Die nächsten Tage verbrachte ich am Pool und am Strand und las. Zwischendrin trainierte ich fürs Ballett und überlegte mir Choreographien. Die nächsten Gruppenspiele blieb ich immer im Camp und zum Glück musste ich auch Hans nicht mehr helfen. Ab und zu unternahm ich etwas mit den Spielern aber eiegntlich war ich die meiste Zeit für mich. Sehr zu meinem Missfallen wurde Deutschland aber Gruppensieger und so musste ich wohl oder übel für die Feier wieder unter Menschen.
„Gruppensieger! Gruppensieger!“, gröllte die gesamte Mannschaft. Genervt stand ich neben der jubelnden Menge an der Bar und trank einen Longdrink nach dem anderen. Die Feier stieg ich einer kleinen Bar, etwa eine dreiviertel Stunde vom Camp entfernt. Ich hatte ja eigentlich gehofft, dass das Gruppensieger-Gegröle im Laufe der Zeit nachlässt, aber da hatte ich mich wohl getäuscht. Ganz im Gegenteil. Um so mehr die Mannschaft trank, um so lauter grölten sie. „Trink nicht zu viel!“, ermahnte mein Onkel mich. Ich nickte. An seine Regel halten würde ich mich aber nicht. Die letzten Tage war so viel Scheiße passiert, ich fand ich hatte durchaus das Recht mich zu betrinken. Und zum Glück verließ mein Onkel die Bar auch schon um 12.
„Noch einen!“, kicherte ich sturzbesoffen zwei Stunden später, als ich mit Manu und Basti Tequila trank. „Du bist soooooo dicht!“, lachte Basti. Ich zuckte mit den Schultern. „Passiert Bastischnuckilein!“ Mir war viel zu warm und das, obwohl ich ohnehin nur eine Hotpants und ein loses, dünnes Top trug. Plötzlich spürte ich zwei Hände an meiner Hüfte. „Tanz mit mir!“, raunte Mats mir ins Ohr. Ich war viel zu besoffen um klar, geschweige denn vernünftig zu denken. Und so ging ich auf Mats ein. Während er mich zur Tanzfläche führte nahm er seine Hand keine Sekunde von meiner Hüfte. Vermutlich ganz gut so, denn die Chance, dass ich sonst hingefallen wäre war vermutlich sehr groß.
Als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlug sah ich nichts außer Sand, Meer und eine Männerbrust. Erschrocken blickte ich ein Stück weiter nach oben um zu sehen, wem die Männerbrust gehörte. Meinem Mund entwich beinahe ein Schrei. Ich lag auf Mats Brust und die Tatsache dass wir beide nur Unterhosen trugen verstärkte meinen Verdacht nur, dass da letzte Nacht etwas gelaufen war. Fluchend wand ich mich aus Mats Arm und zog schnell meinen BH, mein Top und meine Hose wieder an. ‚Okay Jana, bleib ruhig“, versuchte ich mich selbst zu beruhigen. Was sollte ich denn jetzt tun? Abhauen? Mats wecken? Vielleicht ging es ihm ja wie mir und er konnte sich an nichts mehr erinnern. Kurzerhand sammelte ich seine Klamotten ein, die in einem Umkreis von fünfzehn Metern um ihn herum lagen und legte sie auf einen Haufen neben ihn, sodass man denken konnte er hätte sie selbst ausgezogen.
Ich lief vom Strand weg und kam an eine belebte Straße. Problem an der Sache, ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung wo ich war. Ein kleines Mädchen mit ihrer Mutter kamen auf mich zu gelaufen. „Jana Löw?“, fragten sie. Ich nickte. „Woher wissen Sie meinen Namen?“, fragte ich sie auf Englisch. „Ihr Onkel sucht Sie“, erklärte sie mir auf Englisch. Fuck! Das hätte mir klar sein müssen. Die Frau und ihre Tochter brachten mich zu einem Betreuer aus dem Camp. „Verdammt, Jana, wo warst du? Die ganze Nationalmannschaft sucht dich und dein Onkel wäre beinahe umgekommen vor Sorgen. Wo warst du? Und weißt du wo Mats ist?!“ So hatte mich noch nie ein Fremder angezählt. „Tut mir leid“, murmelte ich. Ich wusste, dass es nicht richtig war, dem Betreuer nicht zu sagen wo Mats war, aber was sollte ich ihm denn sagen? Da kam mir ein Geistesblitz. „Mats liegt da drüben am Strand. Ich habe ihn gesehen als ich von dem Brasilianer weg bin, bei dem ich heute Nacht war, ich wollte ihn aber nicht wecken, er hat so süß geschlafen“, erzählte ich dem Betreuer meine spontane Lügengeschichte. Der Betreuer sah mich lachend an. „Und wer hat so süß geschlafen? Dein One-Night-Stand oder Mats?“ Ich grinste. „Beide.“ Und das war ja nicht mal eine Lüge.
„Jana Theresa Emilia Charlotte Löw! Was fällt dir eigentlich ein!“, schrie mein Onkel mich an. Warum musste ich auch so viele Vornamen haben? „Tut mir leid“, murmelte ich und blickte auf den Boden. Mein Onkel konnte schon extrem einschüchternd sein. „Hab ich dir nicht gesagt, du sollst nicht so viel trinken?“, fuhr er mich weiter an. „Ja“, gab ich schüchtern zurück. „Und dann schläft sie da mit irgendeinem Brasilianer, vermutlich auch noch ohne Kondom und ich werde in neun Monaten Opa, ich seh die Schlagzeilen. Jogi Löw und sein WM Enkel. Was hast du dir nur dabei gedacht?“ Die Lautstärke der Stimme meines Onkels war glücklicherweise etwas zurück gegangen. „Ich nehm die Pille“, erwiderte ich nur. Mein Onkel seufzte. „Gott sei Dank!“ Genervt strich ich mir die Haare aus dem Gesicht. „Versprich mir dass so etwas nie wieder vorkommt, okay? Du glaubst gar nicht, was ich mir für Sorgen um dich gemacht habe. Ich kann dich doch nicht auch noch verlieren!“ Jogis Stimme war plötzlich weich und in seinen Augen glitzerten Tränen. Eilig lief ich auf ihn zu und schloss ihn in die Arme. „Es tut mir so leid, ich wollte dir keine Sorgen bereiten“, schluchzte ich und spürte wie mein Onkel mich noch ein wenig fester in den Arm nahm.
„Jana, kann ich mit dir reden?“ Erschrocken drehte ich mich um. Ich war gerade im Pool gesessen und hatte die Seele baumeln lassen, als auf einmal Mats hinter mir stand. „Klar, was gibts?“, fragte ich ihn und rappelte mich hoch. „Können wir ein wenig gehen?“ Ich nickte und gemeinsam liefen wir in Richtung Strand. „Weißt du noch genau was gestern Abend passiert ist?“ Mats sah mich etwas hilflos an. Ich lachte. Aber eigentlich nur um meine Unsicherheit zu überspielen. Sollte ich ihm die Wahrheit sagen oder nicht? „Ich weiß auch nichts mehr, aber als ich heute Morgen aufgewacht bin lag ich auf deiner Brust und wir hatten beide nur Unterwäsche an. Und naja, ich denke wir können uns beide vorstellen was passiert ist, besonders weil unsere Klamotten ungefähr über den halben Strand verteilt lagen. Auf jeden Fall hab ich total Panik bekommen und bin heute Morgen halt abgehauen. Tut mir leid“, murmelte ich hastig. Als ich fertig war wartete ich auf Mats Reaktion. Doch auf die musste ich wohl warten. „Hummels, Jana, da seid ihr ja!“, kam auf einmal Bastis Stimme aus der Ferne und der Bayer rannte auf uns zu.
„Wir haben euch gesucht, wir wollen eine Besprechung für morgen machen. Jogi meinte er hatte eine Überraschung. Und für dich hat er anscheinend eine ganz besondere, Jana“, grinste Basti vielsagend. Mats und ich sahen uns an. Ich wollte unbedingt wissen, was Mats jetzt zu der Sache sagte, aber ich wollte auch wissen, was die Überraschung war, von der Basti da redete. „Kommt ihr?“, fragte dieser nun. „Klar“, erwiderte Mats und ich folgte den beiden schweigend während die beiden rätselten, was mein Onkel wohl für eine Überraschung hatte. Ich hingegen rätselte nur, was Mats jetzt wohl sagen würde. Bedeutete ihm das ganze letzte Nacht etwas? Oder war ihm das einfach egal? Und ich musste selber auch ganz ehrlich zu geben, dass ich nicht wusste, was mir lieber war. Wenn es ihm etwas bedeutete oder nicht.
„Aaaaaaaalso“, fing mein Onkel an, „ich habe euch ja zusammengerufen, weil ich eine Überraschung für euch habe. Ihr habt die letzten Woche gekämpft wie die Teufel und es hat sich gelohnt. Und seht es nun als Belohnung, dass ihr den morgigen Tag mit euern Liebsten verbringen dürft. Geht an den Strand, besucht eine Stadt, tut was auch immer ihr wollt. Und am Abend werden wir alle groß zusammen grillen. Na wie klingt das?“ Ein Jubeln ging durch die gesamte Mannschaft. Natürlich freuten sie sich alle ihre Freundinnen, Frauen und vielleicht auch Kinder wieder zu sehen. Das hieß aber auch, dass Mats morgen Cathy wieder sehen würde. Und Cathy war einfach so viel besser als ich. Sie war groß und wunderschön. Und was war ich? Auf einmal stand mein Onkel neben mir. „Jana, für dich habe ich morgen auch noch eine Überraschung, also steh bitte früh auf!“ Ich begann zu grinsen. „Verrätst du mir was, Onkel Jogi?“, fragte ich mit großen Hundeaugen. Doch mein Onkel lachte nur und schüttelte den Kopf. „Nein nein, Kleine. Das wirst du morgen schon sehen. Und der Blick zieht übrigens nicht mehr, seit du sieben bist!“ Lachend gab er mir einen Kuss auf die Stirn. Schmollend drehte ich mich weg und stand direkt vor Mats. Vor wem denn auch sonst?
„Jana? Können wir unser Gespräch noch zu Ende führen?“
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Give me your hand
FanfictionJana Löw. Ein Mädchen wie jedes andere. Wie jedes andere? Wohl nicht ganz. Janas Onkel ist niemand anderes als der berühmte Jogi Löw. Doch nun steht die WM bevor und da Jogi, der das Sorgerecht für seine Nichte hat, diese nicht alleine lassen möchte...