a?" Sie schüttelt nur den Kopf. "Rien. Bonne nuit." Bevor ich irgendwas erwidern kann, geht sie in ihr Zimmer und schließt die Tür.

Als ich nach unten komme ist Luke wohl gerade dabei zu gehen. Meine Maman schüttelt seine Hand. "Es war sehr schön Sie kennenzulernen." Luke lächelt. "Ja, das kann ich nur erwidern. Oh, Alistair. Mach's gut." Ich lächke und hebe kurz die Hand. "Bis dann. Maman, ich bin noch eine Runde joggen." Meine Maman sieht mich prüfend an. "Mon mignon, was ist los?" Ich seufze. "Ist grad alles kompliziert." Sie umarmt mich und drückt mir einen Kuss auf die Haare. "Das wird schon alles, Alistair. Je t'aime." Ich gebe ihr einen Kuss auf die Wange. "Merci Maman. Je t'aime aussi."

Ich jogge einfach relativ planlos durch die Gegend. Als ich an einer Schwimmhalle vorbei komme, bleibe ich stehen. Man kann von außen ein bisschen reinschauen und ich erkenne, dass da wohl gerade Schwimmtraining stattfindet. Ich gehe in Richtung Eingang und schaue, ob irgendwo irgendwelche Informationen zu finden sind. Das was da so steht hilft mir allerdings nicht wirklich weiter. Kurzerhand betrete ich einfach die Schwimmhalle und gehe durch die Umkleiden.

Fast sofort bemerkt mich der Schwimmtrainer. Er kommt auf mich zu und sieht zum Glück nicht irgendwie sauer aus. "Hey, kann ich dir helfen?" Ich sehe zu den Schwimmern und nicke. "Ich bin aus Frankreich hierhergezogen und suche gerade nach einer neuen Möglichkeit um zu schwimmen." Der Trainer streckt mir seine Hand entgegen. "Ich bin übrigens Benjamin. Aber nenn mich bitte Ben. Warst du in Frankreich in einem Verein?" Ich greife nach seiner ausgestreckten Hand und schüttele sie kurz. "Alistair. Ich war auf einem Sportgymnasium. Ich hab also Leistungsschwimmen gemacht." Ben nickt anerkennend. "Wow, klasse. Also das hier geht von einem Verein aus. Aber wir gehen auch regelmäßig zu Wettkämpfen und tatsächlich hat gerade jemand aufgehört und wir bräuchten jemand neuen für das Team. Du hast nicht zufällig gerade Schwimmsachen dabei und willst dein Können demonstrieren?" Ein wenig perplex schüttle ich den Kopf. "Nein, aber...wann trainiert ihr denn immer so?" Ben lächelt mich an. "Also Dienstags, Donnerstags  und Samstags. Samstag ist immer mittags um zwei, Dienstag und Donnerstag immer abends um acht. Du kannst also sehr gerne am Donnerstag um acht für ein Probetraining vorbeikommen." Ich beginne zu lächeln. "Das klingt super. Merci beaucoup."

Als ich nach Hause komme, sitzt meine Maman im Wohnzimmer und trinkt ein Glas Wein. Ich lasse mich neben sie aufs Sofa fallen. "Ich hab vielleicht einen Verein zum Schwimmen gefunden. Am Donnerstag darf ich da zu einem Probetraining." Meine Maman lächelt, aber irgendwie sieht sie ein bisschen traurig aus. "Oh, mon mignon, c'est super." Ich nicke und sehe sie dann prüfend an. "Maman, qu'est-ce qu'il y a?" Sie seufzt. "Ich muss noch so viel regeln mit deinem Vater. Aber mach dir keine Gedanken. Alistair, machst du dir bitte einen Termin bei einem Therapeuten?" Ich lege einen Arm um sie. "Maman, mir geht's gut. Ich geh mal duschen und so. Bonne nuit." Sie zieht mich zu sich und gibt mir einen Kuss auf die Wange. "Bonne nuit mon mignon."

Am nächsten Morgen fühle ich mich gar nicht gut. Ich habe viel zu wenig Schlaf bekommen, weil ich so viel nachgedacht habe. Außerdem ist mir irgendwie übel. Ich gehe runter in die Küche, wo meine Maman bereits sitzt und ihren Kaffee trinkt. Sie blickt auf und ihr Blick wird besorgt. "Mon Dieu, Alistair. Ça va? Du bist ja ganz blass." Ich nehme mir ein Glas Wasser und trinke einen Schluck. "Mir geht's nicht so gut." Meine Maman steht auf und legt ihre Hand auf meine Stirn. "Du bist ein bisschen warm. Tut dir was weh?" Ich nicke. "Mein Bauch. Und mir ist schlecht." Sie streicht mir sanft über die Wange. "Mon mignon, geh wieder ins Bett. Tu ne vas pas aller à l'école, tu es malade."

Meine Maman umsorgt mich fast den ganzen Morgen. Als sie dann irgendwas erledigen gehen muss, versuche ich noch ein bisschen zu schlafen.
Ich wache plötzlich auf, als ich ein dumpfes Geräusch höre. Irritiert blicke ich um mich und stehe dann auf. Ich gehe aus meinem Zimmer und sehe mich um. Woher kam bitte dieses Geräusch? Es hörte sich nicht wirklich weit weg an, also gehe ich in Melanies Zimmer. Eigentlich sollte sie in der Schule sein. Aber ihre Badezimmertür ist zu. Ich klopfe an und höre drinnen ein ersticktes Schluchzen. "Melanie?" Sie wirft anscheinend irgendwas gegen die Tür. "Casse-toi Alistair!" Ich seufze. "Melanie, komm schon. Was ist los?"

Ich setzte mich auf Melanies Sofa und warte darauf, dass sie wieder rauskommt. Nach einer Weile öffnet sie vorsichtig die Tür. Als sie mich sieht, verdreht sie die Augen. "Alistair..." Ich sehe sie an. "Melanie, rede mit mir." Sie setzt sich seufzend neben mich. "Mais...sag es nicht Maman." Ich nicke. "Versprochen." Melanie wendet ihren Blick ab und starrt auf ihre Hände. "Ich bin schwanger."

Hello ihr Lieben,
ich habe schon wieder ein neues Kapitel für euch, das euch hoffentlich gefällt😉🥰
Bis zum nächsten Kapitel und fühlt euch gedrückt🤗💕

Song🎶: Wait for it - Leslie Odom Jr., Original Broadway Cast of Hamilton

Back to you (boy×boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt