Kapitel 7 - In My Blood

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James POV

Alistair hat mir heute noch kein einziges Mal geschrieben, was mich irgendwie ein bisschen beunruhigt. Nach meiner Therapiestunde lasse ich mich von meinem Vater also kurzerhand zu Alistair fahren, er sollte schließlich mittlerweile wieder aus der Schule zurück sein.

Als ich zur Tür komme, steht bereits jemand anderes davor und klingelt. Ich räuspere mich kurz und der Mann starrt mich irritiert an. Ich starre einen Moment zurück. Dann wird zum Glück die Tür von der Haushälterin geöffnet. Als sie den Mann sieht, schaut sie hektisch über ihre Schulter. Ich mache mich erneut bemerkbar. "Hi. Ich wollte zu Alistair." Die Haushälterin winkt mich rein und deutet nach oben. "Alistair ist in seinem Zimmer, aber ihm geht's nicht so gut. Er freut sich bestimmt über etwas Gesellschaft." Ich lächle sie dankend an und mache mich schnell auf den Weg nach oben. Dieser Typ ist mir irgendwie unsympathisch und wirkt etwas einschüchternd auf mich. Vielleicht finde ich ja gleich raus, wer das ist.

Als ich Alistairs Zimmer betrete, kommt er gerade aus dem Bad. Er ist ziemlich blass und sieht total müde aus. Überrascht sieht er mich an. "Hey, was machst du denn hier?" Ich zucke mit den Schultern. "Du hast dich den ganzen Tag nicht gemeldet. Und naja, da dachte ich, ich komme einfach mal vorbei." Alistair lächelt. "Das ist irgendwie süß. Tut mir leid, dass ich dir nicht geschrieben habe, mir geht's nicht so gut." Ich nicke. "Hat eure Haushälterin gerade schon erwähnt. Hey...da ist so ein seltsamer Typ gewesen." Alistair runzelt die Stirn. "Was für ein Typ?" Ich zucke mit den Schultern. "Keine Ahnung, aber eure Haushälterin wirkte plötzlich ziemlich nervös."

Alistair geht ohne ein Wort an mir vorbei aus seinem Zimmer. Ich eile ihm nach. "Hey, warte mal! Was ist denn?" Im Flur kommt Alistair zum stehen. Der Typ steht an die Wand gelehnt da. Und wo ich ihn jetzt so neben Alistair sehe, wird mir plötzlich klar, wer das sein muss. Die Ähnlichkeit zwischen den beiden ist eigentlich ziemlich deutlich sichtbar. Alistairs Blick ist eiskalt. "Was machst du hier?" Der Mann stößt sich von der Wand ab und geht auf Alistair zu. "Pass auf, was du sagst. Ich bin immernoch dein Vater." Alistair sieht jetzt unheimlich wütend aus. "Casse-toi!"

Ich überlege gerade, was ich eigentlich hier tue und ob ich nicht gehen sollte, als Alistair plötzlich ein leises Wimmern von sich gibt. Ich sehe wieder zu ihm und stelle erschrocken fest, dass sein Vater ihm wohl voll eine reingehauen hat. Oh Gott, ich muss irgendwas machen. Allerdings fällt der Blick von Alistairs Vater jetzt auf mich. "Was guckst du so?" Er steht mittlerweile direkt vor mir und ich bin mir ziemlich sicher, er hat getrunken. Ich weiche einen Schritt zurück. Ich habe Angst, irgendwas darauf zu antworten. Alistair stellt sich jetzt schützend neben mich. "Lass ihn da raus."

Sein Vater läuft an uns vorbei in die Küche und kommt kurz darauf mit einer Flasche Wodka wieder. Er trinkt einen Schluck und sieht dann zu Alistair. "Ist deine Maman da? Und Melanie?" Alistair wirkt mit einem Mal noch wütender als vorher. "Du lässt die beiden mal besser schön in Ruhe und verschwindest jetzt ganz schnell zurück nach Frankreich. Du weißt, was sonst passiert." Im nächsten Moment zucke ich vor Schreck zusammen. Alistairs Vater hat die Flasche gegen die Wand geschmettert und kurz darauf seinen Sohn geschlagen.

"Paul!" Ich sehe zur Tür. Isabeau kommt zu uns. "Alistair, geh mit James nach oben." Alistair schüttelt den Kopf. "Maman, ich bleibe bei dir." Isabeau sieht ihn warnend an. "Alistair! Vas dans ta chambre!" Ich greife nach Alistairs Hand und ziehe ihn hinter mir her in sein Zimmer. Von unten hört man, wie Isabeau und Alistairs Vater sich auf Französisch anschreien.

Ich sehe Alistair an. "Du solltest irgendwie dein Auge kühlen." Er antwortet nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er gerade mit den Tränen kämpft. Als er sich plötzlich von mir weg dreht, stupse ich ihn sanft an. "Alistair? Komm her." Er macht keine Anstalten sich zu bewegen, also stelle ich mich vor ihn und schlinge meine Arme um ihn.

