14) Man erntet, was man säht

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„Er hat sie getötet!", schoss es mir durch den Kopf und meine Eingeweide verkrampften sich. Nein, das durfte nicht sein!

Wie gelähmt standen wir da und starrten Sebastian an, der noch immer mit dem Messer in der Hand am Fuße der Treppe verharrte. Ich wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Dabei stellte ich fest, dass das Messer gar nicht blutverschmiert war, sondern sich lediglich Felis rote Regenjacke darin gespiegelt hatte.

„Ganz ruhig", meinte der Vermieter und hob beschwichtigend die Arme, während er langsam rückwärtslief.

„Was hast du mit ihr gemacht?", schrie Louise, die sich als einzige nicht bewegt hatte.

Doch Sebastian antwortete nicht, sondern starrte uns nur weiter wütend an. Der Vermieter trat langsam rückwärts über die Schwelle nach draußen, den Blick unverwandt auf das Messer gerichtet.

Allmählich hatte auch ich wieder Kontrolle über mich und dachte nach. Wenn wir zu zweit auf in losgingen, hatte Sebastian keine Chance, aber es war dennoch ein sehr hohes Risiko dabei.

Mit zitternden Knien trat ich wieder einen Schritt vor und stellte mich neben Louise. Sebastian schaute uns abschätzend an, rührte sich allerdings nicht und in seinem Gesicht waren deutliche Zweifel, sowie eine Spur Panik zu erkennen.

„Leg das Messer weg!", sagte Louise ruhig, aber bestimmt. Ich nickte zustimmend und überlegte fieberhaft, wie wir die Situation am besten lösen konnten.

„Verschwindet!", rief Sebastian, aber seine Stimme war hoch und brüchig.

„Nein, wir wollen zu Feli", erklärte Louise und trat vorsichtig einen Schritt auf Sebastian zu.

„Ihr könnt sie nicht haben!", jammerte Sebastian und spannte seine Muskeln an. Ich sah mich flüchtig um- die Türe stand noch offen, aber der Vermieter war verschwunden. Hoffentlich rief er die Polizei....

„Wir wollen sie nicht haben, wir wollen nur zu ihr." Louise trat einen weiteren kleinen Schritt auf ihn zu. Wenn sie einen Plan hatte, was ich sehr hoffte, war es keiner, der meine Beteiligung vorsah.

Ohne den Blick von Sebastian und seinem Messer abzuwenden, sah ich mich um. Im Augenwinkel sah ich die Garderobe, wo Felis Jacken hingen. Doch nicht nur das: In einem kleinen Schirmständer ragte ein großer schwarzer Schirm heraus. Er war groß genug, um Sebastian mit seinem Messer auf Distanz zu halten, aber unbemerkt kam ich da niemals ran.

Louise war so auf Sebastian fixiert, dass ich sie nicht darauf hinweisen konnte. Langsam und bedacht ruhig, machte ich einen kleinen Schritt nach rechts. Der Schirm war nun in Griffweite, aber Sebastian hatte es bemerkt. Zwar konnte er den Schirmständer nicht sehen, weil ein kleiner Wandvorsprung ihm die Sicht versperrte, aber er schaute mich genau an und schien zu erraten, dass ich etwas im Schilde führte.

Sebastian hob das Messer und hielt es vor sich hoch. „Bleibt weg von mir!", schrie er und führte eine kleine Bewegung durch. Louise wich ein Stück zurück.

Ich musste ihn irgendwie ablenken, ohne dass es Louise gefährdete! Obwohl der Schirmständer direkt neben mir war, traute ich mich nicht, den Schirm herauszuholen. Sebastian trat einen Schritt zur Seite und stand nun wieder näher an der Treppe. Louise, die jetzt direkt zwischen mir und Sebastian stand, zögerte und machte einen Schritt weg von ihm.

Sebastian konnte uns nun nicht mehr gleichzeitig anschauen und drehte unsicher den Kopf hin und her. Das war meine Chance!

Ich wartete kurz und hoffte, dass Louise ihn noch einmal ansprach und ablenkte. Ich spannte die Muskeln an und machte mich bereit - bereit anzugreifen.

„Verschwindet endlich", flehte Sebastian und ich hatte den Eindruck, dass er keineswegs vorhatte, das Messer zu benutzen, aber sicher war ich mir nicht.

Felicitas - Urlaub, Berge und die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt