Kapitel 2

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„Oh mein Gott, Jana, Schatz, geht es dir gut?" Panisch stürzte mein Onkel in mein Zimmer. „Ja, ich denke, mir ist nur der Flug nicht sonderlich gut bekommen", murmelte ich. Vorsichtig half mir mein Onkel hoch und brachte mich ins Bad, wo ich mir erstmal das Gesicht wusch. Als ich mich langsam wieder in mein Zimmer wagte, war mein Mülleimer entleert und mein Onkel war auch nicht mehr da. Zum Glück. Er behandelte mich nach wie vor wie eine Dreijährige und das obwohl ich in ein paar Monaten 18 werden würde. Da mir immer noch schwindelig war, legte ich mich, ohne mich noch umzuziehen, in mein Bett und schlief sofort wieder ein. 

„Jaaaaaaana, wach auf!", weckte mich mein Onkel am nächsten Morgen nicht sonderlich sanft. „Neeeein, ich will aber nicht", maulte ich und vergrub mich unter meiner Bettdecke, die mir kurz darauf gewaltsam entrissen wurde. „Onkel Jogi!", kreischte ich und versuchte verzweifelt meinem Onkel die Decke wieder wegzureißen. „Steh auf, Jana, schließlich willst du sicherlich noch duschen vor dem Frühstück, oder?", fragte Jogi und er wirkte aus einem  mir nicht klaren Grund genervt. „Ich steh ja schon auf", murrte ich und schwang meine Beine aus dem Bett. Müde schlurfte ich in mein eigenes Bad, nur um festzustellen, dass mein ganzes Duschzeug noch in meinem Koffer war. Genervt ging ich wieder zurück in mein Zimmer und riss all meine Koffer auf, bis ich im letzen der vier meine Duschsachen gefunden hatte.

Frisch geduscht und nur mit einem Handtuch bekleidet lief ich wieder zurück in mein Zimmer. Völlig unentschieden wühlte ich durch meine Koffer, bis ich mich schließlich für ein enges schwarzes Top, darüber eine Hotpants im Usedstyle und einfache weiße Chucks. Meine dunkelblonden Haare band ich mir zu einem lockeren Dutt zusammen und zudem schminkte ich mich dezent, ehe ich mein Zimmer verließ und nach unten zu meinem Onkel ging, der bereits auf mich wartete. „Da bist du ja endlich, Jana", stöhnte er. „Sag mal, was hab ich dir eigentlich getan, musst du mich dauernd so anmotzen?", meckerte ich. Wütend blickte mein Onkel mich an. „Ständig muss ich mich um dich kümmern. Du verträgst den Flug nicht, du kommst zu spät, du willst nicht aufstehen.." Geschockt unterbrach ich ihn. „Jetzt hör mir mal zu! Du wolltest das ich mit komme! Ich wäre viel lieber daheim geblieben. Abgesehen davon hätte ich genauso gut alleine zum essen gehen können. Ich bin 17 Jahre alt und werde in wenigen Monaten 18, jetzt fahr mal nen Gang runter. Und falls du dir nach wie vor Sorgen um meine Essstörung machst, da bin ich längst drüber hinweg, also beruhig dich mal!" Erschrocken blickte mein Onkel mich an, ehe er sich umdrehte und das Haus verließ.

Genervt folgte ich ihm und setzte mich im Speisehaus zwischen meinen Onkel und Dr. Müller-Wohlfahrt. „Guten Morgen Jana, ich habe gehört du wirst meine Assistentin sein", begrüßte dieser mich freudig. Lächelnd nickte ich. „Ja, es freut mich wirklich sehr mit ihnen arbeiten zu dürfen, Dr. Müller-Wohlfahrt", lächelte ich. ‚Lüge, Lüge', schrie eine Stimme in meinem Kopf. „Nenn mich doch Hans", unterbrach der Doktor meine Gedanken und ich lächelte, ehe ich mir etwas Obstsalat nahm. „Willst du nicht mehr essen, Jana?", fragte mein Onkel warnend. Zorn funkelnd blickte ich ihn an, nahm meine Schüssel und meinen Löffel und verließ das Speisehaus. Wie zu erwarten zog ich somit alle Aufmerksamkeit auf mich. Mir doch egal. Wütend stapfte ich über den Weg zum Haus. „Jana!", schrie mir mein Onkel hinterher, doch alles was er noch von mir zu sehen bekam war mein Mittelfinger, ehe ich im Haus verschwand. 

Vollkommen entnervt schmiss ich mich aufs Bett und wählte die Nummer meiner besten Freundin, während ich meinen Obstsalat löffelte. „Hanna Hochreiter", meldete sich die mir mehr als bekannte Stimme. „Hanna Baby", quietschte ich. „Hey Jana, gut angekommen?", fragte Hanna. „Jap, aber dafür hab ich mich jetzt schon total mit Jogi gestritten", murmelte ich. „Warum?" Ich konnte das Entsetzen in Hannas Gesicht förmlich hören. „Naja, er war voll genervt, dann hab ich ihn gefragt warum und dann meinte er, weil er dauernd auf mich aufpassen muss und so oder halt so was in etwa und dann hab ich ihn angeschrien, dass ich ja gar nicht mit wollte und dass meine Essstörung auch schon längst überstanden ist und dann sind wir zum essen gegangen und ich hab halt nur ein bisschen Obstsalat genommen und dann meinte er, ob ich nicht mehr essen will und dann bin ich aufgestanden, bin gegangen und hab ihm, als er mir hinterher gerufen hat den Mittelfinger gezeigt", erzählte ich meiner besten Freundin. „Dein Ernst?! Und mal wieder liegt der ganze Fokus auf der lieben Jana. Aber irgendwie ist es wirklich scheiße von deinem Onkel", murmelte Hanna. „Mhmm", murrte ich in den Hörer und schob mir noch einen Löffel Obstsalat in den Mund. „Ach Maus, du bist mir schon so eine. Du musst dich aber wieder mit deinem Onkel vertragen", meinte Hanna. „Einen Scheiß muss ich!" Ich hatte keinen Bock darauf mich bei meinem Onkel zu entschuldigen. „Jana", stöhnte meine beste Freundin genervt. „Wie schon gesagt, ich muss einen Scheiß. Ich leg jetzt auf. Ich ruf dich später oder morgen oder so noch mal an!" Ich hatte jetzt nicht die geringste Lust auf eine Diskussion mit meiner besten Freundin und Seelenschwester. „Jana", wollte Hanna noch widersprechen, doch da hatte ich bereits aufgelegt.

Nachdem ich meinen Obstsalat aufgegessen hatte, schlenderte ich in Richtung Strand, wobei ich einigen Spielern begegnete, die vermutlich gerade vom Frühstück kamen. „Na Jana, dein Onkel ist echt sauer", begrüßte mich Sami Khedira und Mesut Özil, der neben ihm lief nickte zustimmend. „Mir doch egal", murmelte ich. „Darf man fragen, was da los war?", wollte Lukas Podolski wissen. „Kannst mich schon fragen, darfst aber keine Antwort erwarten", entgegnete ich pampiger als gewollt. „Ist ja gut, fahr die Krallen ein, Tiger", beruhigte mich Andre Schürrle, der vierte im Bunde. „Sorry, ich wollte euch nicht so anmotzen, nur eigentlich hab ich keinen Bock hier zu sein, hab mit Fußball gar nichts am Hut und der Streit mit meinem Onkel macht das ganze nicht besser", entschuldigte ich mich. „Was ist hier los?", fragte plötzlich eine strenge Stimme und als ich aufblickte, sah ich in die Augen meines Onkels. „Meine Güte, ich habe mich nur unterhalten!", schrie ich ihn an, machte auf dem Absatz kehrt und lief in Richtung Strand. „Jana!", rief mir Jogi noch hinterher, doch ich ignorierte ihn einfach. Der Spast konnte mich mal.

Genervt schmiss ich mich in den Sand. Unter anderen Umständen hätte ich diesen Urlaub oder was auch immer das hier war echt genossen. Die Umgebung oder zumindest das, was ich bis jetzt gesehen hatte, war fantastisch. Weißer, weicher Strand, türkises Meer, strahlend blauer Himmel. Wahrhaft ein Traum. Plötzlich ließen sich zwei Gestalten neben mir in den Sand fallen. Mats Hummels und Marcel Schmelzer. „Was wollt ihr?", fragte ich genervt. „Fragen, ob es dir gut geht. Du hast beim Frühstück echt durch den Wind gewirkt und wir haben den Streit mit deinem Onkel gesehen", entgegnete Marcel vorsichtig aber sichtlich besorgt. „Jaja, alles okay, um mich braucht ihr euch echt keine Sorgen machen, kümmert ihr euch mal lieber darum, dass ihr den Pokal gewinnt oder was auch immer man hier gewinnen kann", seufzte ich und begann mit dem Finger in den Sand zu zeichnen. „Wenn was ist kannst du immer zu uns kommen", lächelte Mats. „Hat mein Onkel euch aufgetragen euch um mich zu kümmern oder was?", stöhnte ich. Marcel lachte. „Nein, wir haben uns alle selber zur Aufgabe gemacht auf das kleine Mädchen vom Trainer aufzupassen. Das mit dem kleinen Mädchen kommt übrigens von deinem Onkel!" Das war mir schon klar gewesen. Mein Onkel stellte mich immer mit ‚sein kleines Mädchen' vor. „Mhmm, ja danke, aber ich komm klar", bedankte ich mich. Marcel und Mats standen auf und gingen wieder davon.

Na die nächsten Wochen konnten ja mal ein Spaß werden. So lieb es auch war, dass sich hier alle um mich sorgten, das musste nun wirklich nicht sein. Seufzend entsperrte ich mein Handy und öffnete Whatsapp. 117 neue Nachrichten in 32 Chats. Hanna hatte mir geschrieben, sowie viele meiner Freunde. Jedoch antwortete ich nur Leo, einem echt guten Freund, der wissen wollte wie Brasilien war und ob er mir jetzt nicht doch mal die Regeln vom Fußball erklären sollte. Dankend lehnte ich ab. Fußball war und blieb nun mal nicht mein Sport. Mein Sport war das Ballett. Schon immer gewesen und vermutlich auch für immer. „Jana! Kommst du mit, Training. Ich glaube mir da über die Schulter zu schauen macht mehr Spaß, als wenn ich später irgendwelche Akten sortiere!", riss mich auf einmal die Stimme von Hans aus den Gedanken. Seufzend stand ich auf, klopfte mir den Sand vom Arsch und folgte anschließend dem Doktor.

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