Der Besuch

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„Ich wollte zu dir" Ich schlucke und schaue ihn wieder an. Er steht da, starrt mich an und sagt nichts. Ziemlich lange stehen wir da und schweigen uns an. „Weißt du was, das war ne blöde Idee, sorry" Ich drehe mich um und will wieder gehen. „Nein, warte" Luca kommt zu mir und hält mich am Handgelenk fest. Ich drehe mich wieder zu ihm. Unsere Blicke treffen sich, aber sofort schaut er wieder nach unten. Erwartungsvoll schaue ich ihn an. „Luca, was soll das? Ich bin nicht gekommen, um dich im Flur anzuschweigen" Luca nickt schuldbewusst, weicht meinen Blicken aber weiter aus. „Kann ich rein kommen?" Er zögert und schaut zur Seite. „Luca, schau mich an" Er dreht seinen Kopf zu mir. Er sieht ziemlich fertig aus. „Ich wusste nicht, dass du kommst" flüstert er. „Ich weiß" antworte ich nickend. „Was ist denn?" frage ich während Luca seine Hand zu meiner gleiten lässt. „Hätte ich gewusst, dass du kommst, dann hätte ich nicht" Ich lasse seine Hand los. „Was hast du gemacht?" frage ich ihn erschrocken. „Ich, also, nichts, aber" - „Luca?" Das ist eine Frauenstimme. Aus Lucas Wohnung. Es ist als würde mir jemand ein Messer in die Brust stechen. Ich schaue Luca fragend an. „Wer ist das? Wer ist da in deiner Wohnung?" frage ich aufgebracht. „Niemand, wirklich, das ist" - „Hallo?" Hinter ihm taucht eine blonde Frau auf, die sich an die Tür lehnt. Aber nicht irgendeine, sondern Michele - Lucas Ex. In Lucas T-Shirt. In meinen Augen bilden sich Tränen, obwohl ich noch gar nicht wirklich verstehe, was hier passiert. Ohne groß nachzudenken landet meine Hand mit Anlauf auf Lucas Wange. „Du Arsch" will ich wütend rufen, merke aber selber, dass ich eher verletzt klinge. Ich drehe mich um und laufe weg.

„Christina, warte!" Ich laufe weiter und schmeiße die Haustür auf. „Bitte, lass mich das erklären" Er kommt barfuß zu mir gelaufen. „Du verstehst das ganz falsch, sie hat hier zwar geschlafen, aber sonst nichts" Ich gehe einfach weiter. „Ehrlich, es ist nichts passiert zwischen uns!" betont er nochmal. „Hast du mich nicht zurück gerufen, weil sie hier war?" frage ich und wische mir Tränen weg. Wir bleiben stehen. „Schon, aber" - „Lass mich in Ruhe" unterbreche ich ihn. „Christina, bitte bleib" Luca will seine Hand an meinen Arm legen, aber ich ziehe ihn weg. „Wenn da nichts war, wieso siehst du dann so schuldig aus?" Ich schaue ihn ernst an. Luca schaut nach unten. Jetzt sieht er noch schuldbewusster aus, als gerade sowieso schon. „Also, ähm, weil, ähm, das war" stottert Luca rum. Er schaut mich an und verstummt. „Na gut, da war vielleicht fast was" Ich drehe mich um und gehe weiter. „Nur fast! Und ich hab gesagt ich will das nicht - deinetwegen" ruft Luca mir hinterher. Ich schüttle den Kopf. „Ich kann das nicht nochmal" sage ich mehr zu mir selber. „Das ist nicht das gleiche. Bitte, jetzt wart doch mal!" Ich drehe mich ruckartig zu Luca um, der ein paar Meter vor mir steht. Barfuß und in seinem Pyjama. „Das ist nicht das gleiche" wiederholt Luca nochmal. „Ja, Michele wollte mich küssen, aber ich hab nein gesagt, ich wollte das nicht, keinen einzigen Moment!" erklärt er entschlossen. „Ich will nur dich" Ich schaue zur Seite. „Wieso war sie überhaupt bei dir?" frage ich dann. „Sie wohnt ein paar Tage bei mir" erklärt Luca. „Ich hoffe das hat einen Grund?" Luca nickt. „Bei ihr hat's gebrannt, sie kennt hier sonst keinen, ihre Familie wohnt weiter weg. Sie muss ein paar Tage hier bleiben, um Papierkram zu erledigen und sowas, als ich das gehört habe, hab ich sie für die Zeit hier eingeladen" erzählt Luca. „Ins Gästezimmer" Ich schniefe einmal. „Zwischen uns war nach der Trennung kein böses Blut, was wär ich für ein Mensch, wenn ich ihr da nicht helfen würde" meint Luca. „Aber - ab heute hat sie ein Hotelzimmer, das hab ich ihr gestern Abend klar gesagt, nachdem sie versucht hat mich zu küssen" Ich zögere. „Bitte komm mit rein und lass uns reden" Luca hält mir seine Hand hin. Unentschlossen schaue ich darauf.

„Kannst du bitte hoch gehen?" fragt Luca Michele direkt, als wir rein kommen. Sie stockt kurz, nickt dann aber. „Du kannst schonmal packen" bittet er sie noch, als sie hoch geht. Sie nickt nur und geht weiter. Luca legt seinen Arm um mich. „Willst du nen Kaffee?" Ich nicke. Während ich meine Schuhe ausziehe, geht er schonmal vor in die Küche. Als ich zu ihm komme, gibt er mir eine Tasse in die Hand. Wir setzen uns aufs Sofa. Ich nehme einen Schluck Kaffee. Dann schaue ich Luca an. „Wieso klappt das mit uns nicht?" Luca guckt mich an, als wüsste er nicht, was er darauf sagen soll. „Sag das nicht" Ich zucke mit den Schultern. „Alles stellt sich gegen uns" entgegne ich. „Und trotzdem bist du hier. Wir beide" Ich zucke mit den Schultern und schaue nach unten. „Christina, ich weiß, es war nicht so einfach wie es hätte sein können bis jetzt" Ich nicke bestätigend. „Aber was ist schon einfach" Ich schaue ihn wieder an. „Ich will mit dir zusammen sein" Ich nicke. „Ich auch mit dir" Luca lächelt. „Dann schaffen wir das, oder?" Ich nicke und schniefe. Dann lehne ich mich zu Luca und umarme ihn. „Ich hab dich vermisst" flüstere ich. „Ich dich auch!" Ich lehne mich ein Stück zurück und lächle ihn an. Luca lehnt sich zu mir und küsst mich sanft. „Ich erzähle dir gerne was los war, für mich gibt es keine Geheimnisse, ich" - „Luca" unterbreche ich ihn. „Ich hab letzte Nacht keine Sekunde geschlafen, können wir da später in Ruhe sprechen?" Luca nickt. „Ich, ähm, ich bin dann weg" Wir schauen zum Flur, wo Michele mit gepackter Tasche steht. „Ja" Luca nickt. „Es tut mir leid. Ehrlich! Ich wusste nichts von euch zweien" entschuldigt sich Michele. „Schon gut, es war ja nichts" entgegnet Luca. Michele nickt. „Alles gute euch beiden" Ich nicke und schaue nach unten, während meine Hand in Lucas Nacken liegt. „Tschüss" verabschiedet sie sich. „Tschau" Nachdem sie raus gegangen ist, lehne ich mich an Luca. „Krieg ich ein Tshirt von dir?" Luca nickt. „Kommt sofort" Er läuft hoch und gibt mir eins seiner Tshirts. Ich ziehe es an, wobei ich den Sport BH darunter anlasse. Dann lege ich mich hin und meinen Kopf auf Lucas Schoß. „Willst du dich ins Bett legen?" bietet er an. Ich schüttle den Kopf und schließe meine Augen. „Hier ist es gemütlich" Luca legt seine Hand an meinen Kopf und streichelt sanft darüber.

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