Nach einer Weile löst sich Alistair von mir und setzt sich auf sein Sofa. "Pardon, dass du das mitbekommen hast." Ich zucke mit den Schultern. "Naja, ist ja nicht deine Schuld. Seid ihr deswegen hier in Amerika? Ist er...immer so?" Alistair starrt auf seine Hände. "Naja, unter anderem. Mittlerweile schon. Weißt du...wenn ich an früher denke, als ich noch kleiner war, habe ich echt gute Erinnerungen. Wir haben immer im Garten zusammen Fußball gespielt und so. Da wollte ich immer so sein wie er. Aber dann hat er angefangen zu trinken und...naja, dann wurde es halt scheiße. Er weiß auch nicht, dass ich schwul bin." Ich greife reflexartig nach Alistairs Hand. "Das tut mir leid. Ich...kann ich irgendwas für dich tun?" Er bringt ein schwaches Lächeln zu Stande. "Du bist gerade hier, das ist sehr schön."

Ich beginne ungewollt zu lächeln. "Das freut mich." Mir fällt wieder ein, dass ich die ganze Zeit schon etwas fragen wollte. "Hey, als ich hier übernachtet habe, da warst du plötzlich ganz seltsam und bist einfach duschen gegangen." Alistair wird rot, grinst aber leicht. "Naja, James. Wir haben in einem Bett geschlafen und ich mag dich und da musste ich kurz...kalt duschen." Ich spüre, wie ich selbst rot werde. "Oh, okay. Ich glaube, ich verstehe worauf du hinauswillst." Alistair sieht auf unsere Hände. "James...du machst es nicht gerade leicht, nur mit dir befreundet zu sein."

Ich seufze. "Tut mir leid. Lass uns über irgendwas anderes reden. Was schönes." Alistair nickt. "Okay. Gerne, mir geht's schon so scheiße genug. Dass auch genau heute mein Vater auftauchen muss...mon dieu, genau heute, wo Melanie mir gesagt hat, dass...non, das kann ich dir nicht sagen." Ich runzle die Stirn. "Okay...also, was schönes." Alistairs Blick hellt sich auf. "Ich hoffe, mir geht's morgen wieder besser. Ich habe vielleicht einen Verein zum Schwimmen gefunden."

Ich will gerade antworten, als Alistairs Schwester ins Zimmer kommt. Sie sieht aus, als wäre sie gerade erst aufgewacht, obwohl es schon Nachmittag ist. "Alistair? Est-ce que...notre père?" Alistair nickt. "Oui. Ich weiß auch nicht, was er will. Aber er und Maman schreien sich schon ziemlich lange an." Melanie setzt sich auf die andere Seite neben Alistair. "Merde...c'est impossible." Ich sehe zu Melanie. "Ähm, ich will euch nicht unterbrechen aber...hi, ich glaube wir haben uns noch nie richtig vorgestellt. Ich bin James, ein Freund von Alistair." Melanie sieht mich prüfend an. "Ah oui, bonjour. Freut mich, dich kennenzulernen. Ich hab schon ein bisschen was von dir gehört. Alistair, können wir kurz alleine reden?" Er nickt und wirft mir die Fernbedienung entgegen. "Du kannst gerne in der Zeit irgendwas anschauen."

Ich schalte den Fernseher zwar tatsächlich an, aber wirklich gucken tue ich nicht. Ich muss die ganze Zeit an das denken, was vorhin passiert ist. Alistair tut mir so leid...so was sollte keiner durchmachen müssen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie furchtbar das sein muss, wenn der eigene Vater einem einfach so weh tut. Das ist doch krank. Ich kann verstehen, dass man da versucht möglichst weit weg zu gehen und neu anzufangen. Für Isabeau muss das doch auch total schlimm sein. Ich finde diesen Gedanken so schrecklich. Ich frage mich, wie ich Alistair helfen kann. Ihm ging es gerade so schlecht, das nimmt mich irgendwie auch total mit. Ich hoffe, ich kann irgendwie für ihn da sein.

Als Alistair nach einer ganzen Weile wiederkommt, setzt er sich wieder neben mich und seufzt. "Mein Vater ist anscheinend mittlerweile weg. Hey...hast du morgen Abend Zeit? Vielleicht willst du ja mit zu meinem Probetraining und da zugucken. Ich kann mir vorstellen, dass du mal raus willst." Ich nicke. "Oh ja, das wäre echt cool. Das sollte klappen." Alistair lächelt. "Très bien. Ich hol dich ab."

Ich bin noch eine ganze Weile bei Alistair und ich muss sagen, es tut irgendwie wirklich ziemlich gut mit ihm Zeit zu verbringen. Das macht mich allerdings auch sehr nachdenklich. War es wirklich richtig, nur mit ihm befreundet sein zu wollen? Ich meine, unser Kuss hat in mir wirklich viel ausgelöst und es hat sich ja echt gut angefühlt. Aber ich habe einfach Angst davor verletzt zu werden. Ich soll gesund werden und da wäre sowas vermutlich echt sehr kontraproduktiv. Sich die ganze Zeit nach mehr sehnen, ist aber auch nicht gut. Irgendwie sind alle Entscheidungen nicht so zuversichtlich. Wie bin ich hier nur reingeraten?

Hello ihr Lieben,
und again ein neues Kapitel für euch🎊 I hope you like it🥰
Wir lesen uns hoffentlich bald beim nächsten Kapitel😉💕
Fühlt euch gedrückt🤗❤

Song🎶: In My Blood - Shawn Mendes

Back to you (boy×boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt