Kapitel 7

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Eilig rannte ich durch mein Zimmer, in mein Badezimmer und sperrte die Tür zu. Was zum Teufel hatte ich mir eigentlich dabei gedacht Mats einfach so zu küssen? Ach ja, richtig, gar nichts. Gott, Jana, was machst du nur wieder? Heulend ließ ich mich an der Badezimmertüre herunterrutschen. Wie dumm konnte ein Mensch eigentlich sein? Viel dümmer als ich ging ja wohl kaum. Mats war nämlich nicht nur unglaublich süß, sondern auch acht Jahre älter und vergeben. Gott wenn mein Onkel das erfuhr. Ich war so was von tot. „Scheiß, scheiße, scheiße!", fluchte ich. Schnell holte ich mein Handy aus meinem Zimmer, ehe ich mich wieder im Bad einschloss. Mit zitternden Fingern tippte ich Hannas Nummer ein.

„Hanna Hochreiter."

Alles was aus meiner Kehle kam war ein grausamer Schluchzer. Ich klang wie ein sterbendes Tier oder so etwas in der Art.

„Oh mein Gott, Jana, geht es dir gut?"

Hannas Stimme klang panisch, ja fast schon hysterisch.

„Nein."

Ich heulte wie ein Hund. Oder ein Gespenst. Oder wie ein Hundegespenst. Irgendwas das grausamst heult auf alle Fälle.

„Oh Gott, Jana, was ist los?"

„Ich.. ich.. ich hab ihn geküsst."

Wieder kam ein Schluchzer aus meiner Kehle und in diesem Moment wusste ich selbst nicht, warum mich dieser Kuss so aus der Fassung brachte.

„Wen?"

„M..m..m..Mats."

Mein Stimme war verklärt und ich zitterte furchtbar. So schlimm, dass mir beinahe mein Handy aus der Hand gefallen wäre.

„Oh Gott, Jana, du hast dich doch nicht etwa in Mats Hummels.."

„Doooooch."

Meine ‚Doch' war ein einziges langgezogenes Schluchzen.

„Oh Gott, Jana, das ist... Oh Gott, ich weiß gar nicht was ich sagen soll..."

Ich telefonierte noch eine ganze Weile mit Hanna und irgendwie schaffte sie es tatsächlich mich zu beruhigen. Ich wusste nicht so ganz genau, wie sie das geschafft hatte, aber sie schaffte es immer mich zu beruhigen. Nun saß ich unter der Dusche und ließ kaltes Wasser über meinen Körper laufen. Ich hatte mir noch nicht mal die Mühe gemacht mich auszuziehen. Ich war wie in einem Tunnel. Alles schien einfach an mir vorbei zu ziehen. Ich konnte Mats nie wieder gegenüber treten. Was dachte er jetzt nur von mir? Ich wollte es gar nicht so genau wissen.

Irgendwann kam ich dann doch wieder halbwegs zu Sinnen. Zumindest so weit um aus der Dusche zu steigen, mir meine trockenen Schlafklamotten anzuziehen und ins Bett zu schlüpfen. Es war zwar gerade mal zehn, aber raus würde ich jetzt ganz sicher nicht mehr gehen. Am Ende würde ich noch Mats über den Weg laufen und das war jetzt wirklich das allerletzte was ich wollte. Also lag ich jetzt abends um zehn im Bett und starrte an die Decke. Der Kuss hatte sich so gut angefühlt. So richtig. Aber es war so falsch gewesen. Einsame stumme Tränen liefen über meine Schläfen und tropften auf das Kopfkissen.

Irgendwann im Laufe des Abends klopfte es an meiner Tür, doch ignorierte den Klopfer einfach. Wer auch immer es war, so wichtig konnte es nicht sein. Nicht wichtiger als meine Mats-Tränen, wie ich die Tränen gerade getauft hatte, die hier still und heimlich das Kopfkissen durchnässten. Wenn ich so weiter weinte würde ich bis morgen ausgetrocknet sein und mein Onkel würde mich nur noch als Leiche vorfinden. Oder aber ich ertrank in meinen Tränen. Beides Möglichkeiten die mir gerade gar nicht so abwegig vorkamen.

Irgendwann musste ich dann doch eingeschlafen sein und mit dem Schlaf mussten auch meine Tränen versiegt sein, denn als ich am nächsten Morgen aufwachte war mein Kissen trocken und ich war immer noch am Leben. So demotiviert zum aufstehen wie heute war ich lange nicht mehr gewesen. Am liebsten würde ich mich in meinem Bett vergraben und warten bis die Welt unterging oder so etwas. Doch da kam mein Onkel in mein Zimmer und zerstörte all meine Pläne. „Komm Jana, steh.. Oh mein Gott, wie siehst du denn aus, geht's dir gut?" Ich sah scheinbar doch genauso grausam aus wie ich mich fühlte. „Ich schick dir mal Hans hoch, der soll nach dir gucken, du siehst echt krank aus", murmelte mein Onkel und lief dann wieder aus meinem Zimmer.

Keine drei Minuten später stand Hans in meinem Zimmer und sah mich besorgt an. „Dein Onkel meinte es geht dir nicht gut?", fragte er und ich nickte. Er trat an mein Bett und legte seine Hand auf meine Stirn. „Oh mein Gott, du glühst ja förmlich. Ich denke mal du hast dir nur irgendeinen Virus eingefangen, aber gut wirkst du trotzdem nicht. Ich mess dir jetzt Fieber und wenn das Fieber bis heute Abend nicht gesunken ist checken wir dich noch mal genauer ab." Ich nickte. „39,4 Grad Fieber, Gott, hast du sonst noch irgendwelche Beschwerden?" Hans wirkte ehrlich besorgt um mich. „Kopfschmerzen", murmelte ich und in Gedanken fügte ich noch ‚Herzschmerz' hinzu. „Trink über den Tag viel, ich sorg dafür, dass dir jemand Wasser bringt und was zum Frühstück." Dann war Hans auch schon wieder verschwunden. Warum waren hier alle nur so verdammt hektisch?

Statt dem Personal, das ich erwartet hatte, standen eine halbe Stunde später Philipp, Basti und Sami mit Frühstück und drei großen Flaschen Wasser in meinem Türrahmen. „Wir haben gehört die Campprinzessin ist krank", fragte Sami besorgt und strich mir durch die Haare. „Nichts schlimmes", murmelte ich. So gesehen war ich ja auch nicht wirklich krank. Mitleidig stellten die Jungs mir das Frühstück aufs Nachtkästchen und die Flaschen nebens Bett. „Danke", flüsterte ich, denn mehr als flüstern war mir gerade zu anstrengend. Besorgt setzte sich Sami an mein Bett und ich wusste nicht warum, aber er tat es. „Du erinnerst mich an meine Schwester", grinste er und strich mir ein weiteres Mal über den Kopf. „Ist das jetzt positiv?", lachte ich. „Hängt davon ab", zwinkerte Sami. „Sami, kommst du, wir müssen gleich los", scheuchte Basti Sami auf. „Klar", erwiderte Sami, drückte mir noch einen kurzen Kuss auf die Stirn und verschwand dann.

Irgendwie ja süß, wie sie sich alle so um mich sorgten und Sami war ja auch echt nett. Hätte ich einen großen Bruder, dann wollte ich so einen wie Sami. Ich war mir sicher, er war ein guter großer Bruder. Müde nahm ich einige Schlucke aus einer der Wasserflaschen. Das Frühstück ließ ich unangerührt, denn ich hatte echt keinen Hunger. Wieso in Gottes Namen machte mich dieser eine Kuss nur so verdammt fertig. Ich schloss die Augen und versuchte an etwas anderes zu denken. Das schaffte ich nicht, doch wenigstens schlief ich wieder ein und schaltete so meine Gedanken auch für einige Stunden aus.

„Moi, wie süß." Einige Stimmen weckten mich wieder auf. Vor Schreck schrie ich fast auf als ich um mein Bett herum die halbe Nationalmannschaft stehen sah. „Was zum Teufel macht ihr hier?", zeterte ich los und auf einmal ging es mir schon wieder deutlich besser. Noch mehr, als ich erkannte das Mats nicht dabei war. „Wir mussten doch nach der Campprinzessin sehen", verteidigte Manu die Gruppe. „Zu", hastig zählte ich die Gruppe durch, „zwölft?" Alle zwölf nickten. „Nein, müsst ihr nicht und so lieb ich es von euch finde, dass ihr euch so um mich sorgt, raus jetzt!" Wie auf Kommando dackelten die Spieler brav wieder ab und erschöpft ließ ich mich wieder in mein Kissen sinken.

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